Die Corona-Krise hält die Welt in Atem. Die Klimakrise gerät dafür in den Hintergrund und scheint für viele derzeit weniger wichtig zu sein. Wie wir umweltschädigendes Verhalten vermeiden, schlechte Gewohnheiten wieder loswerden und was die Heizschwammerl-Debatte damit zu tun hat.

Krise heißt Veränderung. Die Frage ist nur, in welche Richtung? Die Covid-19-Pandemie stellt für uns alle eine große Herausforderung dar und beeinflusst unseren Konsum. Während dem Lockdown kochen wir viel selbst, vermeiden unnötige Wege und entdecken unseren grünen Daumen – gleichzeitig greifen wir aus hygienischen Gründen öfter zur Einwegverpackung beim Take-away oder nehmen lieber das Auto als die Öffis. Bei Vielen gerät der nachhaltige Lifestyle ins Wanken, andere beschäftigen sich durch die Krise erst recht mit dem Thema Nachhaltigkeit.

Im privaten Bereich ist durch die Corona-Krise ein deutlicher Trend in Richtung Nachhaltigkeit zu beobachten.

Das österreichische Gallup Institut hat im September 2020 eine Studie veröffentlicht, wonach 23 Prozent der Konsument*innen beim Kauf von Produkten besonders auf Umweltaspekte achten. Regionalität, Natur und Klimaschutz entwickelten sich 2020 durch die Corona-Krise zu den Themen der Zukunft und das Bewusstsein für Nachhaltigkeit wurde noch weiter verstärkt.

Allgemein denken Verbraucher*innen mehr über die Qualität der Produkte nach und reihen Nachhaltigkeit weiter vorne im Kaufprozess. Auch die Erwartungen an ethisches Verhalten von Unternehmen und Organisationen ist gestiegen. Konsument*innen hinterfragen nun, woher das Produkt kommt, unter welchen Bedingungen es hergestellt wurde und ob der/die Produzent*in fair entlohnt wird.

Grundsätzlich geben die Menschen weniger Geld aus, bestellen jedoch mehr online. Dabei ist der Kauf im Online-Handel per se nicht schlecht: Er bringt sogar Vorteile, etwa durch den Wegfall beheizter Geschäfte oder individueller Autofahrten. Natürlich verursachen diese Autofahrten wieder mehr Emissionen und es kommt zur erhöhten Lieferwegen. Die Innenstädte sind zudem wichtige Begegnungszonen und sollten dies auch bleiben.

Auch das Mobilitätsverhalten hat sich laut dem Verkehrsclub Österreich (VCÖ) durch Corona verändert. Durch die Angst vor Ansteckung, dem Zuwachs an Homeoffice oder der verringerten privaten Wege sind weniger Gäste in den Öffis unterwegs. Die Menschen steigen dafür auf das Auto oder Fahrrad um. Besonders der Anstieg der Radfahrer in Wien ist bedeutend: Im Mai wurden 45 % mehr Radfahrer als im Vorjahr verzeichnet.

Während die Corona-Krise im privaten Bereich zu mehr Nachhaltigkeit zu führen scheint, ist in der Wirtschaft noch viel Luft nach oben.

Ein Negativbeispiel dafür ist die Debatte über die Wiener Schanigärten. Damit auch im Winter bei wohliger Wärme im Schanigarten Kaffee oder Glühwein geschlürft werden kann, reichen offensichtlich keine Decken mehr aus – es sind Heizschwammerl notwendig. Während Befürworter*innen die Vorteile durch die verringerte Ansteckungsgefahr im Außenbereich hervorheben, sehen Umweltorganisationen eine „Befeuerung“ der Klimakrise. Greenpeace zieht den Vergleich mit einem Einfamilienhaus: Fünf in den Wintermonaten aktive Heizstrahler würden so viel Strom verbrauchen wie ein Haus im ganzen Jahr. Auch das Umweltbundesamt steht der Debatte kritisch gegenüber: „Egal, welche Technologie für die Wärmeproduktion eingesetzt wird, ob Heizstrahler oder Infrarot – es ist unmöglich, dauerhaft den freien Gastroraum auf angenehme Raumtemperatur zu bringen. Aus ökologischer Sicht wird Energie bei Heizstrahlern nicht nachhaltig eingesetzt“, so Sabine Enzinger. Abgesehen von der Nutzung dieser Energiefresser in der Gastronomie, werden die Heizstrahler auch vermehrt im privaten Bereich genutzt – schon des Öfteren sind mir Stehwärmer auf Balkonen aufgefallen. Sei es für die private Glühweinparty oder das Feierabend-Achterl im Warmen. Hier siegt Bequemlichkeit über den Umweltgedanken.

