Vor einigen Jahren war ich im Zuge einer Recherche in einem energieeffizient ausgebauten Dachgeschoß in einem Büro in der Wiener Innenstadt. Ich wurde von der Nachhaltigkeitsbeauftragten durch die Räume geführt. Dabei kamen wir zufällig bei einem jungen Mann vorbei, der in einer Ecke im Gang stand und Ordner putzte. Im Vorbeigehen erklärte sie mir, dass alte Ordner nicht mehr entsorgt werden, sondern geputzt und wiederverwendet.

Diese Maßnahme würde keinen ökologischen Eintrag benötigen und außerdem schaffe sie Arbeit. Noch lange habe ich an diesen jungen Mann gedacht, der dort in der Ecke gestanden hatte. Es war fast wie eine Offenbarung: Statt Ressourcen zu verbrauchen, schafft man Arbeit!

Dieses Prinzip findet man auch oft bei sozialökonomischen Betrieben, wobei dort die Arbeitplatzbeschaffung und weniger der ökologische Effekt im Vordergrund steht. Trotzdem: Projekte wie die Second-Hand-Shops der Volkshilfe Wien oder eine sozioökonomische Tischlerei in Favoriten, die aus Altholz neue Möbel fertigt, arbeiten mit einer sehr hohen ökologischen Effizienz.

Eine Gruppe innovativer Menschen hingegen hat das Prinzip der Wiederverwendung aus ökologischen Gesichtspunkten professionalisiert: Die Materialnomaden sind ein Kollektiv aus Architektur, Stadtplanung, Baudurchführung und Restaurierung, Kunst und Design, sowie Tragwerksplanung und angeleitetem Selbstbau. Sie unterstützen fachgerecht Bauprojekte, in denen Bauteile wiederverwendet werden.

Das neueste Projekt, in dem unter anderem eine mobile Trennwand aus den 80er-Jahren und ehemalige Akustik-Deckenpaneele eingesetzt wurden, ist das Projekt „Magdas Küche“ – eine Großküche der Caritas, die viele Caritas-Standorte in Wien beliefert. Das neu eingesetzte Material wurde an verschiedenen Materialquellen „geerntet“, zum Beispiel aus dem Glaspalast im ersten Bezirk, der vor kurzem abgerissen wurde.

Vollholzhandläufe, Kastenelemente, Türblätter und -zargen, Hängeleuchten, Natursteinplatten – es eignen sich viel mehr Materialien zur Wiederverwendung als man glaubt.

Wer nun selber überlegt, was er/sie zum immerwährenden Material-Kreislauf beisteuern kann: Das nächste Mal, bevor man etwas zur Entsorgung trägt, ein bisschen Innehalten und nachdenken, ob das doch noch brauchbar ist. Wir bringen defekte, technische Geräte z.B. immer zum R.U.S.Z. (Reparatur- und Service Zentrum) in Wien.

Der Weg dorthin ist ungefähr der gleiche wie zur Entsorgung der MA48, doch beim R.U.S.Z. werden die Geräte repariert und mit Garantie weiterverkauft. Das Prinzip ist ganz einfach: Eine Verdoppelung der Nutzungsdauer halbiert Rohstoffeinsatz, Abfallmenge sowie Herstellungs- und Transportenergie!

Die Re-Use-Menge zu erhöhen, bringt ökologische, wirtschaftliche und soziale Vorteile für uns alle. Bleibt nur zu hoffen, dass diese Branche weiter an Bedeutung gewinnt – vielleicht sind die Regierungen auch irgendwann so schlau hier steuerliche Anreize zu schaffen.