Ohne öffentlichen Druck passiert in der Klimadebatte wenig. Manchmal auch gar nichts. Was bedeutet es, dass die Weltklimakonferenz um ein Jahr verschoben wurde? Und wie verändert es den Aktivismus, dass plötzlich andere Themen die gesellschaftliche Debatte dominieren?

Zeitsprung

Es ist Dezember 2019. Die Weltklimakonferenz in Madrid tagt – wohlgemerkt die längste und ergebnisloseste in der Geschichte der Weltklimakonferenz. Entsprechend fielen auch die Reaktionen aus. Die Differenz zwischen den verlautbarten Zielen des Treffens und dem Ergebnis waren vor allem für die Wissenschaft, aber auch für viele junge Menschen ein herber Rückschlag.

Back to the present

Dass die diesjährige Weltklimakonferenz um ein Jahr verschoben wurde, mag nun sehr bitter wirken. Denn wenngleich hier eine wichtige und große Chance auf politische Verhandlungen verloren gegangen ist, so wurde gleichzeitig die Möglichkeit geschaffen, auf anderem Boden den Weg für wirksame klimapolitische Maßnahmen zu bereiten. In den letzten Jahren war nichts klarer als der direkte Zusammenhang zwischen öffentlicher Aufmerksamkeit und politischen Zugeständnissen.
Die Welt erlebt gerade eine globale Gesundheitskrise, deren Ausmaß und Folgen noch nicht abzusehen sind. Hier liegt gerade der öffentliche Fokus. Hier stehen Menschen Schulter an Schulter, um andere und sich selbst vor den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der derzeitigen Situation zu schützen. Genau das ist jetzt wichtig und richtig.

What about activism?

Was auf der anderen Seite, auf der, die schon vor der Coronakrise auf die dramatischen Folgen der Klimakrise hingewiesen hat, gefordert wird, ist, dass die Antworten, die heute seitens der Regierungen auf die Ausbreitung des Coronavirus gefunden werden, klimafreundlich gemacht werden.
Hier ist es vor allem wichtig staatliche Hilfen an Klimaschutzkonzepte – derer es ja nicht mangelt – zu koppeln. Ein großer Hebel, den man hierbei ansetzen könnte, sind die Stellschrauben, die an der Energie ansetzen. Also energetische Sanierung und vor allem das forcieren der Nutzung von erneuerbaren Energien.

Zu staatlichen Ausgestaltung der Hilfsgeldverteilung gibt es seitens einer Vielzahl an NGOs und Wissenschaftler in Österreich auch schon einen Entwurf. Den Klima-Corona-Deal. Er ist ein Entwurf für einen klimagerechten Gesellschaftsvertrag und gleichsam ein Forderungspaket für die Vergabe der staatlichen Rettungsgelder. Gelder, die gleichzeitig auch einen Umbau statt einen reinen Wiederaufbau begünstigen. Denn was macht man – übertragen – wenn ein Haus nach einem Erdbeben einstürzt? Baut man es genauso wackelig und instabil wieder auf, oder versucht man es so zu bauen, dass es stabiler ist? Wahrscheinlich tut man Zweiteres. Und genau das muss auch in Zeiten der Klimakrise passieren.
Denn die Folgen, oder das obige “Erdbeben”, also die Folgen der klimatischen Veränderungen, die merken wir schon heute als handfeste Probleme – die morgen noch lauter anklopfen. Ob es die Hitze, die damit verbundene Dürre oder die kürzlichen Extremwetter in Asien sind. Die Gefahr ist da, jetzt gilt es schnellstmöglich eine Kehrtwende zu vollziehen.

Worin das münden muss

Hier kommen wir wieder zum Anfang. Zur Weltklimakonferenz. Denn, wenn es heute gelingt, die Coronakrise klimafreundlich zu bestreiten, dann ist es auch ein Einfaches, den nächsten Schritt zu setzen. Dann nämlich ist es kein leichtes, aber doch ein schaffbares Unterfangen, die tiefgestapelten nationalen und europäischen Klimaziele heraufzusetzen. Darum muss es am Ende gehen, sich innerhalb von Europa auf ein striktes Ziel für 2030 zu einigen. Denn die Maßnahmen, die gesetzt und beschlossen werden, dürfen nicht an politischen Befindlichkeiten, sondern an der wissenschaftlichen Notwendigkeit bemessen werden.

In diesem Sinne sollte der Aufschub der Klimakonferenz kein Aufschub des Handelns, des Veränderns sein, sondern ein Jahr, in dem an umsetzbaren Lösungen gearbeitet wird. Ein Jahr, in dem der Druck auf die politische Debatte erhöht und die Aufmerksamkeit auf die Klimapolitik gelenkt wird.
Der Anfang jeglicher Veränderung ist in erster Instanz der Gedanke, in der zweiten das Gespräch und der Austausch mit anderen und in dritter dann die eigentliche Handlung.
Für diese Handlung ist niemand zu klein, niemand zu jung oder zu alt. Sie kann und sollte bei jedem ihren Anfang finden und dann in einem Jahr in einer erfolgreichen Weltklimakonferenz in Glasgow münden.