In einer Welt, die zunehmend unter der Last von Elektroschrott und einer ungebremsten Konsumkultur ächzt, hat refurbed unter der Führung seines Mitbegründers Peter Windischhofer eine Vision zur Realität gemacht, die nicht nur umweltfreundlich, sondern auch wirtschaftlich tragfähig ist. Im folgenden Interview gewährt Windischhofer Einblicke in die Gründung und Entwicklung von refurbed. Dabei spricht er über die unveränderte Vision des Unternehmens, seine Strategie und den wachsenden Impact, den refurbed für eine Kreislaufwirtschaft erzielt.
Was war Ihre ursprüngliche Vision bei der Gründung von refurbed und wie hat sich diese im Laufe der Zeit entwickelt?
An unserer Vision hat seit unserer Gründung nichts geändert, doch unsere Strategie ist differenzierter geworden und unser konkreter Impact heute noch größer, als wir zu Beginn erwartet hatten. Elektroschrott gehört zu den am schnellsten wachsenden Abfallströmen der Welt – in Europa allein entstehen pro Jahr 10 Millionen Tonnen Elektroschrott, nur etwa 40 Prozent davon werden für Recycling gesammelt*. Und ein wirklich beachtlicher Teil davon ist vollkommen unnötig, da er auf einer linearen Wirtschaftsidee basiert, die nur auf einen raschen Neukauf abzielt. Das verschwendet wertvolle Ressourcen wie Wasser, seltene Erden und stößt viel CO2 aus. Refurbed wurde mit dem Ziel gegründet, Kreislaufwirtschaft als das neue Normal zu etablieren und den Individualkonsum in Richtung Kreislaufwirtschaft zu verändern, indem wir eine dritte Konsumkategorie zwischen „alt“ und „neu“ etablieren – eben refurbished. Als Unternehmen versuchen wir auch unseren eigenen Impact laufend zu verringern, indem wir in innovative Umweltprojekte wie Carbon Capture investieren oder gemeinsam mit unserem Partner Minimise in diesem Jahr 50.000 Handys in Ghana sammeln und fachgerecht recyceln lassen, um dem dortigen E-Waste Problem entgegenzuwirken – denn das ist eine Folge des westlichen Konsums, mit der Mensch und Natur in Afrika zu kämpfen hat.
Wie stellen Sie sicher, dass Kunden positive Erfahrungen mit refurbed-Produkten machen?
Wir haben sehr klare Kriterien für unsere Händler:innen, die refurbished Produkte über unseren Marktplatz verkaufen. So arbeiten wir nur mit ausgewählten Partner:innen zusammen, die einem sehr strengen Refurbishment-Prozess folgen, damit alle unserer Produkte einem bestimmten Qualitätsstandard entsprechen. Wir machen auch laufend Testkäufe und Mystery Shopping bei unseren Partnern und stehen im engen Austausch mit ihnen. Wir haben uns als Standard gesetzt, höchste Qualität anzubieten und das ist auch unser Alleinstellungsmerkmal. Dass wir eine so hohe Referral-Quote haben, bestätigt uns und ist auch ein wichtiger Erfolgsfaktor. Denn wir können unsere Vision nur verwirklichen, wenn Menschen im Kaufprozess erleben, dass Refurbishment besser als neu ist, weil es gleich sicher ist, aber deutlich günstiger. Wir sehen, dass unsere Kund:innen Wiederholungstäter:innen sind: Sie starten mit einem Smartphone und wenn Sie dann erleben, dass es funktioniert und die Produkte wie neu funktionieren, kaufen sie auch aus anderen Kategorien, z.B. Haushaltsgeräte oder Fahrräder.
Seit unserer Gründung haben wir so gemeinsam mit unseren Kund:innen 178.000 Tonnen CO2, 556 Tonnen Elektroschrott und 38 Milliarden Liter Wasser eingespart.
