Bereits 2019 hat Global 2000 den Pfusch am Bau im slowakischen AKW Mochovce gemeinsam mit einem Whistleblower aufgedeckt – jetzt ist neues Material aufgetaucht, das schwere Mängel, veraltete Elektronik und gefälschte Sicherheitszertifikate beweist.
Neben den bereits bekannten Baumängel am Reaktor Mochovce kommen nun auch noch gefälschte Dokumente hinzu. Die slowakische Kriminalpolizei ermittelt wegen tausender Hochdruck-Rohrleitungen, die in den Primärkreislauf eingebaut wurden: 288 Zertifikate wurden als gefälscht identifiziert, in 52 Fällen wurde minderwertiges Material verbaut, um Kosten zu sparen und um sich zulasten der Sicherheit zu bereichern. Im Falle einer Inbetriebnahme hätten schwere Unfälle bis zum Super-GAU die Folge sein können.
Bereits im November 2020 warnte der Chef des slowakischen Geheimdienstes vor weiteren Bau-Leichen im Keller der Atom-Ruine. Jetzt kommen neue Beweise genau dafür ans Tageslicht: Der Whistleblower, der schon 2019 von tausenden unkontrollierten Bohrungen in den hermetischen Kammern von Mochovce berichtete, konnte auf einer Festplatte heimlich gemachte Aufnahmen von den Bohrarbeiten sicherstellen und spielte diese Global 2000 zu.
Wie unsauber im AKW Mochovce gearbeitet wurde, lassen völlig schief angeschweißte Stütze erahnen. Befestigt wurde diese an einer Ankerplatte, die in einem besonders engen Bereich in der Nähe eines hundert Tonnen schweren Dampferzeugers angebracht wurde.
In den Kammern in der Nähe des Reaktordruckbehälters wurden Bohrungen mit großem Durchmesser in der längeren Seite der Kammer ohne Probebohrungen durchgeführt, wie uns der Whistleblower berichtete. Für den Raum zwischen diesen Kammern hat die Betreibergesellschaft Slovenské elektrárne bei der Experten-Begehung im Herbst 2019 bereits mehrere Bohrungsbeschädigungen von großen Bauteilen zugegeben, allerdings erst auf Nachfrage von GLOBAL 2000.
Keine Probebohrungen – gefälschte Zertifikate
Der Mochovce-Betreiber behauptet, dass alle der über 60.000 Bohrungen sachgemäß nach striktem Sicherheitsprotokoll durchgeführt wurden. Demzufolge wurden Probebohrungen, vor den vielen kleinen und großen Bohrungen, die teilweise bis zu 10 cm Durchmesser und 1 m Tiefe hatten, gemacht. Nur in insgesamt 22 Fällen sei es laut Zertifikaten zu Beschädigungen von Befestigungsstahl oder anderen Teilen gekommen.
Die Fotos des Whistleblowers beweisen, dass die Behauptungen der Betreibergesellschaft Slovenské elektrárne falsch sind und dass die Bohr-Zertifikate wohl teilweise ebenso gefälscht sind wie die der Rohrleitungen. Kein Ingenieur kann derzeit sagen, wie diese tausenden Bohrungen die Statik der Gebäude beeinträchtigt haben – und ob die hermetischen Kammern einer Dampfexplosion wie in Fukushima standhalten würden.
Bereits 2016 ermittelte die slowakische Kriminalpolizei gegen die Firma Inžinierské stavby Košice, die die Bohrungen durchführte – auch hier wegen Verdacht auf Betrug und Korruption. GLOBAL 2000 hat nach der umfassenden Zensur und Schwärzung von technischen Dokumentationen im Dezember 2017 Klage gegen die slowakische Atomaufsicht UJD eingelegt, unterstützt von Windkraft Simonsfeld und der slowakischen Rechtsanwalts-NGO Via Juris.
Auch Leonore Gewessler zeigt sich besorgt
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler lässt den Fall durch die Expert*innen des Klimaschutzministeriums prüfen und äußert sich kritisch: „Die Atomkraft ist eine hochriskante Technologie und birgt große Risiken für unsere Gesundheit und unsere Umwelt. Die eben veröffentlichten Vorwürfe sind besorgniserregend und ernst zu nehmen. Wir werden diesen neuen Hinweisen zu konkreten Mängeln wie bisher so rasch wie möglich mit Unterstützung von Fachexpertinnen und -experten nachgehen“, betont Gewessler.
Gewessler stellt außerdem klar, dass – sollte sich der Verdacht erhärten – sie sich an den slowakischen Amtskollegen wenden werde. Solange offene Sicherheitsfragen oder berechtigte Zweifel an der nuklearen Sicherheit bestehen würden, dürfe es unter keinen Umständen eine Inbetriebnahme geben.
Mehr Infos zum Thema im Blogbeitrag zum AKW Mochovce.
Quelle: Global 2000
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