Michael Pfleger ist Projektentwickler für Photovoltaik- und Windkraftwerke bei der oekostrom AG. Im Interview spricht er über seine Aufgaben und aktuelle Projekte, aber auch über sein privates Engagement im Umweltbereich.
Du bist nun seit 1. Jänner 2021 bei der oekostrom AG – was sind deine Eindrücke aus deinem ersten Jahr? Wie bist du zur oekostrom AG gekommen?
Der Einstieg war auf jeden Fall sehr spannend und auch speziell, insbesondere auch deshalb, weil zu dieser Zeit gerade wieder einmal ein Lockdown war und ich meine ersten paar Arbeitswochen gleich im Homeoffice verbracht habe. Ich bin aber trotzdem sehr gut aufgenommen und schnell mit spannenden Aufgaben betraut worden. Insgesamt fällt mein Rückblick auf mein erstes Jahr bei der oekostrom AG daher sehr positiv aus. Es ist beeindruckend, wie viel im gesamten Unternehmen im letzten Jahr umgesetzt und erreicht werde konnte. Hier haben sich meine Erwartungen an die oekostrom AG auf jeden Fall erfüllt: nämlich das ein kleines aber fachlich sehr kompetentes Team mit hoher Einsatzbereitschaft und vor allem auch großer persönlicher Überzeugung der Sinnhaftigkeit der eigenen beruflichen Beschäftigung am Werken ist. Das ich jetzt auch Teil dieses Teams bin und auch etwas zur Erreichung einzelner dieser Erfolge beitragen konnte, ist natürlich ein schönes Gefühl. Nachträglich bin ich also extrem froh, dass ich mich damals dazu entschieden habe, eine Bewerbung für die Stelle bei der oekostrom AG abzugeben. Oftmals ist es ja – auch wenn man unzufrieden ist – schwer neue Wege einzuschlagen, und man ist dazu verleitet einfach in gewohnter Art und Weise weiterzumachen.
Du warst davor u.a. im Projektmanagement bei der STRABAG tätig. Was hast du dort gemacht?
Ich war bei der STRABAG im Energie Projektentwicklungsteam und habe an der Entwicklung von erneuerbaren Energieprojekten, hauptsächlich im europäischen Ausland, gearbeitet. Neben den klassischen erneuerbaren Energieträgern hat vor allem auch die Geothermie eine wichtige Stellung eingenommen.
Was hat dich ursprünglich dazu bewegt, deine berufliche Laufbahn in der Energiebranche – und da in dem Bereich der Erneuerbaren – zu starten?
Schon im Laufe meines Studiums hat mich die Möglichkeit, Energie aus nachhaltigen Ressourcen und somit auf einer umweltfreundlichen Art und Weise zu erzeugen, fasziniert. Vor allem der Kontrast zu den Importen der umweltschädlichen und zu einem massiven Kaufkraftabfluss führenden fossilen Brennstoffe hat mir bereits früh klar gemacht, dass die Branche der Erneuerbaren Energien in Zukunft eine bedeutende Rolle einnehmen wird und es sicher viele interessante Jobmöglichkeiten in diesem Bereich geben wird.
Aber auch den Umstand, dass hier vor allem zu Beginn oftmals kleine regionale Bürgergemeinschaften und technisch affine Tüftler zukunftsfähige Energiekonzepte geschaffen und weiterentwickelt haben, also ein wirklich starker Bottom-up-Ansatz maßgeblich am Erfolg beteiligt war, habe ich sehr sympathisch gefunden.
Welche Aufgaben hast du bei der oekostrom AG?
Ich bin im Team der oekostrom Produktions GmbH vor allem für die Prüfung und wirtschaftliche Bewertung von Kaufprojekten zuständig. Also von fertig entwickelten, oder auch schon in Betrieb genommenen Photovoltaik- oder Windprojekten, die von den jeweiligen Eigentümer:innen aus verschiedenen Gründen zum Verkauf angeboten werden. Darüber hinaus bin ich auch in die wirtschaftliche Bewertung unserer eigenen „greenfield“ Projekte involviert und habe hier z. B. Wirtschaftlichkeitsmodelle zur einfacheren Beurteilung der Projekte erstellt.
