Anfang Jänner atmeten Klimaaktivist*innen auf der ganzen Welt auf. Als klar war, dass Donald Trump sein Büro räumen würde, war klar, dass sich die amerikanische Klimapolitik maßgeblich verändern würde. Seit gestern ist Joe Biden nun offiziell der 46. Präsident der Vereinigten Staaten. Aber wie geht es weiter und wohin bewegen sich die USA klimapolitisch?

Die Politik Donald Trumps markierte eine scharfe Kehrtwende in der amerikanischen Politik. Am deutlichsten zeigt sich diese bei seinem Umgang mit dem Klimawandel.
Eindrucksvoll inszeniert verließen die USA unter seiner Führung das Pariser Klimaabkommen. Er brandmarkte das Pariser Klimaabkommen als unfair und stilisierte es zum Feind der amerikanischen Wirtschaft. Statt etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, unternahmen die USA unter seiner Präsidentschaft nicht nichts, sondern vollzogen massive Rückschritte.
Wo unter Obama klimafreundliche Energieträger gefördert wurden, dort wurden unter Trump Bestimmungen zum Umwelt- und Klimaschutz zurückgenommen. Am Ende seiner Präsidentschaft waren es knapp einhundert.
Gleichzeitig setzte Trump sich dafür ein, Standards für Emissionen und Luftverschmutzung herunterzusetzen. Die Rückschritte begründete er damit, dass sie der amerikanischen Wirtschaft helfen würden. Erstaunlich dabei ist, dass weite Teile der amerikanischen Wirtschaft sich diesen Maßnahmen gegenüber ablehnend verhielten. So wurden beispielsweise Trumps Lockerungen der Abgasregulierungen durch ein brancheninternes Übereinkommen ergänzt. Und auch andere Wirtschaftszweige verpflichteten sich eigenständig sich an ökologische Ziele zu halten.

Die Wunden heilen lassen

Unter Trump ist aus dem eigentlich wissenschaftlichen Thema des Klimawandels ein politisches geworden. Statt die Lage der Dinge in Zahlen und Graphen zu beschreiben, fasste man den Klimawandel als Lüge auf. Eine der vielen Risse, die sich durch die amerikanische Gesellschaft ziehen, ist die Auffassung über dieses Thema. Dabei schwindet die Brisanz des Klimawandels. Gleichzeitig ist es schwer in einem so starken Zerwürfnis auf einen politischen Konsens zu kommen.
Biden wird die Aufgabe zukommen, das Zerwürfnis der amerikanischen Gesellschaft zu heilen und die Wogen, die sich aufgetan haben, zu glätten. Erst dann kann man mit dem langen Hebel der Mehrheitsbevölkerung tragfähige Ergebnisse im Wettlauf gegen die Erderhitzung finden.

Nur wenn man den Klimawandel als solchen begreift, kann man ihm wirksam Einhalt gebieten. Das Hindernis, das Biden im Weg steht, ist die Verknüpfung des Themas mit der Vorstellung, dass es sich beim Klimawandel um einen Vorwand handele, um die amerikanische Wirtschaft zu schwächen. Solange diese Vorstellung weit verbreitet ist, solange werden die USA Schwierigkeiten haben effizienten Klimaschutz zu betreiben.

Zurück nach Paris

Durch den erneuten Beitritt zum Pariser Klimaabkommen bieten sich auf internationaler Ebene wieder mehr Möglichkeiten für überstaatliches Handeln. Diese Ankündigungen sind nicht nur bedeutsam, weil die stärkste Volkswirtschaft der Welt sich wieder dem Pfad der wissenschaftlichen Erkenntnis zuwendet. Außerdem sinkt so das Risiko, dass auch andere Länder den Weg des Ausstieges wählen, wie etwa Brasiliens Präsident Bolsonaro unlängst anklingen ließ. Wie genau sich der Rücktritt vom Rücktritt auf die internationale Klimapolitik auswirken wird, werden wir aber wohl erst bei der nächsten Weltklimakonferenz, die im November in Glasgow stattfinden soll, wissen. Dort müssen alle Vertragspartner ihre Co2-Einsparungen für die nächsten 5 Jahre bekanntgeben.

