Immer mehr Städte, Länder, Unternehmen und andere Institutionen ziehen ihr Geld aus fossilen Anlagen zurück. Hilft das dem Klimaschutz? Und gibt es weitere Gründe als “nur” den fortschreitenden Klimawandel? Und welche Möglichkeiten hast du, selbst zu dieser Entwicklung beizutragen?

Investments, die im Zusammenhang mit Kohle, Öl oder Gas stehen, zu vermeiden ist der Kerngedanke der im englischen Carbon Divestment oder Fossil Fuel Divestment genannten Bewegung. 2011 machten verschiedene Universitäten in den USA den Anfang, 2013 hat sich die Weltbank aus Kohleinvestments zurückgezogen. Inzwischen sind Anlagen im Wert von über 6 Billionen US Dollar als fossilfrei deklariert:

Quelle: Arabella Advisors 2018

Federführend sind dabei Versicherungen, die mit über 3 Billionen US-Dollar mehr als die Hälfte der genannten Vermögenswerte ausmachen. Aufsehenerregend sind jedoch auch die öffentlichen Deklarationen von den Bürgermeistern von London und New York, das Commitment des Staates Irland mit einem 8 Milliarden Euro schweren nationalen Investment Fonds, oder der Rückzug des größten Staatsfonds der Welt (960 Milliarden Euro, Norwegen) aus Kohle und aus der Erkundung von Öl und Gas. Auf Druck von Studenten sind inzwischen auch in Deutschland erste Universitäten wie Göttingen und Münster auf den Zug aufgesprungen.

Die Beweggründe dafür liegen nur teilweise auf der Hand: der Klimawandel nimmt immer mehr Raum in der öffentlichen Diskussion ein. So ist es naheliegend, auch in der Verwaltung von Vermögen entsprechende Kriterien anzusetzen. Vor allem bei Kohlekraft kommt aber ein weiterer Faktor ins Spiel: die Luftverschmutzung. Hier sind die Ursachen und Auswirkungen räumlich und zeitlich deutlich direkter miteinander verbunden, als beim Klimawandel. Die WHO schätzt, dass Luftverschmutzung jährlich weltweit zu 7 Millionen frühzeitigen Toden führt; allein im Kohlestrom-dominierten Polen zu knapp 50.000.

Zudem spielen rein finanzielle Aspekte eine Rolle: fossile Investitionen unterliegen dem Risiko des plötzlichen Wertverfalls; von einer sogenannten Kohlenstoffblase, die platzen könnte, ist die Rede. “Der Ölpreis schwankt, und damit auch unsere Rendite“, so Egil Matsen, der Vize der norwegischen Bank, die den staatlichen Pensionsfonds verwaltet. Die Verantwortlichen lehnen den Klimaschutzgedanken in ihren Entscheidungen ab und verweisen trocken auf die finanziellen Aspekte: “Unsere Aufgabe ist es, die Ersparnisse der Norweger vor Wertverlust zu schützen.” (Eikvag Groth, Staatsekretärin im Finanzministerium)

Die Beweggründe für solche Entscheidungen treten bei den Auswirkungen sowieso in den Hintergrund – können Desinvestitionen dem Klimaschutz helfen? Der Geldfluss der Unternehmen wird dadurch per se erstmal nicht beeinträchtigt. Das Ergebnis bzw. der Gewinn kommt aus den Geschäftstätigkeiten und nicht aus dem Börsenwert. Höchstens könnte es in die Leistungsbewertung des Vorstands als negatives Indiz miteinfließen, wenn die Nachfrage an der Börse und damit einhergehend der Wert des Unternehmens fällt.

Viel wichtiger ist jedoch die gesellschaftliche Stigmatisierung, die mit Desinvestitionen einhergeht. Bereits bei einem Viertel aller global verwalteten Vermögen werden Nachhaltigkeitskriterien angewendet, Tendenz steigend. Die Nachricht, dass Geschäftspraktiken, die dem Planeten und dem Menschen derart schaden, einfach nicht mehr akzeptiert werden, wird immer lauter.

Das hat wiederum mehrere Folgen:

  1. Das Bild, welches der Konsument von einzelnen Firmen oder Branchen hat, wird negativ beeinflusst – und damit auch sein Kaufverhalten.
  2. Durch die Stigmatisierung wird eine offensichtliche Einflussnahme der Unternehmen auf Gesetzgebungen im Klimaschutz weniger geduldet; ähnlich den Vorgängen in der Tabakindustrie, als das Narrativ einer harmlosen Zigarette behoben werden konnte.
  3. Durch die niedrigere Nachfrage an der Börse wird den betreffenden Unternehmen eine Kapitalerhöhung erschwert. So schreibt Shell in seinem Jahresbericht 2017 über Divestments: “Dies könnte erhebliche nachteilige Auswirkungen auf den Kurs unserer Wertpapiere und unsere Fähigkeit, Zugang zu den Eigenkapitalmärkten zu erhalten, haben.” Es wird außerdem schwieriger, für große Projekte neue Kredite zu guten Konditionen zu bekommen.

Alles in allem zeigt sich also: Ja, Desinvestitionen können etwas bewirken! Sie stellen ein Instrument dar, mit dem jeder Einzelne seine Stimme erheben kann; sei es mit einem Mail bei der Versicherung oder Pensionskasse, durch Beteiligung an Divestment-Bewegungen, beispielsweise an Universitäten oder über eigene Investitionen. Mit CLEANVEST kannst du zum Beispiel feststellen, welche Fonds Branchen wie Kohle und Öl & Gas in ihrem Portfolio reduziert oder völlig gestrichen haben.