2005 wurde ich bei einem Interview gefragt, wie für mich nachhaltige Wirtschaft aussehen würde. Meine Antwort war, dass ein Unternehmen, das es ernst meinte mit der Nachhaltigkeit, einen positiven Fußabdruck hinterlassen müsse.

Nachhaltig wäre eine Wirtschaftsweise, die den Planeten nicht ausbeutet, sondern im Kreislauf wirtschaftet, die mit erneuerbaren Energien auskommt und von der nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Menschen in der Region und seine Mitarbeiter*innen profitieren.

Das war vor 15 Jahren, ich war damals Geschäftsführerin des WWF in Österreich. Der Journalist – Namen seien hier keine genannt – hat diesen Teil des Interviews nie veröffentlicht. Zu absurd fand er wohl diese – aus seiner Sicht naiven – Vorstellungen der Umweltaktivistin.

Heute würde ich dieselbe Antwort geben. Und erfreulicherweise hat sich seither vieles geändert.

Die sich zuspitzende Klimakrise macht eine nachhaltige Wirtschaftsweise zur Pflicht.

Die Weichen für Veränderung sind gestellt

Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 seinen kompletten Stromverbrauch auf erneuerbare Energien umzustellen. Bis 2040 soll die Klimaneutralität geschafft sein. Das ist ein gigantisches Vorhaben und bedeutet nichts weniger als eine Verdopplung des Windkraftausbaus und eine Versechsfachung neuer Photovoltaikprojekte. Europa reduziert die CO2-Emissionen in den kommenden zehn Jahren um 55 % und setzt auf Kreislaufwirtschaft. Die USA erheben neuerdings einen Führungsanspruch in Sachen Klimaschutz.

Die Welt hat sich verändert, und was ich selbst vor 15 Jahren noch gefordert habe, darf ich heute als Vorständin beweisen: eine nachhaltige Wirtschaftsweise ist möglich. Und mehr noch: angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise wird eine nachhaltige Wirtschaftsweise zur Pflicht.

20 Jahre Haltung mit Erfolg

Die oekostrom AG zeigt seit ihrer Gründung vor mehr als 20 Jahren, dass verantwortungsvolles Wirtschaften Profit bringen kann. Nur mit Profit kann ein Unternehmen überleben, seine Mitarbeiter*innen bezahlen und die Kapitalkosten für Investitionen decken. Nur mit Profit können wir tun, was wir tun. Die oekostrom AG setzt nicht nur auf erneuerbare Energien, sondern treibt die Energiewende aktiv voran. Mit einem Ausbau der eigenen Aktivitäten, mit Innovationen, mit Druck auf die Regulator*innen. Sie tut das höchst erfolgreich auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Die oekostrom AG ist mit 80.000 Kund*innen und 33 eigenen Kraftwerken der größte unabhängige Energiedienstleister Österreichs. Seit 2010 erwirtschaftet sie Gewinne, zahlt Dividenden aus und legt auch im Aktienkurs zu: Seit der letzten Kapitalerhöhung 2017 stieg der durchschnittliche Aktienpreis um mehr als 100 % (von EUR 9,91 auf EUR 20,28).

Die oekostrom AG kann unabhängig agieren, frei von politischen Interventionen und Konzerninteressen.

Wohin geht die Reise?

Die oekostrom AG hat heute eine großartige Ausgangssituation. um beim Umbau des Energiesystems an vorderster Front erfolgreich zu sein. Sie setzt schon seit ihrer Gründung auf Erneuerbare und kann die Zeit nutzen, um in den Bereichen Produktion und Vertrieb zu wachsen, wo andere sich von Grund aus verändern müssen. Sie kann unabhängig agieren, frei von politischen Interventionen und Konzerninteressen. Sie setzt auf eine wirtschaftlich solide Basis und treue Kund*innen. Und nicht zuletzt kann sie auf ein engagiertes und kompetentes Team bauen.

Und zu tun gibt es viel. Denn wie die Energiewende vonstattengeht, ob und wie schnell es gelingt, Strom- und Wärmeversorgung zu dekarbonisieren, wie gut es gelingt, auf Interessen wie etwa die des Naturschutzes Rücksicht zu nehmen, in anderen Worten wie gut das Gesamtergebnis sein wird, das ist heute noch nicht absehbar.

