Informationen und Gegeninformationen halten an und sorgen – zum Teil nicht ganz unbeabsichtigt – für Verwirrung.

Hier ein aktueller Überblick über den Stand der Dinge zu Mochovce 3 & 4, dem ersten AKW in der EU, das seit der Inbetriebnahme von Mochovce 1 & 2 (1998), Temelin 1 & 2 (2002) und Cernavoda II in Rumänien (2007) in Betrieb gehen soll.

Es ist vor allem die Umweltorganisation GLOBAL 2000, die regelmäßig berichtet und von fünf Whistleblowern informiert wird, die sich auf verschiedene technische Gebiete bzw. Anlagen, vor allem in Block 3, fokussieren. In Summe wird der Verdacht bestärkt, der seit Jahren auch von WANO, der Vereinigung der AKW-Betreiber, 2017 geäußert wurde: Das Missmanagement bei der Errichtung ist so gravierend, dass praktisch ununterbrochen neue Mängel auftauchen, und selbst bei deren Behebung wieder weitere entstehen. Viele Schäden sind nicht mehr behebbar, weil der Schmutz die Anlagen – vor allem im Bereich Elektro – unwiderbringlich schädigt.

Mittlerweile wird nicht nur von der Aufsichtsbehörde der Slowakei (UJD) selbst geprüft, das „Rad“ der mehr oder weniger strikten Missionen diverser Institutionen hat sich zu drehen begonnen.

Überblick über Missionen und dazugehörige Berichte

  • Abschluss der UVP zu Mochovce 3 & 4
    Da viele Themen (insbes. Erdbebensicherheit / Seismik ) nicht abgeschlossen wurden, fanden sie in bilateralen (vertraulichen!) Workshops unter Experten weitere Behandlung. Ein dazu verfasster und auch von der Atomaufsichtsbehörde UJD SR freigegebener Bericht ist bis heute nicht erstellt worden.
  • Mission österreichischer Experten im Herbst 2019
    Auf Wunsch der Bundesregierung mit Begehung in Reaktion auf die schweren Mängel, die von GLOBAL 2000 im Herbst aufgedeckt wurden. Bisher kein offizieller Bericht verfügbar.
  • OSART-Mission der IAEA Ende 2019
    Mission abgeschlossen, Bericht der Experten muss von der slowakischen Regierung abgenommen werden, kann bis zu sechs Monate dauern.
  • WANO Jahreswende 2019/2020
    Bericht wird nicht veröffentlicht

Nicht nur aus Gründen der Sicherheit von ganz Europa, sondern um auch die Realität des Reaktorbaus im Jahr 2020 aufzuzeigen, ist es notwendig, genau zu beobachten und zu berichten. Während die Nuklear-Lobby auf allen Foren behauptet, mit AKW ihren Beitrag zur CO2-freien oder zumindest CO2-armen Versorgung zu bieten – wenn man sie doch bloß ließe – ist dies einfach nicht wahr.

Mangelnde Kompetenz ist Programm

Denn dieProbleme in Mochovce sind nicht nur bei dem seit 30 Jahren in Bau befindlichen AKW die Regel. Die mangelnde Kompetenz, das Fehlen von Fachkräften und die langwierige Lieferkette bei Komponenten für AKW zeigt sich auch in Flamanville (EPR) in Frankreich. Gerade die Reparaturen bei fehlerhaften Montagen und Lieferungen (Reaktordeckel und Schweißnähte! beim EPR) betreffen mittlerweile alle. In Wirklichkeit ist die Industrie nicht im Zusammenbruch, sondern bereits zusammengebrochen. Bei der jährlichen ENSREG-Konferenz (Vereinigung der Europäischen Nuklearaufsichtsbehörden) wurden bereits Pläne gewälzt, wie dem abgeholfen werden sollte. Eine völlig irrige Idee, öffentlich eine zusammengebrochene Industrie zu retten.

Zeitplan Mochovce 3 & 4

Aktuell wird die Inbetriebnahme von Block 3 nicht vor dem 3. Quartal 2020 erwartet, eine Wiederholung des HotHydroTests ist notwendig, 54 km (!) an Kabeln sind auszutauschen, tausende weitere Mängel sind noch vorhanden. Der jüngste von einem offensichtlich auf der Baustelle von Mochovce 3 beschäftigten Whistleblower übermittelte Bericht ist alarmierend.

Besonders bedenklich sind die fehlerhaften Signale, die von Kabeln ausgehen, die falsch verlegt bzw. aus mangelhaftem Material sind. Durch diese kann es im Volllastbetrieb dazu kommen, dass die Notkühlpumpen nicht gestartet werden können und der Reaktor im Notfall nicht gekühlt werden kann – das bedeutet einen Nuklearunfall im freien Fall.

AKW Mochovce, Foto: GLOBAL 2000, Christoph Glanzl

Fehler werden vertuscht

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass es auch intern das Bemühen des Managements gibt, die Anzeige von Fehlern zu unterdrücken, um Zeit und Geld für deren Behebung zu sparen. Mittlerweile scheinen wieder einige Firmen die Baustelle verlassen zu haben. Das Budget wird erhöht werden müssen – woher ist unklar. Am 29. Februar wird in der Slowakei das Parlament neu gewählt.

Der Zustand von Block 4 scheint stark hinter dem von Block 3 hinterherzuhinken, d.h. es wird dann wohl noch ein Jahr dauern, bis er auch nur theoretisch in Betrieb gehen könnte.

Quelle: kernfragen.at