13 Jahre sind seit dem Fukushima-Erdbeben vergangen und die Atomkraft ist ein weltweites Auslaufmodell – aber es drohen Risiko-Verlängerungen. Reinhard Uhrig von Global 2000 erklärt, welche Atomkraftwerke rund um Österreich zur Gefahr werden könnten.

Am 13. Februar 2021 bebte die Erde vor der japanischen Fukushima-Küste – schon wieder. Das schwere Erdbeben der Stärke 7,3 zeigte wieder einmal, dass auch zehn Jahre nach dem Mega-Beben der Stärke 9,1 und den vier parallelen Super-GAUs im AKW Fukushima Daiichi die Lage in der zerstörten Anlage längst nicht unter Kontrolle ist.

Das neue Beben beschädigte die Anlage, radioaktives Wasser trat aus (wenig im Vergleich zu den laufenden Lecks) – und es stellte sich auch heraus, dass die für das Unglück verantwortliche Betreibergesellschaft TEPCO absichtlich in Kauf nahm, dass mehrere Erdbeben-Messgeräte seit letztem Jahr kaputt waren und daher gar nicht messen konnte, wie stark die Reaktoren betroffen waren.

Immer noch liegen über 1000 Brennelemente schlecht gegen weitere Erdbeben gesichert in den Abklingbecken, ganz zu schweigen vom geschmolzenen Kernbrennstoff in den zerstörten Reaktoren 1—3, für den es derzeit noch nicht einmal einen Plan zur sicheren Entfernung und Einlagerung gibt.

Atomkraft: weltweites Auslaufmodell

Während in den 1960er- und 1970er-Jahren – technologie-gläubig und naiv gegenüber den machtstrategischen Interessen der Nuklear-Staaten, an spaltfähiges Material für den Bombenbau zu kommen – relativ viele Reaktoren weltweit gebaut wurden, stagniert die Zahl seit vielen Jahren. Der tatsächliche Anteil an der Stromversorgung geht laufend zurück: von 17,5 Prozent 1996 auf zuletzt 10,35 Prozent 2019 – oder 4,4 % der weltweiten Primärenergie.

Schon die immer günstiger werdenden Erneuerbaren – zusammen mit technischen Problemen wie beim laufend verzögerten Bau im slowakischen Mochovce – verhindern fast vollständig den Neubau von Reaktoren, mit ganz wenigen Ausnahmen, die eher aus politik-taktischen Gründen als aus Gründen einer günstigen, raschen und sicheren Stromversorgung durchgepeitscht werden.

Auch die Versuche der Atomlobby, sich als Klimaretter darzustellen, wurden vielfach widerlegt: Atomkraft ist teurer als Erneuerbare, langsamer zu bauen – und bei Berücksichtigung aller Emissionen sogar in der Klimabilanz schlechter als Erneuerbare: Atomkraft für Klimaschutz ist so absurd wie „den Welthunger dadurch zu bekämpfen, dass Kaviar serviert wird“.

Von Bröselreaktoren bis zu fehlenden Schutzhüllen: Atomkraftwerke rund um Österreich

Atomkraftwerke rund um Österreich (Grafik: Global 2000)

Eine Karte von Österreich veranschaulicht die potenzielle Gefahr durch Angabe der Entfernungen zu nahegelegenen Kernkraftwerken in Kilometern. Strahlungssymbole kennzeichnen Standorte wie Neckarwestheim (160 km) und Gösgen (130 km) und unterstreichen so das Bewusstsein für die Atomkraft in Österreich.

Trotzdem laufen noch 106 alte und immer älter werdende Atomreaktoren in der EU, darunter einige sehr problematische–  Reaktoren ohne Volldruck-Containment, welches im Falle eines schweren Unfalls wie in Fukushima den Austritt von radioaktiven Stoffen aufhalten soll, oder Reaktoren in Erdbebengebieten wie insbesondere der Österreich-nahe Reaktor im slowenischen Krško.

Viele dieser Alt-Reaktoren sollen NOCH länger laufen als zunächst von den Ingenieuren vorgesehen – statt 30 bis 40 Jahren sollen sie um weitere 20 Jahre am Netz bleiben – um zu verhindern, dass sie von einer Gelddruck-Maschine schlagartig zur teuren Altlast in den Büchern der Betreiber werden – und um das ungelöste Atommüll-Problem herauszuzögern. Und das obwohl in den letzten Jahren mehrfach gezeigt wurde, dass sogar Laufzeitverlängerungen von bestehenden Reaktoren teurer für die SteuerzahlerInnen sind als Energieeinsparungen und naturverträgliche Erneuerbare – und in den USA mehrere alte Reaktoren noch vor Ende ihrer genehmigten Laufzeit aus Kostengründen stillgelegt wurden.

Stopp AKW

Wir von GLOBAL 2000 haben mit unserer slowenischen Partnerorganisation Focus durchgesetzt, dass es eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung für eine etwaige Laufzeitverlängerung des Krško-Reaktors geben muss. Das ist die Chance für tatsächliche Veränderung. Das schwere Erdbeben der Stärke 6,4 vom 29. Dezember 2020 hat erneut gezeigt, dass das nur 85 Kilometer vom Epizentrum entfernte slowenische AKW mitten in einem Hochrisiko-Erdbebengebiet liegt.

Die Gefährdung ist lange bekannt – neuere Forschung zeigt aber, dass die Erdbebenauslegung, unter der das AKW errichtet wurde und die zwischenzeitlich sogar noch erhöht wurde, nicht mit neuen Erkenntnissen  zu den Erdbeben-Bruchlinien in der Nähe des Reaktors und dem daraus entstehenden Risiko vereinbar ist.

Wie sich immer wieder zeigt, ist Atomkraft eine gescheiterte Technologie des vergangenen Jahrhunderts, die ohne massive Subventionen durch die Steuerzahler:innen noch nie gebaut wurde und marktwirtschaftlich nicht wettbewerbsfähig ist. Ganz zu schweigen von den ungelösten Sicherheitsproblemen und der ungelösten Frage, wo der Atommüll auf ewig gelagert werden soll.

Mehr zum Thema Anti-Atom gibt es im Podcast mit Reinhard Uhrig.