Seit dem 1.1.2021 hat Österreich keine Klimaziele mehr. An diesem Stichtag sind die bis dahin bestehenden Klimaziele ausgelaufen. Neue Ziele wurden nicht in Gesetzesform gebracht. Und das, obwohl wir mit dem derzeitigen Kurs der Klimapolitik die Klimaziele der EU wesentlich verfehlen werden.
Die Hintergründe
Das Völkerrecht, aber auch das Europarecht, erlauben es Österreich nur gewisse Mengen an Treibhausgasen auszustoßen. Im Völkerrecht ist dabei das Übereinkommen von Paris zu nennen. In der Materie des Europarechts entfallen weite Anteile der Verpflichtungen Österreichs auf die im Oktober 2003 erlassene Emissionshandelsrichtlinie, sowie den Beschluss der EU zur Lastenteilung. Wie aber nun dieses Treibhausgasbudget auf die einzelnen Sektoren aufgeteilt wird, das hat der Staat festzulegen. Um das zu bewerkstelligen, dazu wurde das Klimaschutzgesetz erlassen. Das Gesetz wies für Jahr 2020 einen landesweiten Höchstausstoß von 48,8 Mio. t Co2-Äquivalent aus. Der wirkliche Höchstaustoß lag allerdings eine 1. Mio. t niedriger, denn das Gesetz wurde seit der Umstellung der Bilanzierungsregel nicht novelliert.
Dringend notwendig ist es hier Maßnahmen zu setzen, weil Österreich im EU-Vergleich beim Klimaschutz erschreckend schlecht abschneidet. Die Treibhausgasemissionen in der EU sind zwischen 1990 und 2017 um 25% gesunken. In Österreich hingegen sind sie im selben Zeitraum um 5% angestiegen. Auch darf nicht vergessen werden, dass Österreich seit 1990 (!) ausnahmslos jedes einzelne seiner Klimaziele verpasst hat.
Ein Spiel auf Zeit
Der Entwurf für das nächste Klimaschutzgesetz, der scheint seit Monaten schon zu stehen. Er trifft aber auf Widerstand. Allen voran stellt sich hier die Wirtschaftskammer entgegen. Im Frühjahr und Frühsommer hat sich das auch medial recht gut mitverfolgen lassen. Immer wieder las man von kleineren und größeren Schlagabtauschen. So hat die Wirtschaftskammer den damals stehenden Entwurf als “untragbar” und “überambitioniert” betitelt. Die Umweltministerin strich daraufhin die Notwendigkeit eines solchen Vorgehens für die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Österreich heraus. All das Hin und Her und auch die Blockadehaltung diverser Interessensgruppen, sie kosten uns wertvolle Zeit, um gegen die Klimakrise vorzugehen. Zeit, die wir eigentlich schon lange nicht mehr haben.
Teuer wird’s wohl werden
Oft wird hier am Klimaschutzgesetz und seiner Novellierung die Kritik laut, dass das Gesetz enorm teuer sei, dass es eine zusätzliche Mehrbelastung bedeutet. Dabei wird ausgeklammert, dass a.) bei Nichterreichen der Klimaziele, zu denen sich Österreich bekannt hat, Strafzahlungen in Milliardenhöhe fällig werden würden. Und b.) dass ganz nebenbei das Nichthandeln in Form von durch den Klimawandel verursachten Schäden selbst auch massive Mehrbelastungen verursachen würde.
Schon weil Österreich 2012 die Reduktionsziele des Kyotoprotokolls (dem Vorgängerabkommen des Pariser Klimaabkommens) nicht erreichte, wurde eine Strafe in Höhe von 400 Millionen Euro fällig.
Werden die Klimaschutzziele der EU nicht erreicht, so wird es in Bälde notwendig sein, Co2-Zertifikate nachzukaufen. Deren Kosten würden laut eines Berichts des Bundesrechnungshofes wohl 9,2 Milliarden Euro betragen. Zum Vergleich, ebenso viel Geld gab die Bundesregierung im vergangenen Jahr für die Schulen Österreichs aus.
