Vanlife ist ein Lebensstil, bei dem man die Wohnung und einen festen Wohnort gegen das Leben im Van und die Freiheit zu Reisen tauscht und dieser Trend boomt.
Allein in Deutschland ist die Anzahl an Wohnmobilen in den letzten Jahren förmlich explodiert und von ca. 390.000 im Jahr 2001 auf fast das Doppelte im letzten Jahr gestiegen. Oft hat diese Art zu leben einen grünen Anstrich, steht man doch in der wilden Natur und muss sich durch den beschränkten Platz im Van oder Wohnmobil auf das Wesentliche reduzieren. Aber wie nachhaltig ist Vanlife wirklich?
Es gibt keinen nachhaltigen Van!
Geht es um Aspekte wie Benzin und fossile Brennstoffe, den Reifenabrieb, der für einen Großteil des Mikroplastiks verantwortlich ist oder Feinstoff, Stickoxide und Co. – müssen wir nicht darüber sprechen: Es gibt kein nachhaltiges Auto, dementsprechend auch kein nachhaltiges Vanlife.
Trotzdem führen einige Aspekte des Vanlifes automatisch zu einem ressourcenschonenden und vor allem achtsamen Leben.
Wir sprechen hier allerdings unter einer Prämisse: In diesem Artikel geht es um das Leben im Van, ohne Wohnung in der Rückhand und ohne Zweitauto in der Garage. Ein Urlaub mit dem Van oder Wohnmobil führt zu einer komplett anderen Ausgangslage, vor allem in Bezug auf die Co2-Bilanz.
Nachhaltigkeit und Achtsamkeit durch das Leben im Van
Entschließt man sich zu einem Leben im Van, entscheidet man sich auch zum Wohnen auf beschränktem Raum, mit eingeschränktem Zugang zu Wasser oder Strom, zum Teil sogar ohne eigene Dusche und Toilette. Viele Dinge, die in einer Wohnung selbstverständlich sind, sind es beim Vanlife nicht.
Die Verschwendung von Wasser zum Beispiel bleibt nicht unbemerkt, sondern bewirkt, dass man schlichtweg kein Wasser mehr hat. Das führt ganz automatisch zu einem Umdenken und einer Verhaltensänderung und damit zu mehr Nachhaltigkeit und Achtsamkeit im Alltag.
1. Wasser beim Vanlife ist kostbar
Der durchschnittliche Wasserverbrauch in Österreich beträgt 130 l pro Tag pro Kopf. Dabei handelt es sich lediglich um das Wasser, das im Haushalt für Toilettenspülung, Duschen und Co. genutzt wird. Wasser für Produktion, Industrie und Landwirtschaft ist hier nicht eingerechnet.
Während wir daheim unsere Wasserhähne nach Lust und Laune aufdrehen können und jederzeit fließendes Trinkwasser haben, ist Wasser beim Vanlife ein rares Gut!
Wohnmobile und Vans haben meist einen Wasserkanister mit einem Fassungsvermögen von 50 bis maximal 150 l. Ist das Wasser leer, muss man erstmal wieder eine Wasserstation finden, um die Tanks zu füllen. Laut Smarter Camping kommt man im Van auf 40 l pro Tag für zwei Personen ohne Duschen. Auf das Jahr gerechnet macht das einen Verbrauch von 47.450 l pro Person in einem österreichischen Haushalt im Gegensatz zu 7.300 l pro Person im Van – ein immenser Unterschied!
Die eigene Erfahrung: Unser Sprinter hat einen 90 l Wassertank, den wir bei einem sparsamen Umgang alle fünf Tage füllen müssen. Neben Abwasch und Körperhygiene nutzen wir unser Wasser im Van auch als Trinkwasser.
2. Die Vantoilette ohne Trinkwasser
Die alte Chemietoilette, die man aus Wohnmobilen kennt, gehört unter den meisten Vanlifern der Vergangenheit an. Stattdessen kommen mobile Trockentrenntoiletten zum Einsatz. Diese Toiletten haben zwei Kammern für Fest- und Flüssigstoffe, wobei der Urinbehälter ganz ohne Chemie und Wasser auskommt. So spart man im Schnitt 40 l Trinkwasser pro Toilettenspülung. Dass die Nutzung von Trinkwasser für die Toilette in Zeiten von Dürren und dem Absinken des Grundwasserspiegels ein absoluter Wahnsinn ist, ist nochmal eine andere Debatte. Aber eben diese fällt bei der Nutzung der Trockentrenntoilette im Van einfach weg.
