Windräder sind in der Stromerzeugung günstig und grün, aber bei der Akzeptanz gibt es noch Aufholbedarf. Ein Blick auf die Fakten mit Roland Weyss, Windenergie-Experte und Geschäftsführer der oekostrom Produktions GmbH, und Günter Pauritsch, Leiter des Center Energiewirtschaft, Infrastruktur und Energiepartnerschaften der Österreichischen Energieagentur.

Ende 2022 standen in Österreich 1.371 Windräder, die über das Jahr verteilt 8,2 Mrd. kWh Strom erzeugt haben. Das deckt mehr als 11 % des österreichischen Strombedarfs und spart jene Menge an CO2 ein, die 1,7 Millionen Autos ausstoßen. Die Leistung eines Windrads stieg dabei in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich an. Deshalb lohnt es sich nicht nur, neue Windkraftanlagen zuzubauen, sondern auch alte durch neue an bereits genutzten, ertragreichen Standorten zu ersetzen, und zwar im Rahmen von sogenannten Repowerings.

Ein Ausbau der Windenergie ist notwendig

Die Anzahl und der Neubau von Windrädern ist in Österreich regional sehr unterschiedlich. In Niederösterreich und dem Burgenland stehen mit Abstand am meisten Windkraftanlagen, in Salzburg, Vorarlberg und Tirol dagegen keine einzige. 1.500 neue Windräder müssen in Österreich bis 2030 aufgestellt werden, um die Ziele des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) zu erreichen. 55 % dieses nötigen Ausbaus sind durch Ziele und Ankündigungen der Bundesländer gedeckt. „Grundsätzlich kommt der Windenergie in der Energiezukunft eine bedeutende Rolle zu, und das nicht nur in Österreich“, sagt Günter Pauritsch, Experte für Energiewirtschaft und Infrastruktur bei der Austrian Energy Agency.

„Wir sind wir ein privilegiertes Land, was die Potenziale für Stromerzeugung aus Wasserkraft anbelangt. Die haben wir über Jahrzehnte in Österreich ausgebaut. Daher rührt auch unser – im europäischen Vergleich – so hoher Anteil an Erneuerbaren. In der Wasserkraft haben wir jedoch nur noch sehr begrenzte Möglichkeiten. Das heißt, wir müssen uns intensiver mit anderen erneuerbaren Energiequellen beschäftigen. Und das sind primär Photovoltaik und Windenergie. Wenn man Windenergie klug in Kombination mit Photovoltaik baut, ergibt sich ein idealer saisonaler Ausgleich. Der Ausbau der Windenergie ist für uns also eine notwendige Bedingung, um unsere Ziele zu erreichen.“ Administrative Hürden und strenge Regelungen behindern den Windkraftausbau. Im Mittel dauert es acht Jahre, bis ein Windrad steht. Die reine Errichtungszeit beträgt dabei nur zwei Jahre.

Wir müssen die Leute ins Boot holen

Das durch den Ukraine-Krieg plötzlich entstandene Bedürfnis nach Versorgungsunabhängigkeit hat zu einem Umdenken in der Energiepolitik in Europa geführt. Durchaus kritikwürdig, dass jahrzehntelange Forderungen der Wissenschaft nach einem kräftigen Ausbau der Erneuerbaren lange nicht so wirkungsvoll waren wie ein autokratisches Regime aus dem Osten, das u.a. über Energielieferungen Druck auf den Westen ausübt. Günter Pauritsch meint: „Eine besondere Herausforderung bei der Windenergie sind Bewusstseinsbildung und Akzeptanz in der Bevölkerung. Windkraftanlagen stellen durchaus einen Eingriff in das Landschaftsbild dar, noch deutlicher als andere Erneuerbare. Wenn ich eine PV-Anlage in der Fläche baue, sehe ich sie aus zwei Kilometer Entfernung vielleicht nicht mehr. Wenn wir uns den Zielzustand des klimaneutralen Österreichs vor Augen führen, dann wird man diesen Erfolg auch im Landschaftsbild wahrnehmen. Gegen den Widerstand der Bevölkerung werden wir also nicht erfolgreich sein können.“