Peter Windischhofer
refurbed-GründerWas sind die Bestseller?
Den Löwenanteil unseres Umsatzes machen noch immer Smartphones und Laptops aus. Das sind jene Produkte, die selbst bei umweltbewussten Konsument:innen häufiger ausgetauscht werden, als beispielsweise eine Kaffeemaschine oder ein Staubsauger-Roboter. Besonders hoch ist derzeit die Nachfrage nach dem iPhone 12 und 13.
refurbed betont die Wiederverwendung von Elektronikprodukten als Schlüssel zur Reduzierung von Elektroschrott. Können Sie mir mehr darüber erzählen, wie Ihr Unternehmen die Lebensdauer von Elektronikgeräten verlängert?
Wir haben letztes Jahr gemeinsam mit Fraunhofer Austria eine Studie veröffentlicht, um den Impact von Refurbishment in Vergleich zum Kauf eines Neuprodukts seriös beziffern zu können. Die sorgfältige Erhebung der Daten umfasste den gesamten Impact der Produkte in der ersten Nutzungsphase (Neukauf) und der zweiten Nutzungsphase (Refurbishment).
Das Ergebnis ist eindeutig: Während zum Beispiel beim Samsung Galaxy S20 FE 60 Prozent E-Waste (im Verhältnis zum Neukauf) eingespart werden können, liegt das größte Einsparungspotenzial beim Apple MacBook Air 2017 bei stattlichen 80 (!) Prozent. Das bedeutet, ich reduziere als Konsument:in meinen Elektroschrott um bis zu 80 Prozent, wenn ich statt einem neuen MacBook ein refurbished MacBook kaufe. Darüber hinaus haben wir mit Buyback ein Rückholprogramm für Elektronikprodukte ins Leben gerufen, das Menschen motivieren soll, ihre ungenutzten Elektronikgeräte wieder zurückschicken, die Sicherheit einer zertifizierten Datenlöschung zu genießen und dafür – abhängig von Alter, Zustand und Modell – bares Geld zu erhalten. Refurbishment reduziert E-Waste deshalb so ungemein, weil sehr oft nur eine einzige Komponente auszutauschen ist, um ein Gerät wieder in den funktionalen Neuzustand zu versetzen – also z.B. das Display oder den Akku. Seit unserer Gründung haben wir so gemeinsam mit unseren Kund:innen 178.000 Tonnen CO2, 556 Tonnen Elektroschrott und 38 Milliarden Liter Wasser eingespart.
Wie sieht die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen aus, insbesondere solchen, die sich im Bereich Nachhaltigkeit engagieren? Gibt es gemeinsame Projekte oder Initiativen, an denen refurbed beteiligt ist?
Mit unserem Investment in innovative Umweltprojekte und neue Technologien wollen wir als nachhaltiges Unternehmen unseren positiven Einfluss weiter ausbauen. Unsere 2024 gelaunchte Nachhaltigkeitsstrategie umfasst u.a. die Finanzierung wirkungsvoller Projekte in den Bereichen Landscape Restoration, ordnungsgemäßes Elektroschrott-Recycling sowie CO2-Reduktion aus der Atmosphäre. Basis dafür sind Partnerschaften mit ausgewiesenen Expert:innen. So arbeiten wir neben Minimise z.B. mit den internationalen Umweltorganisationen Patch und Carbony zusammen, die technologische Methoden entwickeln, um CO2-Emissionen so schnell wie möglich und im großen Maßstab zu entfernen und zu neutralisieren, z. B. die Umwandlung von CO2 in Gestein oder Holzkohle oder die Speicherung von CO2 in Ozeanen mithilfe von Seetangwäldern. Außerdem kooperieren wir mit myclimate, deren Wiederherstellung von Landschaften darauf abzielt, unter Einbeziehung und Unterstützung der lokalen Communities einen dauerhaften ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Nutzen zu erzielen. So werden Bäume gepflanzt, aber auch ganze Ökosysteme wiederhergestellt oder neu geschaffen und bestehende Wälder geschützt.