Immer mehr Menschen haben mittlerweile verstanden, dass an einem Umbau von Gesellschaft und Wirtschaft kein Weg vorbeigeht. Was braucht es deiner Meinung nach, damit wir diesen Wandel noch rascher und effizienter schaffen? Wie können wir die Menschen von dieser nachhaltigen Energiezukunft überzeugen?
Ich denke es ist von großer Wichtigkeit, den Menschen noch besser zu erklären, dass der bereits begonnene Weg der Umstellung des Energiesystems auf erneuerbare Energien der einzige Weg ist, um einige der zentralen Herausforderungen unserer Zeit erfolgreich meistern zu können. Die Problematik der Klimakrise ist für viele vielleicht immer noch ein komplexes und gefühlt eher weit entferntes Themenfeld, aber gerade aktuell wird anhand der an den Strombörsen massiv steigenden Strompreise auch gut verdeutlicht, welche erheblichen Auswirkungen die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern auch monetär für jede:n Einzelne:n von uns haben kann. Diese Preisexplosion, in diesem Fall verursacht durch internationale Krisen bzw. geopolitischen Spannungen in Zusammenhang mit den Gaslieferungen nach Europa, kann von einem kleinen Land wie Österreich in keinerlei Weise ernsthaft beeinflusst werden.
Nur durch den Ausbau von Kraftwerken, die die auch bei uns vorhandenen Ressourcen (Wind, Sonne, Erdwärme) effizient nutzen, können wir diesen Abhängigkeiten entgegenwirken und günstige und vor allem umweltfreundliche Energie bereitstellen.
Die Notwendigkeit einer fortschreitenden Energieautarkie anhand der derzeitigen Preisentwicklungen sollte also meiner Einschätzung nach verstärkt genutzt werden, um auch jene Personengruppen aus der Bevölkerung und Wirtschaft vom Umbau des Energiesystems zu überzeugen, denen der Schutz des Klimas allein bisher nicht Grund genug für die aktive Teilnahme war. Und eine möglichst breite aktive Teilnahme an bzw. persönliche Überzeugung von der Bedeutung dieser Umstellung ist essenziell, um rasch zum angestrebten Ziel zu kommen.
Wen müssen wir für die erneuerbare Energiewende besonders in die Pflicht nehmen? Oder anders gefragt: wo in deinem Bereich erlebst du im Geschäftsalltag die meisten Hürden, die es abzubauen gilt?
Die auf Landes- bzw. Gemeindeebene agierenden politischen Entscheidungsträger. Teilweise ist es wirklich schade mitanzusehen, wie wohl überlegte und auch von Bürger:innen unterstütze bzw. teilweise sogar initiierte Projektideen in der Schublade verstauben, weil ein weiterer Ausbau z. B. von Windkraftwerken grundsätzlich politisch nicht gewünscht ist. Hier würde ein gemeinsamer (Bund, Land, Gemeinden, Unternehmen und NGOs) erneuerbarer Entwicklungsplan mit klar auch auf Landes- bzw. Gemeindeebenen heruntergebrochenen Zielen und ausgewiesenen Projektgebieten sehr hilfreich – und für die Erreichung der bis 2030 gesteckten Ziele eigentlich unumgänglich – sein.
Im Dezember 2021 hat die oekostrom AG fünf PV-Freiflächenanlagen in der Slowakei übernommen. An fünf Standorten im Osten des Landes wird jährlich 5.500.000 kWh sauberer Sonnenstrom produziert – das entspricht dem Durchschnittsbedarf von rund 1.600 Haushalten – und wird zu einem attraktiven Fixtarif in das slowakische Stromnetz eingespeist. An dieser Akquisition warst du federführend beteiligt. Welche Bedeutung hat dieses Projekt für die oekostrom AG, aber auch für dich persönlich?
