Es ist nichts Neues, dass der Klimawandel unfair ist. Die Schwächsten am härtesten trifft. Die primären Verursacher:innen am mildesten. Zu wenig diskutiert wird, dass Klimagerechtigkeit auch Gendergerechtigkeit bedeutet.

„ (…) Parties should, when taking action to address climate change, respect, promote and consider their respective obligations on human rights, the right to health, the rights of indigenous peoples, local communities, migrants, children, persons with disabilities and people in vulnerable situations and the right to development, as well as gender equality, empowerment of women and intergenerational equity (…).“. So die, man könnte mit Recht sagen, utopische Präambel der Pariser Klimaziele. Es ist nichts Neues, dass der Klimawandel unfair ist. Die Schwächsten am härtesten trifft. Die primären Verursacher:innen am mildesten. Zu wenig diskutiert wird, dass Klimagerechtigkeit auch Gendergerechtigkeit bedeutet. Dementsprechend jung ist auch die Forschung zu diesem Thema. In nur 40% der nationalen Klimastrategien wird das Thema Frauen überhaupt erwähnt. „Alle Aspekte der Klimakrise haben eine Gender-Dimension: Frauen und Männer tragen unterschiedlich zu den Ursachen bei, werden unterschiedlich von den Auswirkungen getroffen und wählen unterschiedliche Lösungen zur Eindämmung des Klimawandels (…).“, heißt es bei UN women.

Frauen trifft die Klimakrise stärker

Inwiefern sind die Geschlechter unterschiedlich betroffen? Frauen sterben bei Naturkatastrophen 14-mal wahrscheinlicher. Unter anderem, weil sie später gewarnt werden, häufiger Nichtschwimmerinnen sind und sich auf der Flucht um Angehörige kümmern. Bis zu 80% der Klimaflüchtlinge sind weiblich. Frauen sind vor allem im globalen Süden weniger gebildet, was ihnen den beruflichen Umstieg von der Landwirtschaft erschwert. Durch niedrigeren Lohn, schlechteren Zugang zu Produktionsmitteln und Nahrungsmittelunsicherheit leiden Frauen länger und stärker nach Krisen. Auch indirekt wirkt sich der Klimawandel auf die Benachteiligung von Frauen aus. So entsteht ein Mehraufwand durch die Pflege Kranker und längere Wege zu Wasserstellen und Brennholz, was auch das Risiko, sexueller Gewalt ausgesetzt zu sein, erhöht. Bildungschancen, politische Teilhabe und eine Erwerbstätigkeit werden durch den erhöhten Zeitaufwand eingeschränkt, Gesundheitsschäden können entstehen. Des Weiteren hat sich gezeigt, dass Menschenhandel und Kinderheirat beispielsweise bei Dürren ansteigen, da Frauen und Mädchen noch immer oft als Tauschmittel zum Beispiel für fruchtbares Land missbraucht werden.

Frauen sterben bei Naturkatastrophen 14-mal wahrscheinlicher. Unter anderem, weil sie später gewarnt werden, häufiger Nichtschwimmerinnen sind und sich auf der Flucht um Angehörige kümmern.

Der green feminine stereotype

Einen nicht zu unterschätzenden, vielleicht sogar überraschenden Aspekt der Klima-Gender-Problematik stellt auch die Diskrepanz des klimaschädlichen Verhaltens zwischen den Geschlechtern dar. Haben Sie schon einmal vom green feminine stereotype gehört? Vermutlich die allerwenigsten. Das zeigt, wie indoktriniert Geschlechternormen in unserer Gesellschaft sind und als dermaßen selbstverständlich angesehen werden, wenn sie denn überhaupt angesehen werden, dass sie kaum auffallen, geschweige denn hinterfragt werden. Das Prinzip ist folgendes: Umweltfreundlichkeit wird mit Femininität verbunden, und zwar von allen Geschlechtern. Männer verhalten sich oft umweltschädlich, um ihre Maskulinität nicht zu mindern. Sie produzieren mehr Abfall, recyceln weniger und haben einen um 16 % erhöhten Treibhausgas-Ausstoß.

Die verstärkte Abneigung gegenüber grünen Entscheidungen kann durch Gender-Bedrohung oder Gender-Bestätigung verstärkt beziehungsweise abgeschwächt werden. Das belegen zwei Experimente der Utah State University und Seattle University. Das erste Experiment zeigt, dass Männer mit einer Geschenkkarte weniger wahrscheinlich umweltfreundliche Produktvarianten kaufen würden, wenn auf der Geschenkkarte ein Blumenmuster vor einem rosa Hintergrund zu sehen ist. Im zweiten Experiment wurde ein Teil der Männer und Frauen gebeten, über ihren gestrigen Tag am Computer zu schreiben und erklärt, das Programm könne erkennen, welches Geschlecht der:die Autor:in habe. Männer, die in ihrer Maskulinität bestätigt wurden, entschieden sich mit höherer Wahrscheinlichkeit für den umweltfreundlichen statt effizienten Haushaltsreiniger. Eine weitere Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Männer eher an eine Umweltschutzorganisation spenden, deren Logo „männlich“ ist und in China wird das E-Auto „2015 BMW i3 Eco-friendly Model“ lieber von männlichen Kunden gekauft, wenn es „2015 BMW i3 Protection Model“ heißt. Bei Männern ist dieser Effekt weitaus ausgeprägter als bei Frauen, da Abweichungen der männlichen Geschlechtsidentität stärker geahndet werden. Beispielsweise werden Burschen für geschlechtsabweichendes Spielen härter bestraft als Mädchen.

Climate Injustice

So lächerlich, gar unterhaltsam diese Experimente und Studien wirken, so ernst ist der Hintergrund. Dass diejenigen, die weniger zur Verursachung der Folgen beitragen, diese dann tragen müssen, ist für mich der Inbegriff von climate injustice. Unter diesem Gesichtspunkt wirkt der Umstand der politischen Unterrepräsentation von Frauen noch weitaus dramatischer. Nicht zuletzt, weil weiblichere Regierungen Klimaschutz stärker priorisieren. Werbung für umweltfreundliche Produkte und deren Design zu „maskulinieren“, wie es manche suggerieren, kann ebenso wenig die Lösung sein, wie Männer generalisiert zu beschuldigen. Der einzige Weg kann und muss sein, die Gleichberechtigung aller Menschen zu fördern und zwischenmenschliche Barrieren abzubauen. Ich beende mit einem kitschigen Anschlusssatz: Denn nur mit vereinten Kräften können wir diese Aufgabe bewältigen.

Quellen:

  • https://unwomen.de/klima-und-gender/
  • Youtube, klima:neutral, „Darum leiden Frauen stärker unter der Klimakrise“
  • research gate, article in journal of consumer research, „Is Eco-Friendly Unmanly? The Green-Feminine-Stereotype and Its Effect on Sustainable Consumption“