Am 7. Oktober eröffnete die Atomagentur der UNO, die IAEO (Internationale Atomenergieorganisation) ihre erste Konferenz zum Thema Klima und Atomenergie. Wir waren auch gleich bei der Eröffnung dabei!

Danach ging es zur inhaltlichen Vorbereitung der Antiatom-Arbeit der nächsten Monate bei unserer Gegenkonferenz “Climate Crisis – Why Nuclear is not Helping“, die GLOBAL 2000 im Rahmen der internationalen Koalition DNTC (Don’t Nuke the Climate) in Wien, gleich gegenüber der IAEO organisiert hat.

Die neueste Argumentation der Atombefürworter baut auf den relativ niedrigen CO2-Emissionen von Atomenergie auf, auf diversen Prognosen und – wie schon so oft – auf den noch in Entwicklung befindlichen Reaktoren, die sicher, billig und schnell in der Errichtung, mit wenig Abfall und frei vom Risiko der Proliferation sein werden, einfach “bombensicher“.

Daher haben wir die führenden Experten aus diesen Bereichen nach Wien gebeten oder auch C02-sparsam per Videokonferenz zugeschaltet. An dieser Stelle muss man zugeben, dass so mancher Konferenzteilnehmer doch enttäuscht war, den legendären Amory Lovins nicht persönlich treffen zu können, doch hat die Diskussion auch über Video gut funktioniert. Besonders erfreulich: Nach der Eröffnung durch einen unserer Sponsoren – die Wiener Umweltanwaltschaft – beehrten uns Franziska Marhold und Leo Zirwes von Fridays for Future und legten den Handlungsbedarf klar dar.

Atomkraft ist nicht nur die teuerste Variante, sondern vor allem die langsamste

Danach vertiefte sich Georg Günsberg in die gewaltig geschönten Prognosen nicht nur der IAEO, sondern jüngst auch von der Internationalen Energieagentur (IEA der OECD) und verglich diese mit der realen Entwicklung. Denn die enormen Wachstumsprognosen erfüllten sich nie und seit Tschernobyl 1986 ist der Rückgang nicht mehr abgebremst worden. Heute werden weltweit rund 10 Prozent der Elektrizität und knapp 3 Prozent des Gesamtenergiebedarfs durch Atomenergie bereitgestellt. Den höchsten Anteil an der globalen Stromproduktion erreichte sie 1996 mit einem Maximum von 17,5 Prozent, wie auch der neue „World Nuclear Industry Status Report“ zeigt. Jahr für Jahr muss die atomfreundlich eingestellte Internationale Energieagentur ihre Prognosen für die Nuklearindustrie hinunterschrauben. Denn recht befremdlich reitet der Chef der IEA, Fatih Birol, seit einigen Monaten als Atombefürworter durch die internationalen Foren und knüpft daran auch Forderungen nach einer Lockerung der Regelungen bei der Lebensdauerverlängerung von AKW.

Womit Birol nämlich recht hat

Wenn die alten AKW in Europa nicht länger als 30 bzw. 40 Jahre laufen dürfen, dann geht der Atomstromanteil auf 5 % im Jahre 2040 zurück. Die Problematik alter Reaktoren scheint ihm noch niemand erklärt zu haben. Wir haben dazu Oda Becker eingeladen, die auf die Probleme mit alten Reaktoren verwies, die jetzt bereits eingesetzt haben. Neben dem altersbedingt ansteigenden Unfallrisiko besteht auch die immer geringere Auslastung der Reaktoren, die in Belgien im Vorjahr bei 49 % lag, bei schweizerischen KKW Beznau im Juli und August 2018 bei 50 %, da die Wassertemperatur der Aare bereits 25°C erreichte. In Frankreich liegt das Durchschnittsalter der 58 Reaktoren bei 34,4 Jahren, die Auslastung mittlerweile bei nicht einmal 70 %. Aber ganz klar: Der Industrie bleibt keine andere Option, als die veralteten Reaktoren möglichst lang am Netz zu halten, denn der Neubau ist nahezu unmöglich.

Höchste Investitions- und Kapitalkosten

Keine andere Stromerzeugungsform hat derart hohe und gestiegene Investitionskosten bzw. enorme Kapitalkosten. Kaum ein Atomkraftwerk wird in der angekündigten Zeit fertig errichtet, was wiederum die Kosten erhöht.

Während die Kosten für Atomkraft gestiegen sind, sind jene für erneuerbare Stromerzeugungstechnologien, insbesondere für Photovoltaik und Windkraft, deutlich gesunken. Die Technologieentwicklung macht es möglich: Seit 2014 sind neue Wind- und Solaranlagen pro Kilowattstunde deutlich günstiger als AKW. Alle diese Probleme sollen wieder einmal die künftigen Reaktoren ausräumen, werden als Generation IV bezeichnet. Zum Stand der Forschung, die vor allen aus dem EURATOM-Forschungsrahmenprogramm kommt, sprach Christoph Pistner vom Ökologieinstitut Darmstadt. Kurz und gut: Nicht Neues unter der Sonne, da alte Reaktormodelle aus der Lade geholt wurden und nun als neuer Wein in neuen Schläuchen dienen sollen. Details sind in der prägnanten Präsentation zu finden.

SMR

Als ebenso “neu“ bezeichnet werden die SMR, die Small Modular Reactors, weil sie klein, und modular wären, d.h. fix fertig aus der Fabrik geliefert und vor Ort zusammengebaut werden. Doch dazu erläuterte Paul Dorfman anhand einer neuen Studie, dass noch keine Fabriken existieren, diese also erst errichtet werden müssten, wenn mehrere Dutzend SMR-Bestellungen fixiert sind, da immer nur Cluster von bis zu 12 SMR produziert werden.

Allerdings sind die Kosten dann pro MWh sehr hoch, eine Tatsache, die in den 1990ern zur Entwicklung großer Reaktoren (EPR mit 1.700 MW) geführt hatte. Ziel all dieser Vorhaben ist zumindest das Lobbyieren von neuen Geldern für die Forschung von Atomreaktoren.