Die Energiewende betrifft uns alle.

Menschen beteiligen

Beim Ausbau der Erneuerbaren halte ich es für essenziell, die Menschen mitzunehmen. Die Energiewende betrifft uns alle, es braucht Rückenwind und Verständnis (Stichwort Genehmigungsverfahren) und letztendlich ist die Aufgabe so gewaltig, dass es auch privates Engagement brauchen wird.

Ein großer Vorteil der Erneuerbaren im Vergleich zur fossilen Energie ist, dass die Wertschöpfung zurückgeholt wird in die Region. Daher ist es nur logisch, die Menschen in den Regionen einzubinden, dort wo die Energie produziert wird, sei es als Kund*innen des nächstgelegenen Windrads, sei es als Prosumer*innen (Kund*innen, die selbst Strom z.B. aus PV-Anlagen produzieren), sei es als Teilhaber*innen von Projekten oder Kapitalgeber*innen des Unternehmens. Die Kund*innen-Lieferant*innenbeziehung der Zukunft wird eine andere sein, sie wird interaktiver, individueller und partnerschaftlicher sein. Die Herausforderung für Unternehmen wie die oekostrom AG wird sein, diese neuen Beziehungen so zu gestalten, dass sie managebar sind (Stichwort Digitalisierung) und die Kund*innen auf Augenhöhe wahrgenommen werden (Stichwort Transparenz).

Durch erneuerbare Energien wird die Wertschöpfung in die Region zurückgeholt. (Foto: Thomas Kirschner)

Innovation vorantreiben

Einige zentrale Probleme der Energiewende sind heute noch ungelöst. Wie gelingt es, die Wärmeversorgung zu dekarbonisieren? Klar ist, dass biogen produziertes Gas nicht 1:1 die Rolle des fossilen Gases übernehmen wird können. Zu groß ist der Bedarf der Industrie und zu gering das Potential an biogenem Ausgangsmaterial. Auch auf dem Gebiet der Speichertechnik – diese spielt bei der volatileren Stromproduktion durch erneuerbare Energien eine zunehmende Rolle – braucht es Entwicklungen. Die Energieforschung sucht hier nach geeigneten Antworten. Als oekostrom AG werden wir uns aktiv einbringen, werden Projekte modellhaft umsetzen und uns bei der Gestaltung von Einsatz- und Rahmenbedingungen aktiv beteiligen. Das haben wir schon in der Vergangenheit getan, etwa als wir simon®, unser Mini-Solarkraftwerk, auf den Markt gebracht haben und gleichzeitig die Einspeisung von kleinen Mengen Strom ins Netz gesetzlich erst ermöglicht haben.

Die Klimakrise lösen wir nicht übermorgen, sondern heute.

Politik und Unternehmen an Verantwortung erinnern

Die Politik spielt bei der Gestaltung der klimafreundlichen Zukunft eine herausragende Rolle. Sie muss für die Rahmenbedingungen sorgen, ebenso wie für Konsens und Unterstützung über alle Instanzen, Länder- und Gemeindegrenzen hinweg. Der Föderalismus war in der Vergangenheit häufiger Bürde als Segen, und heute gibt es große Unterschiede im Ausbaugrad der erneuerbaren Energiequellen in Österreich. Das gemeinsame Ziel – Österreich zu 100 % aus erneuerbaren Energien zu versorgen – klappt aber nur, wenn alle mit an Bord sind und das gesamte Potential realisiert wird.

Die oekostrom AG sieht es als Teil ihrer unternehmerischen Verantwortung, gegenüber der Politik einzumahnen, wenn sich Stillstand abzeichnet. Denn die Klimakrise lösen wir nicht übermorgen, sondern heute.

Wann, wenn nicht jetzt… ist es Zeit zu handeln?

Ich bin überzeugt, dass jetzt die Zeit ist für Veränderung. Ich freue mich darauf, mit dem Team der oekostrom AG, mit meinem Vorstandskollegen Ulrich Streibl, mit unseren Partner*innen, Aktionär*innen und Kund*innen die Zukunft der Energiewirtschaft mitzugestalten und zu zeigen, dass Profit mit Haltung machbar ist.