Der Atomstromanteil in Österreich steigt, die Stromimporte steigen und der Anteil der Erneuerbaren im Strommix nimmt ab. Was klingt wie aus einem entfernten Jahrzehnt, war 2022 in Österreich tatsächlich Realität. Doch warum ist das so, und wie können wir den Trend aufhalten?

Kürzlich veröffentlichte die österreichische Regulierungsbehörde E-Control den jährlichen Stromkennzeichnungsbericht. Der Strom, der in Österreich verbraucht wird, stammt nach wie vor zu einem hohen Anteil aus Atomkraftwerken. Je nach Berechnungsart liegt dieser Atomstromanteil an der Stromversorgung zwischen 3 und 11 %!

Nicht nur der Atomstromanteil am Stromverbrauch ist in den letzten Jahren auf demselben Niveau geblieben bzw. gestiegen, sondern auch der Anteil des erneuerbaren Stroms hat sukzessive abgenommen. Waren 2020 noch 85 % der Nachweise aus erneuerbaren Energien, lag der Anteil 2022 mit 83 % um 2 % niedriger.

Der Anteil an ausländischen Herkunftsnachweisen, mit denen Graustrom gerne „grüngewaschen“ wird, ist in den letzten drei Jahren um ein Viertel auf 37 % gestiegen und damit regelrecht explodiert. Hatten sich bisher alle Stromhändler freiwillig dazu verpflichtet, keinen ausgewiesenen Atomstrom einzukaufen, gab es 2022 einen Stromhändler in Österreich, der sogar 73 % seines Stromes als Atomstrom ausgewiesen hat!

Strommix für Business-Kund:innen bei ausgewählten österreichischen Energieversorgern

oekostrom AG: Eine Infografik zeigt den Energiemix und die Energiequellen ausgewählter österreichischer Energieversorger und stellt die Prozentsätze der verschiedenen Energiearten und -herkünfte mithilfe von Karten, Diagrammen und Symbolen zur Visualisierung dar.

Und was sagen die Menschen in Österreich?

Nach wie vor spricht sich ein Großteil der Österreicher:innen gegen den Einsatz von Atomstrom aus. 64 % sind laut einer aktuellen Studie von EY Österreich gegen den Einsatz von Atomstrom – davon würden 40 % sogar auf keinen Fall Atomstrom einsetzen wollen. Auch ein Preisvorteil ändert nichts an der Einstellung der Österreicher:innen. Auf die Frage, ob Atomstrom bezogen werden würde, wenn es dafür einen günstigeren Stromtarif gäbe, antworteten 31 % mit einem klaren Nein, ein weiteres Viertel würde das eher nicht tun.

Interessant ist die Umfrage besonders in Hinblick auf den Generationenunterschied: Etwa jede:r Vierte unter 30-Jährige könnte sich den Einsatz von Atomstrom in Österreich vorstellen, bei den über 60-Jährigen ist es nur jede:r Zehnte.

Was spricht gegen die Atomkraft?

Nach aktuellen Daten der Internationalen Energieagentur kostet Strom aus Atomkraft mehr als doppelt so viel wie Strom aus modernen Erneuerbaren wie Wind und Sonne, selbst wenn man die Kapazitäts- und Flexibilitätskosten der variablen Einspeisung der Erneuerbaren mit einberechnet. Klimaschutz muss möglichst kosteneffizient weltweit CO2-Emissionen reduzieren – schon der hohe Preis pro Kilowattstunde disqualifiziert Atomkraft als Maßnahme.

Daten des Weltberichts der Atomindustrie (World Nuclear Industry Status Report) zeigen, dass der Neubau von Atomkraftwerken so komplex ist, dass neue Projekte in der relevanten Zeit bis 2040 nicht fertig werden können, wohingegen Solarkraftwerke und Windräder wesentlich schneller ans Netz gehen können.

