Laut Global 2000 ist Österreich im europäischen Vergleich ein besonders vielfältiges Land mit etwa 4.070 nachgewiesenen Schmetterlingsarten, davon 208 Tagfalterarten. Die Diversität übertrifft selbst jene großer Länder wie Deutschland, schwankt jedoch regional sehr stark. Seit den 90er Jahren hat sich der Bestand ungefähr halbiert.

Ein erster Schritt, um Schmetterlinge zu schützen, ist es, ihre Vielfalt und ihren Lebensraum zu verstehen. Ulla Unzeitig hat den Schmetterlingsexperten Andreas Pospisil dazu befragt.

Andreas, woher kommt deine Faszination für Schmetterlinge?

Ich bin schon seit meiner Jugend in der Natur unterwegs und hatte meistens meine Kamera dabei. Meine Faszination für Tagfalter begann eigentlich mit der digitalen Fotografie 2003. Auf einmal konnte man diese Fülle an Farben und Formen am Bild ganz genau betrachten. Ich bin da hineingestolpert und wollte dann immer mehr und mehr wissen. Ich war immer ein sehr geduldiger Beobachter, man muss nur in seine Umgebung gehen und genau und interessiert schauen. Dann wird man viel mehr erleben und entdecken. Wenn man die Details so genau beobachtet wie ich, dann erschließen sich auf einmal viele Zusammenhänge. Mittlerweile bin ich sehr gut vernetzt, kenne viele Professoren und Initiativen, bei vielen bin ich auch beteiligt, aber ich lerne immer noch jeden Tag dazu. Das Thema hat eine unglaubliche Vielfalt, wenn man beginnt sich damit zu beschäftigen.

Was genau interessiert dich an Tagfaltern?

Das sind ganz viele unterschiedliche Dinge. Zum einen ist es diese Vielfalt der Entwicklungsstadien, die mich besonders interessiert. Jede Art hat eine eigene Strategie entwickelt, in ihrer Nische zu überleben. Einige Arten überwintern als Ei, andere wieder als Puppe oder Raupe oder als Falter. Einige Arten legen zum Beispiel das Ei im Herbst neben einer Knospe ab. Wenn die Raupe im Frühling schlüpft, kann sie sich direkt in die Knospe hineinbohren. Einige Arten entwickeln in einem Jahr mehrere Generationen, das bedeutet das sich der ganze Lebenszyklus in der warmen Jahreszeit öfter wiederholt. Das Tagpfauenauge überwintert als Falter und die letzte Generation des Jahres weiß, dass sie sich erst nach dem Winter paaren darf, weil sich die Raupen erst ab dem Frühling wieder entwickeln können. Die unterschiedlichen Details jedes Lebenszyklus einer Art sind wirklich fast unerschöpflich. Außerdem lernt man durch das ständige Beobachten die Lebensräume natürlich sehr gut kennen. Auch die größeren Zusammenhänge, wie die Flächenverluste oder Klimaerwärmung spielen da hinein.

Bekommst du das Artensterben hautnah mit?

Ja und nein. Ich bin meistens nur auf Flächen unterwegs, die noch einigermaßen intakt sind, wo der Kreislauf der Natur noch funktioniert. Es gibt noch Flächen, die sehr gut funktionieren. Aber diese letzten Reserven sind stark bedroht. Ich beobachte immer wieder, dass wertvolle Flächen, die viele Jahre aus verschiedensten Gründen gar nicht oder nicht intensiv genutzt wurden, jetzt einer neuen Nutzung gestellt werden. Ob es nun eine Verbauung ist oder eine intensive Beweidung durch Rinder. Typische Lebensräume von Tagfaltern sind Wiesen mit nektarreichen Blüten, warme, nährstoffarme Südhänge, artenreiche Waldrandlagen, Flächen neben natürlichen Gewässern. Wenn man zu viel Dünger einbringt, ist es vorbei. Oft werden nun – vielleicht aus Haftungsgründen – die Gehölze am Rand von Gewässern wegen dem Hochwasserschutz gerodet. Ein Gebiet, auf dem ich seit zehn Jahren unterwegs war und viele Tagfalter beobachten konnte, wurde nun aufgeforstet. Eine wunderschöne Wiese war das und diese Fläche ist nun praktisch vernichtet, das hat mich persönlich schon geschmerzt.

Viele GärtnerInnen wollen ihren Garten schmetterlingsfreundlich gestalten. Hast du Erfahrungen mit den Saatgutmischungen für Schmetterlingswiesen?

Es gibt sicher gute Mischungen, allerdings ist es für den Laien schwer erkennbar, ob diese Mischung in seinem Garten gut funktioniert. Ich würde einen anderen Weg empfehlen: Wenn man Leben in seinem Garten haben will, braucht man sowieso einen Naturgarten. Die Pflanzen, die in der Umgebung vorkommen, sind bereits bestens an die kleinklimatischen Verhältnisse angepasst. Das sind die wesentlichen Pflanzen, an die auch die Insektenwelt angepasst ist. Beim Pflanzen von Sträuchern sollte man nur einheimische Arten verwenden. Für eine abwechslungsreiche Wiesenfläche kann man einfach im Sommer in der Umgebung Samen sammeln und im Garten ausstreuen. So erzielt man sehr gute Erfolge über die Jahre. Und der Garten ist dann so gut klimatisch angepasst, dass man meistens auch nichts gießen muss. Auch düngen ist unnötig, höchstens im Herbst an ausgewählten Stellen Kompost, der sickert dann durch die Feuchtigkeit über den Winter ein. Die Herausforderung ist eher, dass ich Pflanzen, die sich zu sehr ausbreiten möchten, wieder eindämme. Also auch in Naturgärten muss man eingreifen. Ich bin also mehr mit herausreißen als mit pflanzen beschäftigt. In unserer Gegend, im Wienerwald, würde mein Garten sonst automatisch zu Wald werden.

Wie gibst du dein Wissen weiter?

Ich biete für Vereine, Gemeinden und Schulen im geringen Umfang Exkursionen in meiner Umgebung an. Allerdings muss man hier sehr flexibel sein, denn die Tagfalter fliegen nur bei schönem Wetter. Im Winter habe ich dann Zeit für Vorträge, einen großen Vortrag hatte ich vor kurzer Zeit im Naturhistorischen Museum, aber auch für den NSB oder andere Vereine mache ich oft Vorträge. Nach den Vorträgen unterhalte ich mich meistens noch mit den Leuten und beantworte Fragen, auch zur Gartengestaltung, aber da gibt es genug andere Experten. Ich möchte mich auf meine Arbeit mit den Schmetterlingen konzentrieren. Bei schönem Wetter bin ich meist selbst unterwegs. Da es mir aber wichtig ist, mein Wissen weiterzugeben, habe ich nun ein Buch herausgebracht. Es ist ein Bestimmungsbuch für Tagfalter, das – so hoffe ich – für den Laien gut verständlich ist. Ich bin der Meinung, dass man vor allem seine nähere Umgebung gut kennenlernen muss, denn was man kennt und liebt, das schützt man dann auch.

Andreas Pospisil ist seit seiner Jugend in der Natur unterwegs. Als ausgezeichneter Freilandbeobachter und Fotograf konnte er in den letzten Jahren viele, nur selten oder noch nie festgehaltene Details aus den Lebenszyklen von Tagfalterarten dokumentieren. Seine Fotos fanden bei einer Reihe von Naturschutzprojekten in Österreich Verwendung und wurden in vielen Büchern im In- und Ausland publiziert.

Das Buch „Die Tagfalter in Österreich bestimmen“ kann über seine Website bezogen werden.