Der Rebound-Effekt, also wenn eine Effizienzsteigerung nicht zum gewünschten Einspareffekt führt, wurde in Ökologie-Debatten lange ausgespart. Erst seit wenigen Jahren wird dazu gezielt geforscht. Dabei hat schon der britische Ökonom William Stanley Jevons diesen Effekt im Jahre 1865 beschrieben.
Unter dem Begriff „Jevons´ Paradoxon“ bekannt, hatte er damals festgestellt, dass es „eine Verdrehung der Tatsachen ist, dass eine immer effizientere Nutzung von Energieträgern zu einer Reduktion des Energieverbrauchs führt – das genaue Gegenteil ist der Fall“. Mit anderen Worten: Je effizienter Energie genutzt wird, desto mehr Energie wird verbraucht.
Ein berühmtes Beispiel ist die Einführung der Glühlampe im frühen 20. Jahrhundert. Sie verbrauchte nur noch ein Viertel der Energie der bis dahin üblichen Kohlenfadenlampe. Als sie eingeführt wurde, befürchtete man einen Einbruch des Energiemarktes. Das Gegenteil passierte: Die Glühlampe wurde zu einem Massenprodukt und der Stromverbrauch stieg an.
Seitdem hat sich dieses Phänomen ständig wiederholt: Unsere Bildschirme benötigen nur noch einen Bruchteil der Energie wie vor einigen Jahren. Allerdings wurden die Bildschirme wesentlich größer und in jedem Haushalt befinden sich durchschnittlich 4-6 davon.
Effizientere Motoren und kleinere Autos sollten im Verkehrswesen die Energiewende bringen. In den 80er Jahren beschäftigte die Autoindustrie einen möglichst kleinen Wagen auf den Markt zu bringen. Doch dann schlug das Pendel in die Gegenrichtung aus: Im Trend liegt nun der energie-optimierte Geländewagen für die Stadt, der für innerstädtische Strukturen völlig überdimensioniert ist.
Die Wirtschaft selbst wird dabei immer effizienter: Die Energieintensität pro Wirtschaftsleistung wurde in den letzten Jahrzehnten erheblich reduziert. Wir schaffen immer mehr Wertschöpfung mit immer weniger Ressourcen. In den vergangenen Jahren (1995-2012) hat in Österreich die Wertschöpfung pro Kilogramm Materialeinsatz von 1,10 € auf 1,50 € um 34 % zugenommen.
Auch die Politik hat viel dazu beigetragen, dass Energien effizienter eingesetzt werden. Förderungen und Gesetze steuern Maßnahmen der Wirtschaft und auch der Konsumenten. Leider hat das aber nicht dazu geführt, dass die Energieverbräuche in absoluten Zahlen zurückgegangen sind – im Gegenteil: Es wird immer mehr Energie verbraucht.
Das Phänomen Rebound-Effekt ist schwer zu fassen
Das Phänomen Rebound-Effekt ist schwer zu fassen, oft nicht zu berechnen oder vorauszusehen, da verschiedenste Faktoren auf unterschiedlichen Ebenen zusammenwirken.
Auf Konsum-Ebene spricht man von direkten oder indirekten Rebound-Effekten, auch mit psychologischen Erklärungsfaktoren.
Wenn man ein Auto mit weniger Verbrauch hat, fährt man öfter und weiter, weil man ein „besseres Gewissen“ hat. Oder aber: Man investiert die tatsächliche Einsparung in andere Investitionen (z.B. fliegt ein Wochenende nach Berlin). Energietechnisch sanierte Häuser bringen oft nicht die Einsparungen, die erwartet wurden: Die Menschen freuen sich über ihre warmen Häuser und drehen die Heizung mehr auf. Außerdem steigt seit Jahren die Wohnfläche pro Kopf. Jeder Konsum geht natürlich mit Energieverbrauch einher; Kosten und Preise sind also die klassische, ökonomische Erklärung für den Rebound-Effekt.
Auf der Produzentenebene konnte man unterschiedliche Dinge feststellen
- Nachdem die Produktion energieeffizienter wurde, wurde die Produktion ausgeweitet, da man das Produkt in vielen Fällen billiger anbieten konnte und somit auch die Nachfrage stieg.
- Die Produktpalette wurde erweitert, und man hat in andere Bereiche zusätzlich investiert.
- Einige Produkte aus der Palette wurden zu einem luxuriöseren Produkt umgearbeitet und somit die Effizienzsteigerung mit dem gleichen Produkt abgeschöpft.
- In einigen Fällen wurden auch Gehälter erhöht – was indirekt zu mehr Konsumation führt.
DER treibende Faktor des wirtschaftlichen Wachstums?
Der Rebound-Effekt ist durch diese Verflechtungen und die Einflüssen vieler Faktoren wie Arbeitsproduktivität, Kapitalproduktivität und Konsumverhalten sehr dynamisch. In diversen Studien – je nach Sparte und Abgrenzung wurde der Rebound-Effekt von 10 bis 110 % beziffert. Vielleicht ist der Rebound-Effekt sogar DER treibende Faktor des wirtschaftlichen Wachstums. Produktinnovationen durch gesteigerte Effizienz führt zu mehr Nachfrage. Diese ökonomische Beschleunigung hat zu einer massiven sozialen Beschleunigung geführt, wie wir sie in den letzten Jahren wahrgenommen haben. Neue Technologien verändern unsere Kultur, unsere Denkweisen, wir sind mittlerweile gewohnt in Strukturen des Wachstums und der Effizienz zu denken. Dieses Denken hat sich seit der industriellen Revolution in unseren Köpfen festgesetzt, es wurde zu einer uns innewohnenden Gewohnheit, sodass wir unsere täglichen Handlungen oft automatisch auf Effizienz überprüfen.
Um Rebound-Effekte besser in den Griff zu bekommen, bedarf es einer sehr umfassenden Herangehensweise. Politische Maßnahmen greifen nicht weit genug. Unternehmensformen, die zur Gemeinwohlökonomie beitragen, müssten besser gefördert werden. Momentan sind die Unternehmen im Vorteil, die Kosten z.B. ins Ausland abwälzen können – dazu gibt es etwa in Deutschland die Initiative Nehmen und Geben.
Ist es auch auf persönlicher Ebene möglich mit mehr Achtsamkeit Rebound-Effekte zu vermeiden oder sich zumindest dafür zu sensibilisieren? Der erste Schritt könnte eine einfache Selbstbeobachtung sein – oder einfach mal nichts tun.
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