Wenn es um den Klimawandel geht, geht es meistens auch darum, was die Mehrheit möchte. Und was ist das? Surprise, die meisten Menschen wollen Klimaschutz. Warum aber scheint die öffentliche Meinung in der Debatte um Klimapolitik keine Rolle, jedenfalls keine tragende, zu spielen?

Die Meinungen

Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen hat die nach eigenen Angaben größte Meinungsumfrage zum Klimawandel durchgeführt. In 50 Ländern und 17 Sprachen wurden 1,2 Millionen Teilnehmende dazu befragt, wie sie den Klimawandel einschätzen. Das Ergebnis ist klar. Knapp zwei Drittel der Befragten halten den Klimawandel für eine globale Notlage. Eine stattliche Quote also. Aber wo ist das Problem, wo hapert es?

Die Dinge unter die Lupe nehmen

Natürlich ist nicht alles Gold was glänzt. Im Umkehrschluss heißt das, dass ein nennenswert großer Anteil der Weltbevölkerung Klimaschutz nicht großschreibt. Andererseits und das macht sich erst bei genauerem Hinsehen bemerkbar, haben vor allem junge Menschen an der Umfrage teilgenommen haben. Die Hälfte der Befragten ist jünger als 18.  Aber genau diese Menschen sind diejenigen, die (noch) nicht wählen dürfen. Zum anderen sind sie es aber auch, die Klimaschutz besonders befürworten. Das mag viele Gründe haben, der wahrscheinlichste wird aber ihre eigene Betroffenheit sein. Dazu kommt noch, dass diese Menschen, wie ich auch, nicht an den Stellen vertreten sind, wo nennenswerte Entscheidungen, die das Weltklima beeinflussen, getroffen werden.
Diejenigen, die relevante Entscheidungen treffen könnten – Betonung auf dem Konjunktiv – nur 58 Prozent der Befragten über 60 Jahren wollen im Hintergrund des Klimawandels von einer globalen Notlage sprechen. Da fällt es dann auch nicht schwer zu verstehen, warum vieles so lange dauert und warum dem Thema mancherorts nur ein müdes Lächeln geschenkt wird.

Die Vielen

Wie man es auch dreht und wendet, eine Mehrheit für den Klimaschutz, die gibt es. Nur liegt diese Mehrheit nicht in einem Feld, in dem politischen Meinungen direkt in Realpolitik umgesetzt werden. Denn die oben beschrieben Befragungsbefunde sind weder neu noch unbekannt. Umfragen liefern schon seit Jahren eben solche Ergebnisse zu Tage. Und trotzdem mahlen die Mühlen der politischen Organe rund um den Globus nur gemächlich. Ganz gleich, ob der Gegenwind nun aus der Wissenschaft, von den Wähler*innen oder der Zivilgesellschaft kommt.

Vor allem junge Menschen haben eine klare Meinung zur Klimadebatte.

Es muss aber auch die andere Seite von Umfragen wie dieser gezeigt werde: Zustimmungswerte für Umfragen aller Art, da ist Klimaschutz keine Ausnahme, sind dann am höchsten, wenn die Konsequenzen für die eigene Lebensweise am geringsten sind. Erneuerbare Energie? Her damit! Unsere Gletscher schützen? Auf jeden Fall! Mein eigenes Verhalten ändern? Warum denn, warum denn ich? Was paraphrasiert wie eine Karikatur wirken mag, das ist, wenn man der Umfrage Glauben schenken darf, die Realität. Die banalsten Aussagen und Forderungen haben die höchsten Zustimmungswerte. Sobald es aber darum geht, was jeder selbst und jeden Tag tun kann und nach Möglichkeit auch tun sollte, dass ist am unbeliebtesten. So befürworteten beispielsweise nur 30 Prozent der Befragten der eingangs erwähnter Studie die Förderung einer pflanzenbasierten Ernährung. Das ist die Crux mit dem Klimaschutz, die meisten sind dafür, aber die wenigsten wollen etwas verändern.

Die Beweggründe

Das gesellschaftliche Interesse am Klimawandel wird am stärksten durch politische Kampagnen geprägt. Dabei spielt auch die mediale Berichterstattung eine Rolle, sie ist aber häufig ebenso durch politische Einflüsse motiviert und wird häufig durch wirtschaftliche Faktoren bestimmt.
Im Gegensatz dazu spielen erlebte Extremwetterereignisse eine eher untergeordnete Rolle. Das liegt daran, dass man sie häufig zu verdrängen versucht und dabei gleichzeitig die Rolle des Menschen an deren Entstehung in den Hintergrund gerät.

Allzu oft wird sich dabei das Klischee bedient, dass der Mensch viel zu klein sei, um auf etwas so Großes wie das Weltklima Einfluss nehmen zu können.

Ein vergleichbares Bild zeichnet sich auch ab, wenn Studien den Einfluss von wissenschaftlichen Erkenntnissen auf die Meinungsbildung der Bevölkerung zum Klimawandel untersuchen. Einen prägenden Effekt haben wissenschaftliche Fakten nicht, weil sie meist nur einen kleinen Personenkreis erreichen. Sie sind in abstrakter Sprache abgefasst und nur mit erheblichem Vorwissen zu erfassen. Dafür braucht es häufig eine entsprechende Vorbildung und viel Zeit.
Hier besteht sicherlich Nachbesserungsbedarf in der Wissenschaftskommunikation. Denn was bringt Wissen, dass nur einem kleinen Kreis zugänglich ist, aber fundamental wichtig ist, um die Vorgänge unserer Welt und all ihren Ökosystem zu verstehen?

Die Entwicklung(en)

Die öffentliche Meinung zum Klimawandel hat sich in den letzten 25 Jahren stark gewandelt. Es wäre aber ein Fehlschluss das reine Bewusstsein für ein Thema mit dem Antrieb für Handlungen gleichzusetzen. Das sind zwei Paar Schuhe. Vor allem hier hat sich in den letzten zweieinhalb Jahren viel getan. Seitdem durch Fridays For Future das Thema in den Familien zur Sprache kommt, gibt es mehr und mehr Bewusstsein für die Notwendigkeit von Veränderung und Anpassung. Seitdem ist der gesellschaftliche Diskurs und nicht nur die Meinung der einzelnen ein anderer, einer der mehr bewegt.
Wo noch vor nicht allzu langer Zeit der Schutz hinter der Notwendigkeit, der Alternativlosigkeit von klimaschädlichen Praktiken gesucht wurde, da herrscht heute reger Erfindergeist. Da wird Innovation geschaffen. Dieser Weg wird wohl immer weiter und immer reger beschritten werden. Jedenfalls ist davon begründet auszugehen.

Widersprüche auflösen

Dafür braucht es aber die Auflösung der Widersprüche in der Kommunikation rund um den Klimawandel. Solange widersprüchliche Botschaften aus dem Feld der Politik kommen, die jeglicher wissenschaftlicher Grundlage entbehren, solange wird das Thema Schwierigkeiten bereiten.
Die entscheidenden Maßnahmen, um Widersprüche aufzulösen, sind öffentlichkeitswirksame Kampagnen und Bildungsmaßnahmen für alle. Denn wer weiß, wie die Welt funktioniert, der weiß auch, wie sie zu schützen ist. Daran fehlt es heute und da sollte angesetzt werden.

In unserem Podcast  spricht Leo Zirwes über sein Engagement bei Fridays For Future und die vermeintliche Atomstromfreiheit Österreichs. 

Hier geht’s zum Videocast.