Der Müll scheint uns über den Kopf zu wachsen: 1 Million Tonnen Kunststoff werden für Verpackungen verwendet. Im Jahr, in Österreich. 4,3 Millionen Tonnen Müll produzieren die österreichischen Haushalte. Ebenfalls pro Jahr.

Die Tageszeitung Der Standard hat sich die Mühe gemacht, das bildlich umzusetzen, um die Masse Müll besser verstehen zu können: 40 Millionen Kubikmeter Müll in Badewannen umgerechnet ergeben 1,8 Millionen Stück. Immer noch unvorstellbar. Aber laut Bundes-Abfallwirtschaftsplan wahr. Zeit, etwas zu ändern.

Der Fotograf Antoine Repessé sammelte vier Jahre lang Müll in seiner Wohnung und zeigt mit seinem Projekt „#365 Unpacked“, wie sehr wir uns zumüllen. Die Künstlerin Jane Parkins durchsucht den Müll nach altem Spielzeug und Plastik, neue Kunstwerke entstehen daraus. Andreas Fath schwamm die 1.231 Kilometer von der Quelle des Rheins bis zu dessen Mündung, und zeigt auf, wie es um die Wasserqualität steht (schlecht!). Christina Dean macht mit ihrem Projekt „The 365 Challenge“ auf den stetig steigenden Textilkonsum aufmerksam. Sie trug ein Jahr lang nur Kleidung, die andere weggeworfen hatten. Und sah dabei auch noch gut aus. Olga Witt und Bea Johnson hatten es satt, so viel Müll im eigenen Haushalt zu produzieren, krempelten ihr Leben um und wurden zu Zero Waste Vorreiterinnen. Helene Pattermann gründete die Plattform Zero Waste Austria. Es tut sich etwas. Und das ist auch dringend notwendig

Projekte und kreative Köpfe, die andere mitreißen und vor allem inspirieren, gibt es viele. Man muss nicht gleich die Wimperntusche selber machen, die Zähne mit einem Wildkraut putzen und Feuchtpapier durch eine Klodusche ersetzen (Feuchtpapier hingegen ersatzlos zu streichen, wäre gut). Man kann mit einer Mülldiät starten, schlägt Helen Pattermann vor. Trinkflasche, Einkaufstüte, Jausenbox – ab in den Rucksack und immer dabei haben – ist ein erster guter Schritt. „Reduzieren, wiederverwenden, recyceln, verrotten“ bringt Bea Johnson Zero Waste auf den Punkt.

Aber wie sehr macht das einen Unterschied. Ist das nur Tüpfelchen auf dem i? Oder bewirken wir damit wirklich etwas? Wie groß ist die Zero Waste Bewegung? Sind das Einzelkämpfer, Vorbilder, Heros, die sich mit einem Glas Müll, der bei ihnen pro Jahr anfällt, ins Rampenlicht stellen können. So wie Bea Johnson, die Null Müll verbraucht, dafür aber um die Welt fliegt, um die frohe Botschaft zu verkünden. „In Zahlen ist das schwer auszudrücken. Aber man spürt die Veränderung. Menschen reden und handeln, sind sich ihres Müllkonsums bewusst, ändern etwas. Viele Projekte entstehen, wir bekommen sehr viele Anfragen, gerade von Start-ups, was sie verändern können. Seit einem halben Jahr bieten wir auch Workshops an. Unsere Plattform sammelt Ideen und inspiriert dadurch. In den Facebook-Gruppen von Zero Waste findet man auf so gut wie jede Frage eine rasche Antwort,“ so Helene Pattermann. Auch die Industrie erwacht. Langsam. Umdasch – ein Kooperationspartner von Zero Waste Austria – hat ein Spendersystem entwickelt, das es ermöglicht, im Supermarkt Putzmittel und anderes nachzufüllen. „Liquid Dispenser“ heißt das gute Ding und wird gerade getestet. Die Marke „Ja natürlich“ setzt auf Milchflaschen, leider sind es noch Einwegflaschen.

Ich bin vor Zero Waste weit entfernt. Auch wenn ich brav Müll trenne und Gemüse am Markt einkaufe und kein Plastiksackerl verwende und meinem lieben Mann jedes Mal sage, er soll verdammt noch mal nicht verpacktes (vorgeschnittenes!) Gemüse (grrrr!) kaufen, werfe ich doch jeden Tag eine Blechdose in den dafür vorgesehenen Mülleimer – Hundefutter kommt verpackt daher, ob ich will oder nicht. Zumindest kann man mir zugute halten, dass ich seit kurzem Brot und Nudeln selber fabriziere. Demnächst werde ich mich zur „Füllbar“ aufmachen und dort alles nachfüllen lassen, was ich an Putzmitteln brauche.

„Zero Waste im Alltag umzusetzen ist nicht immer leicht“, sagt Helene Patermann. „Es braucht noch mehr Lösungen, die das Müll vermeiden erleichtern. Aber man soll sich die Latte nicht zu hochlegen. Wer seinen Müll schon mal um die Hälfte reduziert, ist auf einem guten Weg. Wir finden, jeder Schritt zählt.“

Bei der Recherche zu diesem Artikel habe ich gemerkt, dass es Spaß macht, draufzukommen, was man alles nicht braucht, nicht mehr einkaufen muss, weil damit sofort wieder Müll anfällt. Die häufigste Antwort ist: Nein danke. Nein danke, kein Sackerl, kein gratis Katalog, keine Werbung, kein verpacktes Obst und Gemüse, keine Verpackung. Olga Witt, Bea Johnson und einige andere haben sich da viel Mühe gemacht, Tipps und Tricks zusammenzutragen. Kein Streit, wer den Müll hinausbringt, ist nur ein Vorteil. Das Beste aber ist, dass man merkt, wie wenig man wirklich für ein gutes Leben braucht. 40 % weniger Haushaltsbudget hat Bea Johnson errechnet und damit ihren Mann gänzlich von Zero Waste überzeugt. Was bringt das Umdenken also? Ein besseres Leben für einen selbst. Das ist ja Ansporn genug. Um die Industrie kümmern wir uns dann noch.

Foto: Antoine Repessé aus dem Projekt „#365 Unpacked“