Die eigene Erfahrung: Auch wir haben uns für eine Trockentrenntoilette entschieden und damit gute Erfahrungen gemacht. Nicht nur aus Gründen der Nachhaltigkeit, sondern auch aus Gründen der Einfachheit. Mit einem Chemieklo muss man immer schauen, wo sich die Chemikalien ordnungsgemäß entsorgen lassen – das entfällt bei einer Trockentrenntoilette.
3. Strom im Van: Solar und weniger Verbraucher
Die meisten Vans sind mit Solaranlagen ausgestattet, die ihren Strom in Batterien speisen. Die Herstellung von Solarpanelen oder Batterien ist weder ressourcenschonend noch nachhaltig, deswegen setzt man hier am besten auf Secondhand. Ist die Elektrik einmal installiert, produziert man seinen Strom aus erneuerbaren Energien direkt am eigenen Dach. Zusätzlich läuft bei den meisten Vans die Spannung über 12 V statt über 230 V, wie in Standard-Haushalten. Das wiederum reduziert die Anzahl der Verbraucher massiv, denn viele Geräte können über 12 V einfach nicht genutzt werden. Hierzu zählen vom Föhn über den Rührstab viele Gegenstände, die sonst im täglichen Gebrauch zum Einsatz kommen. Es wird also nicht nur eigener Strom produziert, sondern auch massiv eingespart.
Die eigene Erfahrung: Wir haben zwei gebrauchte Solarpanele und zwei gebrauchte AGM-Batterien verbraucht, um unsere Stromversorgung zu garantieren und sind hiermit komplett autark und nicht auf externe Stromquellen angewiesen. Einen Wechselrichter, der mit viel Energie 12 V Batteriespannung auf 230 V Wechselspannung umwandelt, nutzen wir nicht.
4. Minimalismus im Van
Laut diverser Statistiken besitzen Europäer*innen im Durchschnitt 10.000 Dinge. Lebt man auf knappen 5 qm2 im Van ist für so viel Besitz nicht nur kein Platz, es stellt sich auch bei jedem Küchengerät, Kleidungsstück und Dekoartikel die Frage: Brauche ich das wirklich?
In Österreich machen allein Konsumgüter 19 % des ökologischen Fußabdrucks aus. Alles, was wir kaufen, muss schließlich produziert werden und das wiederum braucht jede Menge Co2. Unnützes wird beim Vanlife durch den beschränkten Platz schnell zur Belastung. Das bedeutet im Umkehrschluss man besitzt nicht nur weniger, sondern auch nur Sachen, die wirklich gebraucht werden.
Die eigene Erfahrung: Gerade zu Beginn des Vanlifes schleppt man noch viele Dinge mit sich herum, von denen man glaubt, man bräuchte sie. Tatsächlich ist unsere Erfahrung: Man braucht nicht nur noch weniger als auf 5 qm2 passen, der Konsum geht auch quasi gegen null und, wenn doch etwas angeschafft werden soll, wird es im Vorhinein wochenlang hinterfragt.
Gerade in Industrieländern wie Deutschland und Österreich sind wir es gewohnt, alles bis zur Unendlichkeit zur Verfügung zu haben. Vanlife bietet nicht nur Freiheit, sondern schult auch einen anderen Umgang mit den Ressourcen, die für uns sonst selbstverständlich aus Steckdose und Wasserhahn kommen.
Dass man sich beim Leben im Van gegenüber Mitmenschen und Umwelt ansonsten respektvoll verhält und seinen Müll mitnimmt, sollte generell selbstverständlich sein.
Quellen:
https://leise-reise.de/vanlife-nachhaltig/
https://www.tagesschau.de/wissen/technologie/photovoltaik-recycling-101.html
https://avenergy.ch/de/resultat/2-news/423-e-mobilitaet-batterieproduktion-belastet-umwelt
https://www.derstandard.de/story/2000132723089/besitzen-wir-wirklich-10-000-dinge
https://www.footprint.at/wp-content/uploads/2020/08/footprint_broschuere_2013.pdf
https://leise-reise.de/besitz-reduzieren/
https://www.bravebird.de/warum-vanlife-nicht-nachhaltig-ist/
https://sz-magazin.sueddeutsche.de/reise/warum-die-zweitwohnung-auf-raedern-nervt-90128
https://www.zdf.de/dokumentation/planet-e/planet-e-oeko-wende-im-wohnmobil-100.html
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