Im Juni diesen Jahres titelte die BBC alarmierend: “Climate Change: 12 years to save the planet? Make that 18 months”. Zum fünften Geburtstag des Pariser Klimaabkommens gibt es viel zu sagen, respektive zu schreiben. Eine Bilanz zwischen Alarmismus und Zögern. Zugegeben, ganz so eindeutig wie oben beschrieben, ist die Situation nicht, der Großteil der wissenschaftlichen Prognosen für die Bekämpfung der Klimakrise liegt irgendwo zwischen den obigen Zeitfenstern. Fest steht aber, viel Zeit bleibt nicht. 

Zurück in die Vergangenheit

Es ist der 12. Dezember 2015, 5000 Delegierte aus 195 Ländern der Erde sitzen dicht gedrängt im Pariser Konferenzsaal. Spannung liegt in der Luft und doch ist die Situation schon jetzt historisch. Noch vor wenigen Jahren hatte man es nicht einmal wagen können an Verhandlungen dieser Art zu denken. All diese Menschen sind nicht etwa wegen einer Bankenrettung oder dem Verkauf eines Waffensystems zusammengekommen. Nein, sie sitzen auf der Weltklimakonferenz und widmen sich der Klimakrise.

Um 19:25 ist man sich einig, wie sich die globale Wirtschaft in den kommenden 40 Jahren verändern soll.

Über eine Zeitspanne mehr als doppelt so lang, wie ich oder wie viele andere, die sich seit beinahe zwei Jahren für den Klimaschutz einsetzen, auf der Welt sind. Eine ungeheuer lange Zeit. Jedenfalls mag es einem so vorkommen, denn Vergleiche für ähnlich weitreichende Beschlüsse finden sich in der Geschichte nicht.

Das alles ist jetzt 5 Jahre her. Als das Pariser Abkommen verabschiedet wurde, da saß ich in der vierten Klasse eines Wiener Gymnasiums. Am Abend nach der Schule habe ich in der ZIB einen Beitrag dazu gesehen. Interessiert habe ich mich nicht besonders dafür.
Das hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Heute ist das, worum es in dem Abkommen geht, ein fixer Bestandteil meines Lebens. Ich habe den Eindruck, dass es da heute ein viel breiteres Bewusstsein gibt als vor 5 Jahren. Zumindest ist es mir in meinem letzten Schuljahr so vorgekommen. Ich habe mich oft auf Schulfluren mit Schüler*innen aus der Unterstufe über das Klima unterhalten, oder Fragen dazu beantwortet. Das ist eine schöne Entwicklung, die wohl eher zu als abnehmen dürfte.

Die Frau dahinter

Verwirklicht wurde das Projekt von Christiana Figueres. Als UN Executive Secretary for Climate Change gelang es ihr die Staaten der Weltgemeinschaft für ein solches Abkommen zu einen. Sie stammt aus einer politischen Familie. Ihr Vater war dreimaliger Präsident Costa Ricas und gilt heute als moderner Vater des Landes.

Sie selbst war, wie sie schildert, lange unsicher, ob das Abkommen denn in dieser Form überhaupt zustande kommen könne. Angetrieben wurde sie vor allem durch die Tiefe Überzeugung der Notwendigkeit einer solchen Einigung. Oder um sie sprechen zu lassen: “I am a stubborn optimist”.

Diese Überzeugung nimmt auch in ihrem Buch “The Future We Choose” eine zentrale Rolle ein. Klare Leseempfehlung! Neben spannenden Hintergrundinfos, welche Steine aus dem Weg geräumt werden mussten, um das Abkommen entstehen zu lassen, bietet das Buch viele wichtige Anregungen für eine grüne Zukunft.

Eine Luftaufnahme eines Solarparks zeigt Reihen von Solarmodulen auf grünem Gras, die die Ziele des Pariser Klimaabkommens widerspiegeln. Daneben ergänzen ein Feldweg und Bahngleise diese faszinierende Szene, die Leo Zirwes meisterhaft eingefangen hat.

Und dann?