Wie würden Sie die Unternehmenskultur bei refurbed beschreiben?
Wir wurden vergangenes Jahr von der Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu zum „Besten Arbeitgeber Wiens 2023“ in der Kategorie Großunternehmen gewählt. Das hat uns extrem stolz gemacht, weil es uns gezeigt hat, dass wir am richtigen Weg sind und unser Teamspirit sowohl von aktuellen als auch von ehemaligen Mitarbeiter:innen geschätzt wird. Unsere rund 300 Mitarbeiter:innen sind sehr divers. Wir haben in unserem Team über 40 verschiedene Nationalitäten, sprechen 35 Sprachen und sind in mehr als 29 Ländern ansässig. All das ist möglich, weil wir remote-first arbeiten. Wir setzen uns für Geschlechtergerechtigkeit ein, beschäftigt viele weibliche Führungskräfte und haben uns eine klare 50-prozentige Frauenquote zum Ziel gesetzt. Aber das Wichtigste: Wir sind mission-driven und unsere Mission ist nun einmal die breite Verankerung der Kreislaufwirtschaft als Wirtschaftsmodell. Dieses Engagement in Wirtschaft aber auch in der Politik wird von unserem Team geschätzt.
Inwiefern spielen Spiritualität, Achtsamkeit oder Praktiken, wie Yoga oder Meditation, eine Rolle in Ihrem Unternehmen?
Wer in einem nachhaltigen Unternehmen, das sich der Kreislaufwirtschaft verschrieben hat, arbeitet, bringt naturgemäß eine überdurchschnittliche Achtsamkeit für Umwelt, unsere Ressourcen oder globale Krisen mit. Insofern ist dieses Thema Teil unserer Unternehmens-DNA. Da wir unsere Mitarbeiter:innen langfristig binden wollen, gibt es aber auch einen starken Fokus auf Schulungen, Workshop und Trainings verschiedener Arten und wir bieten auch individuelle Coachings und Unterstützung für mentale Gesundheit mit einem eigenen Team an. Was Yoga oder Meditation betrifft, tun wir uns etwas schwer mit einem zentralen Angebot, da unsere Mitarbeiter:innen aufgrund unserer Remote-First-Politik auf 29 Länder verteilt sind. Trotzdem haben wir beispielsweise einmal die Woche eine Meditation, die von einer Mitarbeiterin des People Operation Teams geleitet wird und remote für alle stattfindet.
Wir führen außerdem monatliche Employer Happiness Survey durch, woraus wir immer wieder neue Ideen generieren, was unsere Mitarbeiter*innen brauchen oder sich als Unterstützung wünschen.
Wo sehen Sie refurbed in 5 Jahren und welche Märkte oder Produktkategorien möchten Sie in Zukunft erschließen?
Wir suchen laufend nach Möglichkeiten, unser Portfolio zu erweitern. Grundsätzlich können alle Produkte über uns in die Kreislaufwirtschaft kommen, die in irgendeiner Form erneuert werden können. Wir sehen ein riesiges Potenzial im B2B-Bereich. Noch kaufen Unternehmen überwiegend Neuware, vielleicht einfach aus historischen Gründen. Es gibt aber immer mehr CSR-Departments, die eine Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit antreiben und nach Stellschrauben dafür in den Unternehmen suchen. Wir haben ein B2B-Team aufgebaut, dass nicht nur Unternehmen aktiv auf den Einkauf von refurbished products anspricht, sondern auch nachfragt, ob es Altgeräte in den Betrieben gibt, die man wieder in den Kreislauf integrieren kann. Das kann in Zukunft einen wirklich großen Effekt haben, nicht nur für uns, sondern für die Kreislaufwirtschaft allgemein.
Das sagen unsere Kund:innen
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