Die Betreiber des AKW Mochovce geben erstmals die Beschädigung essentieller Rohrleitungen zu. Nun wird eine lückenlose Kontrolle durch ein internationales Prüfer-Team der IAEO gefordert.

Die Warnungen des am Reaktorbau beteiligten Statik-Ingenieurs vor unkontrollierten Bohrungen in den „hermetischen Kammern“ wurden bestätigt. Am 27.11. fand im Rahmen des Inbetriebnahmeverfahrens eine Reaktor-Begehung statt, an der für  GLOBAL 2000 Anti-Atom-Sprecher Dr. Reinhard Uhrig teilnahm. Erstmalig gesteht der leitende Ingenieur die Beschädigung großer Rohrleitungen. GLOBAL 2000 fordert mehr Transparenz und genaue Kontrollen aller Bohr-Arbeiten im Mochovce-Reaktor – die Internationale Atomenergie-Organisation IAEO und die österreichische Regierung sind aufgefordert, sich für strikte Kontrollen der Arbeiten am Atomkraftwerk einzusetzten.

Stiegenhaus neben Turbinenhalle

Ein großer Riss in der Betondecke des AKW Mochovce weist sichtbare Bewehrungsstäbe auf und verdeutlicht von unten betrachtet strukturelle Mängel.

Im April 2019 hatte sich ein am Reaktorbau beteiligter Statik-Ingenieur an die Kronen Zeitung gewandt und vor unkontrollierten Bohrungen und deren möglichen Auswirkungen auf die Festigkeit des Gebäudes gewarnt, diese sei zu überprüfen. Seitdem spielen Betreibergesellschaft und slowakische Atomaufsicht die brisante Zeugenaussage herunter: Alle Bohrungen seien wohlüberlegt gesetzt worden, mit Metallsuchgeräten (die hinter den bereits angebrachten Stahl-Verkleidungen technisch nicht funktionieren konnten) und mit sorgfältigen Probe-Bohrungen rund um die Kernbohrungen von zehn Zentimeter Durchmesser sei keinesfalls die Statik des seit 34 Jahren in Bau befindlichen Reaktors aus Sowjet-Zeiten beeinträchtigt worden.

„Der leitende Ingenieur der Betreibergesellschaft bestätigte erst auf meine dreimalige Nachfrage in der betroffenen hermetischen Kammer, wovor der Whistleblower uns gewarnt hatte: dass bei den Bauarbeiten und Nachrüstungen des Uralt-Reaktors wichtige Teile des Reaktors sehr wohl angebohrt wurden“, so Uhrig. „Der Betreiber gibt nun erstmals zu, dass in mindestens drei Fällen essentielle, große Rohrleitungen des Reaktors, darunter im Boden verlegte Notkühl-Systeme angebohrt und zerstört wurden.“ Es handelt sich um ein Heizsystem, das im Jahr 2011 im Zentralbereich des Reaktors getroffen wurde sowie um zwei Fälle, in denen sogar zentrale Teile wie große Notfall-Entwässerungsrohre in den Jahren 2012 und 2013 zerstört wurden.

Eingeständnis widerlegt Schutzbehauptung – Dokumentationen nicht vertrauenswürdig

„Diese Zerstörungen sind ein offenkundiger Beweis für die Richtigkeit der Warnungen des Whistleblowers, dass es bei der Menge von Bohrungen in eine teilfertige Bauruine aus Sowjet-Zeiten schlicht unmöglich war, keine essentiellen Reaktorteile, selbst so große wie Rohrleitungen und nicht nur die Stahl-Armierungen in den Betonwänden zu beschädigen“, so Uhrig. „Schlimmer noch sind die Bohrungen nach Aussage des Zeugen vielfach unkontrolliert, blind erfolgt – und die Zuverlässigkeit der Dokumentation ist mehr als fraglich.“ In der Pumpstation der Anlage mussten gerade mehrere Kilometer Schweißnähte an unter hohem Druck stehenden Rohrleitungen erneuert werden, da die am Bau beteiligten Firmen falsches Material einsetzten und die Zertifikate fälschten. Weitere Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe und Abrechnung von Teilaufträgen an slowakische und sizilianische Baufirmen in Mochovce werden derzeit von der slowakischen Kriminalpolizei untersucht.

Transparenz und internationale Kontrolle gefordert

„Wir fordern im Rahmen der von uns erkämpften, noch bis nächsten Donnerstag laufenden Kontrolle durch die internationale Mission der IAEO eine vollständige Offenlegung und Plausibilitäts-Prüfung aller Bohr-Protokolle“, verlangt Uhrig. „Wir rufen Bundeskanzlerin Bierlein und die gewählten VertreterInnen Österreichs auf, entschlossen gegen diese Verhüllungen bei den Prüfungen des Uralt-Reaktors in Mochovce vorzugehen: Volle Transparenz wurde zugesichert, diese muss erfolgen – und kontrolliert werden.“