Die bisherige Geschichte des Pariser Klimaabkommens ist keine reine Erfolgsgeschichte. Auf dem Papier ist es der Masterplan für alle. Es gilt ihn nur konsequent umzusetzen. Und da sieht es dann anders aus. Derzeit versucht jeder Vertragsstaat besser dazustehen als die anderen. Auf internationaler Ebene ist jeder Staat versucht, dem anderen den schwarzen Peter abzugeben. Aber woraus besteht der eigentlich? Der steckt in der Forschung und im Ausprobieren von neuen Lösungsansätzen.

Weil die Kosten für das Land, welches als erstes neue oder im Fachsprech ausgedrückt, disruptive Technologien einsetzt, am höchsten sind, die Gewinne aber gleichzeitig am niedrigsten, versucht man zu einem möglichst “günstigen” Zeitpunkt auf diese umzusatteln. Der ist meist dann gekommen, wenn die Forschungsgelder für die Entwicklung neuer technischer Errungenschaften schon ausgeben sind und die Produkte in kleinem Maße auf dem Markt getestet wurden, sprich Absatz gefunden haben.

Was fehlt, ist der globale Zusammenhalt für ein globales Problem. Viel zu oft wird hier die eigene Wahrnehmung als objektive Realität ausgegeben und es wird vergessen, dass man über Landesgrenzen hinweg denken muss, wenn man die Probleme unserer Zeit anpacken möchte.

Die Taktik des Verschiebens und Abwartens wird zukünftig nur noch weitreichendere Folgen haben. Dass so vorgegangen wird, wird zum Teil auch durch die Vertragsstruktur des Abkommens begünstigt. So wird es in der Fachliteratur im Wesentlichen als “a statement of good intentions” abgestempelt, dem die Wesenheit des Rechts abgesprochen wird.

Medial wimmelt es zwar von Bildern an Windkraftanlagen und Sonnenkollektoren, aber das ist erst die halbe Miete. Will man die Klimaziele von Paris erreichen, so braucht es nicht nur das, sondern es muss aktiv CO2 aus der Atmosphäre gezogen werden. In der Fachwelt nennt man das negative Emissionen. In diesem Bereich ist derzeit erst wenig passiert.

Der Aussteiger

Und dann gibt es noch die Aussteiger, Verzeihung, ich meinte den Aussteiger, bisher ist nur ein einziges Land aus dem Abkommen ausgestiegen. Die USA. Was unter der Führung Donald Trumps geschah, das will Joe Biden nun an seinem ersten Amtstag als Präsident wieder rückgängig machen.

Eigentlich ist das für ein solches Übereinkommen eine sehr gute Quote. Wenn es sich bei dem Verweigerer denn nicht gerade um den zweitgrößten CO2-Emittenten der Welt handeln würde.

Drei Menschen, die mit zwei Hunden auf einer Wiese spazieren gehen, umgeben von schneebedeckten Bergen unter einem klaren blauen Himmel, scheinen den Geist des Pariser Klimaabkommens zu verinnerlichen, während die Natur ringsum gedeiht.

Die Gewinner

Wenn das Abkommen konsequent umgesetzt wird, dann profitieren wir alle davon. Derzeit herrscht dabei aber noch eher Aufholbedarf. Einige Länder sind aber schon vom Warten und Zögern abgekommen und widmen sich dem Tun und Machen.

Vor allem die skandinavischen Länder führen hier. Mit innovativen Konzepten und staatlichen Subvention versuchen sie gegen die Klimakrise vorzugehen. Hier kommt ihnen ihre geographische Lage zugute. Die Buchten der Nordsee und des Nordmeeres sorgen für reichliche Möglichkeiten, Energie mit Hilfe von Wasserkraftwerken zu erzeugen.

Norwegen, als einziger nicht EU-Staat in Skandinavien, peilt sogar an 2030 klimaneutral zu sein. Derweil rechnet man im Rest Europas eher mit einer weitgehenden Minimierung des CO2-Ausstoßes bis zur Mitte des Jahrhunderts.

Die nächste Station auf dem Weg in eine Zukunft der Klimaneutralität steht jetzt an. Heute stimmt der Europarat über weitere Reduktionsziele ab. Next stop 1,5°C.