Vorteile des autonomen Handels (bei nicht-börsennotierten Unternehmen)
09.07.2025 • von Die Finanzlöwinnen
Ich bin selbst Bestandsaktionärin der oekostrom AG – und habe mich damit für den autonomen Handel entschieden. Aber was bedeutet das eigentlich genau?
Wenn wir an den Handel mit Unternehmensanteilen denken, stellen sich viele von uns sofort das Bild der Börse vor: tickende Kurse, hektisches Geschehen, globale Konzerne. Doch es gibt auch eine ganz andere Welt jenseits des Parketts – ruhiger, direkter, oft nachhaltiger: den autonomen Handel.
Was genau ist das? Ganz einfach gesagt: Beim autonomen Handel wechseln Unternehmensanteile außerhalb einer offiziellen Börse den Besitzer – direkt zwischen Käufer:in und Verkäufer:in. Das kann über eine unternehmenseigene Handelsplattform, ein schwarzes Brett oder mit Unterstützung durch das Unternehmen selbst passieren.
Statt über zentrale Börsenstrukturen oder klassische Broker zu gehen, findet der Handel unabhängig, persönlich und werteorientiert statt. Besonders bei nicht-börsennotierten Unternehmen – wie der oekostrom AG – ist das eine bewährte und sinnvolle Alternative.
2021 und 2022 durfte ich die Kapitalerhöhung der oekostrom AG in einer administrativen Rolle begleiten. In dieser Zeit kam ich zum ersten Mal intensiv mit dem Konzept des autonomen Handels in Berührung. Davor hatte ich mein Depot bei einem Broker, gefüllt mit ETFs, Fonds und Einzelaktien – doch die Vorteile eines direkten, außerbörslichen Handels wurden mir erst durch die Arbeit bei der oekostrom AG wirklich klar.
Der Gedanke, sich an einem Unternehmen zu beteiligen, das nicht an der Börse notiert ist, wirkte zunächst ungewöhnlich – schließlich sind börsennotierte Aktien heute nur ein paar Klicks entfernt. Doch gerade dieser direkte, weniger standardisierte Weg hat für Investor:innen einige spannende Vorteile – vor allem, wenn man Werte, Wirkung und persönliche Nähe in den Vordergrund stellt.
In der Welt des autonomen Handels wissen Investor:innen oft genau, wohin ihr Geld fließt. Statt anonymer Anteile eines globalen Konzerns unterstützt man gezielt ein Unternehmen, dessen Mission man teilt – etwa eine regionale Energiegemeinschaft, ein Sozialunternehmen oder ein nachhaltiges Start-up.
Das schafft Vertrauen und Identifikation.
Während der Kapitalerhöhung habe ich viele Aktionär:innen persönlich am Telefon kennengelernt. Viele sind seit 25 Jahren dabei und haben ihre ganze Familie mit ins Boot geholt – Söhne, Töchter, Onkel, Tanten, Enkerl. Diese Gespräche waren für mich ein Auslöser, mich intensiver mit dem autonomen Handel zu beschäftigen.
Autonomer Handel ist selten ein Spielfeld für Daytrader – und das ist auch gut so. Wer sich beteiligt, denkt meist langfristig. Unternehmen stehen nicht täglich unter dem Druck schwankender Börsenkurse. Das ermöglicht stabilere, nachhaltigere Entscheidungen – und damit auch eine solidere Grundlage für Investor:innen, die reale Wertschöpfung statt schneller Kursgewinne suchen.
Es ist heute wichtiger denn je, dass Geld Gutes bewirkt. Im autonomen Handelsumfeld finden sich oft Projekte mit einem ökologischen, sozialen oder gesellschaftlichen Auftrag. Die Kapitalaufnahme erfolgt gezielt aus der Community – von Menschen, die nicht nur Rendite wollen, sondern Teil einer positiven Entwicklung sein möchten.
Selbstverständlich gibt es ganz unterschiedliche Motivationen, sich an einem Unternehmen zu beteiligen – und natürlich will jede:r ein gutes Investment machen. Doch in meinen Gesprächen mit vielen Aktionär:innen der oekostrom AG wurde klar: Ein großer Teil investiert aus Überzeugung. Viele glauben an die dringliche Notwendigkeit der Energiewende – und wollen diese mit ihrem Kapital aktiv unterstützen.