Roland Weyss, Geschäftsführer der Produktionssparte der oekostrom AG, ergänzt: „Man erkennt dieses Muster auch stark im Flächenwidmungskonzept der Länder. Da wird zum Beispiel mit PV-Anlagen stark in die Fläche gegangen, weil man diese Art der Energiegewinnung mit ein paar Büschen verstecken kann! Die Information, dass wir tatsächlich ein Problem mit unseren CO2-Emissionen haben, ist noch nicht vollständig bei den Menschen angekommen. Man muss politisch zur Kenntnis nehmen, dass den Umbau des Energiesystems nicht alle mittragen. Hier gilt es aber auch noch anzusetzen, zu informieren und die Leute ins Boot zu holen.“ Und Roland Weyss unterstreicht: „Die Lautstärke, mit der jemand schreit, hat nicht immer etwas mit Mehrheiten zu tun. Wir kennen das von vielen Befragungen und Gesprächen im Rahmen der Planung unserer Windparks. Es gibt sehr gut organisierte, sehr laute Schreier:innen, die trotzdem nicht den Großteil der Bevölkerung repräsentieren.“

So gibt es in Gemeinden und Regionen, in denen die oekostrom AG Windkraftprojekte plant und errichtet, immer einen intensiven Austausch mit der Bevölkerung. Ein aktuelles Leuchtturmprojekt ist die Eröffnung des repowerten Windparks in Parndorf, bei der die oekostrom AG gemeinsam mit den Parndorfer:innen und allen Freund:innen des Unternehmens Anfang Juni 2023 das größte Projekt in der Firmengeschichte gefeiert hat. Die oekostrom AG war auch das erste Unternehmen, das bereits Anfang der 2000er-Jahre in bestem Einvernehmen mit der Gemeinde und den Anrainer:innen einen Windpark in Parndorf errichtet hat.

Die Anzahl und der Neubau von Windrädern ist in Österreich regional sehr unterschiedlich. In Niederösterreich und dem Burgenland stehen mit Abstand am meisten Windkraftanlagen, in Salzburg, Vorarlberg und Tirol dagegen keine einzige.

Beschlüsse der vergangenen Monate gehen in die richtige Richtung

Erfreuliche Entwicklungen aus dem vergangenen Jahr sind der Entwurf für das Erneuerbaren-Beschleunigungs-Gesetz, die Erleichterung des Repowerings bestehender Windparks, die EAG-Marktprämien-Verordnung, die die Förderungen betrifft, sowie die Veröffentlichung des Salzburger Landesentwicklungsprogramms, das elf Zonen für den Windkraftausbau ausweist – im Übrigen die einzige Zonenausweisung seit 2019. Das EAG lässt nun auch die Förderung kleinerer Anlagen zu.

Umgekehrt wurden Maßnahmen eingeführt, die für die Windkraft hinderlich sind. So etwa die drastische Anhebung der erst kürzlich eingeführten burgenländischen Landschaftsbild-Abgabe für Windkraft und PV. Das Land kann bei einem modernen Windrad in Zukunft bis zu EUR 120.000 einstreifen. Nach einer Verschärfung des Gesetzes sind Windkraftbetreiber:innen nunmehr ab einem Strommarkterlös von EUR 120 verpflichtet, diesen als Energiekrisenbeitrag an den Bund abzuführen. Fossile Firmen werden hier bevorzugt, bei ihnen wird deutlich weniger und nur am Gewinn abgeschöpft. Im Jahr 2023 kann man da wirklich nur den Kopf schütteln. „Eine ganz strukturierte Flächenzuweisung, ähnlich wie man’s in Deutschland sieht“, wünscht sich Roland Weyss.

Dennoch: Mit einem Anteil von 76,2 % Erneuerbaren am inländischen Stromverbrauch ist Österreich Vorzeigebeispiel. Um bis 2030 auf 100 % zu kommen, ist aber noch einiges zu tun. Und das rasch!

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