Wie es wohl werden wird
Feststehen dürfte, dass die Novelle des Klimaschutzgesetzes, wann auch immer sie denn nun erlassen wird, durchaus positive Neuerungen mit sich bringen wird. Ziel wird es sein, Österreich bis zum Jahr 2040 klimaneutral werden zu lassen. Also ganze 10 Jahre früher, als die EU dieses Ziel erreichen möchte.
Auch soll dem Gesetz ein neuer Mechanismus beigefügt werden. Sollte sich zukünftig in den Prognosen abzeichnen, dass die Klimaziele verfehlt werden, sollen unter Einbeziehung eines wissenschaftlichen Beirats Sofortmaßnahmen erstellt werden. Vorrangig sollen diese sich dann gegebenenfalls an jene Sektoren richten, die über die Klimaziele hinausschießen.
Was es braucht
Vor allem braucht das Klimaschutzgesetz, so sehe ich das jedenfalls, ein verbindliches Treibhausgasbudget und einen jährlichen Reduktionspfad für Österreichs THG-Emissionen. Jetzt ist die Zeit festzusetzen, wie man die nächsten 19 Jahre gestalten möchte. Das hier, wie manch ein Kritiker ins Feld führen mag, der Handlungsspielraum kommender Bundesregierungen einschränkt wird, steht außer Frage. Die wissenschaftlichen Vorgaben, ja die Zahlen, die uns gerade – abgesehen von den immer stärker werdenden Einflüssen des Klimawandels – die Auswirkungen unseres heutigen Handelns begreiflich machen, die orientieren sich nicht an politischen Meinungen. Sie sind ein Umstand, den es als Teil unserer Wirklichkeit zu verstehen gilt. Hier jetzt eine Verzögerungstaktik, ein immer wieder Zuwarten auf die nächste Legislaturperiode, das würde die Situation noch verschärfen und so die Kosten, die auf uns alle zukommen, noch weiter in die Höhe treiben. Der Zugewinn eines solchen Vorgehens, der wäre auch ein wirtschaftlicher. Fände man hier ein konkretes und auf eine längere Zeitdauer gerichtetes Ziel, so würde man in Österreich das schaffen, was andernorts oft fehlt: Planungssicherheit.
Was es außerdem braucht
Ein anderer Hebel, den es zu ergreifen gilt, ist eine klare Zuteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern. Hier sollte insbesondere auf die doch verschiedenen Ausgangslagen und Möglichkeiten der Bundesländer eingegangen werden und jeweils angepasste Maßnahmen gefunden werden.
Ein drittes Anliegen, dass ich hier sehe, ist die Schaffung von Rechtsschutz. Es braucht die wirksame Durchsetzungsmöglichkeit Privater, wenn hier diese oder aber zukünftige Regierungen an den Klimazielen vorbeischrammen. Das muss man geltend machen können.
Gegenwärtig ist der Verkehr das größte Sorgenkind, wenn es um überhohe Treibhausgasemissionen geht. Das liegt teils am hohen Grad der Zersiedelung, den wir in Österreich haben, zum Anderen aber auch an der hohen Popularität von SUV und das hohe Aufkommen an Lkws. Hier wird es wohl eigener, sektorspezifischer Regelungen bedürfen. Aber auch ein fixer Pfad für diesen Sektor wäre durchaus sinnvoll.
At least
Versteht man Recht nun wie Georg Jellinek als “ethisches Minimum”, dann ist das Fehlen eines geltenden Klimaschutzgesetzes bezeichnend. Dieser Rückschluss vom Recht auf die Moral ist ja etwas, das sich grundsätzlich bei allen Gesetzen zeigt und widerspiegelt. Nämlich darin, wie sehr ein Gesetz sich der gesellschaftlichen Akzeptanz erfreut. Wenn das, wie hier, nur so kläglich wenig der Fall zu sein scheint, dann wird auch merklich, wie viel hier noch zu tun, noch zu leisten ist, bis wir dort sind, wo wir evident hinmüssen.
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