Mein persönliches Highlight
Das Ziel der damaligen Kapitalerhöhung wurde im Juni 2023 verwirklicht: In Parndorf wurde die Erweiterung des größten Windparks der oekostrom AG eingeweiht. Ich war mit meiner kleinen Tochter dort. Es war ein ergreifendes Gefühl zu wissen: Dieses Projekt wurde durch die Beteiligung von über 3.000 Aktionär:innen ermöglicht.
Das Schöne daran: Wir konnten einfach hinfahren. Der Windpark entstand in unserer Umgebung – greifbar, sichtbar, real. Kein unnahbarer Großkonzern irgendwo in Übersee. Ich konnte mein Investment im wahrsten Sinne des Wortes „angreifen“ – und das fühlte sich gut an.
Natürlich gibt es auch beim autonomen Handel Punkte, die man bewusst reflektieren sollte. Der Handel findet außerhalb etablierter Börsenstrukturen statt – das bedeutet mehr Eigenverantwortung für Investor:innen.
Ein wesentlicher Punkt ist die geringere Regulierung: Nicht-börsennotierte Unternehmen unterliegen nicht denselben strengen Berichtspflichten wie börsennotierte. Das schafft einerseits Flexibilität – andererseits ist Transparenz umso wichtiger. Wie offen wird informiert? Wie gut funktioniert die Kommunikation mit den Aktionär:innen?
Auch die Liquidität ist ein Thema: Während man börsennotierte Aktien oft in Sekunden verkaufen kann, braucht es beim autonomen Handel mehr Geduld – oder eine konkrete Nachfrage. Aber genau hier liegt auch eine Stärke: Vertrauen ersetzt Algorithmen. Die Beziehung ist oft persönlicher, partnerschaftlicher – getragen von einem gemeinsamen Ziel.
Während der Kapitalerhöhung wurden z. B. auch Bezugsrechte unter den Aktionär:innen gehandelt – und das wurde durchwegs unkompliziert abgewickelt. Ich selbst habe zusätzliche Bezugsrechte erworben: Früh morgens, nach dem Zähneputzen, habe ich regelmäßig auf die Plattform geschaut. Einmal hatte ich Glück, habe direkt Kontakt aufgenommen, den Vertrag unterschrieben und überwiesen – alles noch vor dem Frühstück. Es war nicht nur effektiv, sondern auch angenehm und unkompliziert. Ein echtes Proof of Concept – und etwas, das ich am Telefon mit voller Überzeugung weitergeben konnte.
Meine ersten Aktien eines nicht-börsennotierten Unternehmens habe ich aus meinem eigenen Einkommen gekauft – jenem, das ich im Rahmen der Kapitalerhöhung verdient habe. Ich fand diesen Kreislauf schön und sinnstiftend.
Da die oekostrom AG auch Dividenden ausschüttet, ergänzt dieses Investment meine persönliche Ausschüttungsstrategie perfekt – so wie ich sie bereits mit börsennotierten Papieren aufgebaut habe.
Jeden Frühling freue ich mich über die Dividende – und bin nach wie vor sehr zufrieden, den autonomen Handel als Teil meiner Portfolio-Diversifikation entdeckt zu haben.
Fazit: Autonom investieren – bewusst entscheiden
Der autonome Handel ist vielleicht nicht so bekannt wie der klassische Börsenhandel – aber er hat seinen ganz eigenen Reiz. Vor allem für Menschen, die nachhaltig, werteorientiert und langfristig investieren wollen, bietet er eine spannende Alternative.
Es geht nicht darum, die Börse zu ersetzen – sondern darum, neue Wege zu gehen, wenn sie zur eigenen Überzeugung passen. Wer sich an einem nicht-börsennotierten Unternehmen beteiligt, investiert nicht nur Kapital – sondern auch Vertrauen: in Menschen, in Ideen, in eine enkeltaugliche Zukunft. Für Anleger:innen ist es eine Chance, nicht nur Rendite zu erzielen, sondern auch aktiv Teil einer positiven Veränderung zu sein.
Denn am Ende zählt nicht nur, wie viel man investiert – sondern wofür.
Eure Finanzlöwinnen,
Carmen Weingartshofer
und Anna Leonhart