Bei den weltweit bestehenden knapp 400 Reaktoren sorgt ihre Alterung für zunehmend mangelhafte Versorgungssicherheit, und zwar durch viele außerplanmäßige Ausfälle: In Frankreich stand im Jahr 2022 die Hälfte der Reaktorflotte für notwendige Reparaturarbeiten an Notkühl-Einspeisstutzen still. Das stark von Atomkraft abhängige Land musste notgedrungen große Strommengen aus dem Ausland beziehen.

Wie sich immer wieder zeigt, ist Atomkraft eine gescheiterte Technologie des vergangenen Jahrhunderts, die ohne massive Subventionen durch die Steuerzahler:innen noch nie gebaut wurde und marktwirtschaftlich nicht wettbewerbsfähig ist. Ganz zu schweigen von den ungelösten Sicherheitsproblemen und der ungelösten Frage, wo der Atommüll auf ewig gelagert werden soll.

Die Stromimporte haben 2022 um 15 % zugenommen, damit flossen unglaubliche 3,2 Mrd. Euro von Österreich an ausländische Kohle-, Atom- und Gaskraftwerke!

Die Alternative? Wir müssen 100 % Erneuerbare zur Realität machen!

Die oekostrom AG ist 1999 aus der Anti-Atom- und Umweltschutzbewegung heraus gegründet worden. Wir haben vor mehr als 20 Jahren den Weg für eine klimaneutrale Energiezukunft geebnet und Umwelt- und Klimaschutz aktiv vorangetrieben. Wir sind nicht nur außen grün, sondern setzen uns schon von Beginn an für 100 % erneuerbare Energie in und für Österreich ein – ganz ohne Atomstrom!

Saubere Energie wird immer stärker nachgefragt. Laut EAG sollen bis zum Jahr 2030 100 % der Stromerzeugung in Österreich aus sauberen Energiequellen kommen – wir sind überzeugt, dass wir es mit einem kraftvollen Windkraftausbau bilanziell schon 2030 schaffen können, bei der Stromproduktion unabhängig von Fossilen zu werden. Die Wirtschaft steht bereit. Tausende Arbeitsplätze sind auf Jahre gesichert, junge Menschen finden zukunftsfähige Berufsfelder. Die Politik, auf Bundesebenen, aber gerade auch in den Bundesländern und Gemeinden, hat den gesellschaftlichen Auftrag, uns vor der Klimakatastrophe und vor Energiekriegen zu schützen.

Die gesamte Energiebranche steht bereit, jetzt in den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie zu investieren, Wertschöpfung im Land zu behalten und so unsere Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit zu gewährleisten.

Je mehr saubere Energie am Markt ist, desto eher werden die Fossilen aus dem Markt gedrängt. Das Prinzip des europäischen Stromgroßhandels erklären wir in unserem Beitrag zur Merit-Order-Kurve.

Die Merit-Order-Kurve

oekostrom AG: Ein Diagramm zur Veranschaulichung der Merit-Order-Kurve, das den Preismechanismus auf dem europäischen Energiegroßhandelsmarkt unter Einbeziehung verschiedener Quellen wie Sonne, Wind, Wasser, Kohle, Kernenergie und Erdgas zeigt.

Wie können wir ganz Österreich mit sauberer Energie versorgen?

Ganz einfach: Die oekostrom AG fordert 2 % Flächenwidmung in Österreich für Windkraftanlagen und die Begrenzung von Genehmigungsverfahren auf maximal 2 Jahre! So können wir uns bereits 2030 zu 100 % mit sauberem, regionalem Strom versorgen. Und dies unter Annahme eines – trotz aller wichtigen Energieeffizienzmaßnahmen – steigenden Verbrauchs durch mehr E-Mobilität, der notwendigen Elektrifizierung der Wärmeversorgung und von Prozessen in Industrie und Gewerbe. Damit wollen wir mehr als das aktuelle Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) von 2021. Mit einem entschlossenen, beschleunigten Ausbau werden wir schnell unabhängig von ökologisch und politisch problematischen fossilen Energieimporten. So stellen wir uns aktiv gegen feindselige Fossil-Autokratien und handeln kraftvoll gegen die Klimakatastrophe.