Gratulation! – Wie Gratulation?! Ja, Sie sind, sofern Sie in Österreich geboren worden sind, ein absoluter Glückspilz. Heimat sind wir eines guten Schmähs, delikater Nachspeisen, einer einzigartigen Kaffeehauskultur und weltbekannter, weil wunderschöner, Platzln.

Unzählige Oasen der Erholung im Salzkammergut, wie der Fuschlsee oder der Wolfgangsee, oder der größte Nationalpark Mitteleuropas, die Hohen Tauern mit 1856 km², und als Mostviertler darf ich selbstverständlich meine Wurzelheimat mit ihrer prachtvollen Obstblüte im Frühjahr nicht vergessen und, und, und, … aber Patriotismus deswegen an den Tag zu legen? Das liegt mir fern.

Vielmehr überkommt mich ein Gefühl der Dankbarkeit, plus die Sorge, wenn ich an den 10. Juni 2018 zurückblicke wie ich vor der Pasterze am Fuße des Gletschers mit dem Großglocknergipfel und seinen imposanten 3.798 Metern über dem Meeresspiegel blicke. – Warum Sorge? Sorge über die Tatsache wie schnell sich der Gletscher die letzten Jahre zurückgebildet hat. Ich könnte in diesem Beitrag Meterangaben hinterlassen, wie gravierend das Ausmaß augenscheinlich ist, doch das sind Zahlen, die wir Tag für Tag in den Medien lesen. Deswegen lege ich Ihnen wärmstens ans Herz zumindest zur Franz- Josefs- Höhe zu pilgern – mit den öffentlichen Verkehrsmitteln versteht sich – oder noch besser: gehen Sie bis zum Fuße des Gletschers, um diese gewalte Kraft mal auf sich wirken zu lassen. Das lässt keine Menschenseele kalt.

Damals habe ich mir gedacht: Allerhöchste Zeit wieder einmal den eigenen Ökologischen Fußabdruck zu bemessen. So und nun, 10 Monate später, ist es endlich soweit! „Der Ökologische Fußabdruck (Footprint) ist ein Bilanzinstrument, das die Beanspruchung von Natur in Form der dafür benötigten bioproduktiven Flächen bemisst und in Beziehung zur tatsächlich vorhandenen Fläche bringen kann. Er beschreibt jenen Flächenbedarf, den jeder Einzelne durch sein persönliches Lebensverhalten (Ernährung – Mobilität – Wohnen – Konsum) und den allgemeinen gesellschaftlichen Anteil in Anspruch nimmt.

Nach 15 Minuten ankreuzen, Button verschieben und Zahlen eintippen, werden die Zahlen „3,78 gha“ ausgespuckt. „gha“ sind die globalen Quadratmeter. Kurz zur Erklärung: “globale Hektar” ist eine einheitliche “Währung”, die die unterschiedliche Fruchtbarkeit von verschiedenen Landstrichen ausgleicht. 5.3 gha benötigt der Durchschnittsösterreicher im Jahr, also bin ich auf dem ersten Blick durchaus auf einem guten Weg. Beim genauer hinsehen, stelle ich allerdings fest, würden alle Menschen so ressourcen-intensiv leben wie ich, so bräuchte es mindestens zwei Planeten von der Qualität der Erde, um die Ansprüche im Heute zu erfüllen.

Ernüchternd. Klar ist, dass es die Verantwortung der Politik ist Gesetze einzuführen, die in einem ökosozialen Stil umgesetzt werden – strengere Regeln bei Massentierhaltung, Erhöhung der Spritpreise, Investitionen in die Forschung, und, und, und. Doch wie der letztjährige Klimagipfel, der von 2. bis 15. Dezember in Katowice stattgefunden hat, zeigt, sind die Ziele mit 1,5 Grad Celsius Temperaturanstieg nicht exorbitant ambitioniert und somit ein Weckruf an die Zivilgesellschaft selbst etwas zu verändern. „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünscht für diese Welt“, hat der gute Gandhi einmal gesagt. – Was also tun? Wie kann ich die Veränderung (vor)leben? Meine Freunde, die oekostromer, würden sagen: „Steigen Sie auf Ökostrom um!“ Das ist definitiv einer von vielen wichtigen Schritten in eine nachhaltigere Energiezukunft. – Und ich? Ich sollte in Europa ausschließlich mit dem Zug fahren und wenn möglich Lang- bzw. Kurzstreckenflüge komplett streichen. Denn die sind, zumindest bei mir, DIE „CO2- Fußabdruck- Spielverderber“, die ich im Jahr auf mich oder besser gesagt auf Mutternatur nehme, und somit meinen Fußabdruck vergrößere. 1784 kg CO2 hab ich alleine für meinen Hinflug von Marrakesch nach Wien benötigt. Klar, mit einer Zahlung von 36 Euro für Aufforstungs- und Kompostierungsmaßnahmen in Äthiopien, Costa Rica oder Nepal kann ich investieren, um meinen CO2- Ausstoß zu kompensieren, doch das ist nur die zweitbeste Lösung, um Treibhausgas zu binden.

Ja, eine Summe grundsätzlicher Änderungen an sich sind in seinen eigenen gewohnten Mustern nötig, aber auch wie wir als Gesellschaft insgesamt wirtschaften, produzieren und konsumieren. Jeder Einkauf ist wie eine Wahl. Entscheiden Sie sich für eine Banane (0,06 kg CO2) aus Brasilien oder einen Apfel (0,03kg CO2) aus dem Mostviertel, wo wird Ihre Kleidung produziert, wie wird sie produziert oder wussten Sie, dass der CO2-Fußabdruck von einem Tässchen Kaffee zwischen 59 und 100 Gramm liegt und obendrein fällt ein Wasserverbrauch von 140 Litern an?! Ich auch nicht. Aber dieses Know- How sich anzueignen ist wichtig. Nicht dass dann ähnliche Sätze wie nach den Kriegszeiten fallen: „Ich wusste es nicht!“ Der Klimawandel ist Realität. Wir müssen JETZT handeln. Und wenn´s nur kleine Taten sind, wie beim Einkauf von Schuhen, wo Sie bei der Verkäuferin nachhaken, woher denn die Ware kommt, wenn´s das Reduzieren vom Fleischkonsum ist, der Kauf von Second Hand- Produkten. – Sie wohnen in der Stadt? Dann verzichten Sie auf den Kauf eines Autos. Es gibt Car-Sharing Systeme oder fahren Sie mit den Öffis oder noch besser: Gehen Sie zu Fuß! – Sie müssen ja nicht gleich von Wien nach Zürich gehen, um zu urlauben, aber fahren Sie doch mit dem Zug oder noch besser: Nachtzug.

Nicht nur Ihr Gewissen, sondern Ihre Kinder und Kindeskinder werden es Ihnen danken, denn Heimat sind wir schöner Platzln und schöner Verantwortung, die wir nicht auf die lange Bank schieben sollten.