Wie so oft treffen auch in dieser Debatte ökonomische und ökologische Aspekte aufeinander. Warum nutzen wir die Corona-Krise nicht, um Nachhaltigkeit als das Fundament der Wirtschaft zu machen?

Dies hätte sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf ökologischer Ebene positive Auswirkungen. Jeder Einzelne ist hier in der Verantwortung, das eigene Verhalten noch stärker zu hinterfragen und entweder zurück zum umweltbewussten Verhalten zu kommen oder dieses erst gar nicht einreißen zu lassen. Aber wie kann man neu gewonnene, schlechte Gewohnheiten wieder loswerden?

  • Reflexion: Die Menschen haben während der Krise grundsätzlich mehr Zeit für die Reflexion der eigenen Bedürfnisse und Gewohnheiten: Benötige ich dies und das? Gibt es Alternativen zu den bisherigen Favoriten? Kann ich etwas gebraucht statt neu kaufen? Es ist extrem wichtig, das eigene Verhalten regelmäßig zu reflektieren und zu hinterfragen.
  • Gewohnheiten brechen: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier – ob er will oder nicht. Schlechte Gewohnheiten können jedoch auch durchbrochen werden, in dem sie durch neue ersetzt werden. James Clear beschäftigt sich in Atomic Habits mit diesem Thema und gibt Tipps zur Implementierung guter Gewohnheiten.
  • Konsumtagebuch: Bereits die Oma hat ihre Ausgaben akribisch in einem Haushaltsbuch festgehalten. Dieses Ritual erlebt in diesen Zeiten ein Revival – nur heißt es jetzt nicht mehr Haushaltsbuch, sondern Konsumtagebuch. Wer keinen Überblick über seine Gewohnheiten und seinen Konsum hat, dem sei ein Konsumtagebuch empfohlen. Influencerin Jana Kaspar (@janaklar) gibt in ihrem Konsumtagebuch so einige Tipps für ein besseres Leben durch bewussten Konsum. Außerdem hat der/die Leser*in die Möglichkeit, das eigene Verhalten zu dokumentieren.
  • Sharing is Caring: Den Akkubohrer, der nur einmal im Jahr verwendet wird, kann man sich getrost beim Nachbarn ausleihen und zu neuen Pflanzen kommt man nicht nur im Garten-Center. Auch mit der älteren Dame von nebenan kann man eventuell Setzlinge tauschen. Kann niemand im Freundes- und Bekanntenkreis weiterhelfen, stöbert man am besten auf Second-Hand Plattformen wie willhaben.

Wer sich also über seine Gewohnheiten – ob gut oder schlecht – bewusst ist und diese regelmäßig reflektiert, schafft es auch ohne schlechte Gewohnheiten aus der Corona-Krise und tut dabei auch noch etwas für den Umweltschutz. Kleine Maßnahmen, die jeder sofort umsetzen kann, sind dabei besonders wirksam gegen die Klimakrise: Regionales und saisonales Einkaufen, mit dem Fahrrad oder den Öffis fahren, Reduktion des Energieverbrauchs und auf Nachhaltigkeit und Fairness bei allen Produkten achten. Und vielleicht die Heizschwammerl diesen Winter meiden und durch eine dicke, fair und nachhaltig produzierte Winterjacke ersetzen.