Die Scherben zusammenfügen

So traurig es auch klingen mag, der erste große Schritt in der amerikanischen Klimapolitik ist, dass Joe Biden den Klimawandel anerkennt und nicht wie sein Vorgänger leugnet. Seine Zusagen sind da. Er hat konkrete Pläne fossile Energieträger durch erneuerbare Energien zu ersetzen und im Bereich der erneuerbaren Energien viele Arbeitsplätze zu schaffen. Auch strebt er an, bis zur Mitte dieses Jahrhunderts aus den USA eine klimaneutrale Nation zu machen. In das Pariser Klimaabkommen trat er nun an seinem ersten Amtstag wieder ein und setzte prompt ein Wahlversprechen um. Das sind gute Nachrichten für die Welt der Klimaforschung, in der der Pessimismus allgegenwärtig erscheint.

Freilich, Bidens Ambitionen fallen gemessen an denen in Europa noch eher spärlich aus. Aktivistengruppen wie das Sunrise Movement, das in den USA in etwa den Stellenwert von Fridays For Future in Österreich hat und sozial engagierte Demokraten, wie Alexandria Ocasio-Cortez, werden sicher ein entschlosseneres Auftreten fordern.

Zivilgesellschaftliches Engagement hat in den letzten Jahren überall auf der Welt die Grenzen des Möglichen für Klimapolitik verschoben. Eine ähnliche Entwicklung ist unter Biden in den USA mehr als wahrscheinlich.

Das Problem dabei ist, dass nicht nur Klimaaktivist*innen für ihre Interessen eintreten werden. Auch die amerikanische Öl- und Gasindustrie macht sich bereit, für ihre Interessen zu lobbyieren. Dabei sind sie auch schon erfolgreich gewesen. Das Ergebnis ist, dass in den USA Fracking wohl so bald nicht verboten wird und einige sehr zwielichtige Berater bei Umwelt- und Klimafragen eingebunden werden. Viele enge Berater Bidens, wie beispielsweise Ernest Moniz, plädiert dafür, Erdgas noch lange in die amerikanische Wirtschaft einzubinden. Da verwundert es natürlich kaum, dass er auch für viele Unternehmen in dem Segment arbeitet.

Ein realistischer Ausblick

Viele Bereiche der US-Wirtschaft sind auf einer Linie mit Bidens Forderungen, auch wenn diese noch niedrig gewählt sind. Nach wie vor gibt es aber auch genügend Wirtschaftsakteure, die sich einer solchen Entwicklung in den Weg stellen. Dementsprechend fließen auch genügend Gelder aus Lobbyvereinigungen an republikanische Parteifunktionäre, um politische Prozesse auszubremsen. Die großen amerikanischen Ölfirmen scheinen jedenfalls noch nicht in Sorge um ihre Einnahmen zu sein, auch weil sie ihre Fürsprecher in den Reihen Bidens haben.

Es ist sicher nicht so, dass der neue Präsident sich mit dem Thema des Klimawandels unbeliebt machen wird. Vor allem für junge Amerikaner*innen ist das Thema sehr wichtig. Vielen Amerikaner*innen wird angesichts der verheerenden Orkane und Überflutungen bewusst, dass auch sie der Klimawandel betrifft. Dass sie keine Ausnahme sind.
Pragmatisch wäre es, wenn Biden die Corona-Hilfen, die es jetzt braucht, eng mit Anreizen für mehr Klimaschutz verbinden würde.

Die Ziele, die Biden für die USA gesetzt hat, werden mit Sicherheit zu einem Wettlauf um Innovation führen. Es wird geforscht werden und saubere Technologien werden verstärkt eingesetzt werden. Das betrifft dann nicht nur die USA, sondern auch viele andere Länder. So ist davon auszugehen, dass aufgrund des amerikanischen Vorgehens viele andere Länder einen ähnlichen Weg einschlagen werden. Alleine schon um weiterhin ein attraktiver Handelspartner zu bleiben, oder es in manchen Fällen gar zu werden.

Ich bin sicher kein Optimist was diese Entwicklungen anbelangt. Was mich beunruhigt ist, dass das Kabinett Bidens so eng mit fossilen Energiewirtschaft verbunden ist und sich da viele personelle Überschneidungen auftun. Aber, es ist Bewegung in einen Prozess gekommen, der die letzten Jahre stillstand. Und das ist, egal wie man es dreht und wendet, ein gutes Signal, ein guter Auftakt. Wie es weitergeht, wird sich zeigen. Dass es besser wird und grüne Technologien einen noch nie dagewesenen Aufschwung erleben werden, davon aber bin ich überzeugt.