Mit dieser Akquise kann die oekostrom AG ihre Produktionskapazitäten mit einem Schlag deutlich – um ca. 10 % – steigern. Diese Steigerung ist schon recht beachtlich und unterstreicht vor allem auch die Ernsthaftigkeit mit der unser, auch den Aktionär:innen in Aussicht gestellte, Wachstumskurs eingeleitet wird. Das ich zur schlussendlich erfolgreichen Akquise beitragen konnte, freut mich natürlich ganz besonders und rundet mein erstes sehr spannendes Jahr bei der oekostrom AG perfekt ab.
Welche Pläne seitens der Produktion gibt es für 2022?
Wir verfolgen derzeit eine wirklich sehr große Anzahl an Projektideen in verschiedenen „Reifegraden“ und Konstellationen. Neben dem Start der Bauarbeiten für unser großes Repowering-Projekt arbeiten wir z.B. intensiv an den Planungen für mehrere als s.g. Agri-PV-Anlagen konzipierte Freiflächenanlagen oder Aufdachanlagen, die wir ähnlich zu unserer kürzlich in Betrieb genommenen Anlagen in Parndorf wieder als Überschusseinspeiser konzipieren möchten. Zusätzlich prüfen wir gerade auch noch ausgewählte Kaufoptionen für bestehende Anlagen in der Slowakei und Deutschland. Ein sehr interessantes Thema, das uns in der Produktion den nächsten Monaten auch noch intensiv beschäftigen wird, ist ein möglicher Markteintritt in einen für die oekostrom AG noch neuen Wachstumsmarkt. Insgesamt steht uns also tatsächlich ein sehr spannendes und arbeitsreiches neues Jahr bevor. Zur bestmöglichen Bewältigung dieser und der vielen weiteren spannenden Aufgaben werden wir uns zeitnah auch noch mit neuen Kräften verstärken.
Engagierst du dich auch privat im Umwelt- und Nachhaltigkeitsbereich?
Ja, Umwelt und Nachhaltigkeitsthemen liegen mir tatsächlich sehr am Herzen. Ich versuche auch privat z. B. durch bewusste Ernährung, wohl überlegten Konsumentscheidungen oder auch die regelmäßige Teilnahme bei Demonstrationen einen zumindest kleinen Beitrag zur Schaffung einer gerechteren und nachhaltigeren Welt zu leisten.
Wo siehst du die oekostrom AG, die österreichische, aber auch die europäische Energiebranche in 10–20 Jahren?
Ich bin davon überzeugt, dass der bereits begonnene Umbau der Energiesysteme in 20 Jahren vielleicht noch nicht beendet, aber zumindest sehr weit fortgeschritten sein wird. Ich stelle mir vor, dass bereits eine Massenelektrifizierung stattgefunden hat und parallel dazu auch wichtige Schritte in Zusammenhang mit Energieeinsparungsmaßnahmen abgeschlossen wurden. Gleichzeitig habe ich das Bild einer deutlich gestiegenen Lebensqualität vor allem in den großen Städten aufgrund der deutlich verbesserten Luftqualität vor mir. Eine sehr schöne Vorstellung, an der dann auch die oekostrom AG durch die Umsetzung einer großen Anzahl an gut geplanten erneuerbaren Energieprojekten und der fortlaufenden wichtigen Bewusstseinsbildung wesentlichen Anteil gehabt haben wird.
Dein persönlicher Nachhaltigkeitstipp für den Alltag?
Versuchen das eigene Konsumverhalten etwas kritischer zu hinterfragen und Einkäufe wie z. B. Kleidung etwas überlegter zu treffen. Auch ein als noch so „grün“, „nachhaltig“ oder „umweltfreundlich“ angepriesenes Produkt hat eine Auswirkung, z. B. auf den Ressourcenverbrauch. Die einzig tatsächlich nachhaltige Konsumentscheidung wäre die Entscheidung einfach einmal nichts zu konsumieren.
Mehr zum PV-Projekt in der Slowakei gibt es in unserer Presseaussendung.
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