Green Living, Urban Gardening – Nachhaltigkeit ist aus der Bau- und Wohnungsbranche nicht mehr wegzudenken. Doch ist nachhaltiges Bauen und Wohnen überhaupt möglich? Wie nachhaltig agiert die BUWOG, eines der größten Österreichischen Wohnungsunternehmen? Valerija Karsai, Geschäftsführerin der BUWOG Group GmbH beantwortet unsere Fragen rund um das Thema Nachhaltiges Bauen und Wohnen im Interview. 

Frau Karsai, was bedeutet Nachhaltigkeit für die BUWOG?

Nachhaltigkeit ist für die BUWOG schon seit vielen Jahren ein zentrales Unternehmensziel und Teil unserer Unternehmenskultur. Wir verstehen Nachhaltigkeit in einem umfassenden Sinn und versuchen mit unseren Aktivitäten alle Säulen, also ökologisch, ökonomisch und sozial, konstant abzudecken. Dies betrifft die Entwicklung von Neubauprojekten und die Bestandsbewirtschaftung genauso wie den Arbeitsplatz unserer MitarbeiterInnen.

Unser besonderes Engagement im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz zeigt etwa die Mitgliedschaft im klimaaktiv pakt2020, übrigens als einziges Unternehmen der heimischen Immobilienbranche. Gemeinsam mit anderen Großbetrieben haben wir uns für mehr Energieeffizienz und eine Senkung der Treibhausgasemissionen um 16 Prozent sowie zur Verwendung von erneuerbaren Energiequellen zu einem Drittel verpflichtet und konnten unsere Ziele weit übertreffen. Jetzt stehen wir kurz vor Beginn des klimaaktiv pakt2030, in dessen Rahmen wir noch mehr in Bewegung setzen wollen, um unser Klima zu schützen.

Geschäftsführerin der BUWOG Valerija Karsai; Foto: BUWOG / Stephan Huger

Valerija Karsai mit schulterlangem Haar und Brille trägt einen dunklen Blazer und ein geblümtes Tuch. Sie posiert vor einem schlichten Hintergrund und verkörpert die professionelle Eleganz, die mit der BUWOG verbunden wird.

Wie wird Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen gelebt? Welche Maßnahmen setzen Sie?

Nachhaltigkeit finden Sie in allen Bereichen des Unternehmens ganz oben auf der Prioritätenliste. Unser Anspruch ist es, diverse Möglichkeiten zu nutzen, die Nachhaltigkeit im Bau und im Betrieb unserer Immobilien zu optimieren und wir haben dafür in den vergangenen Jahren auch ein breites Bewusstsein geschaffen. In meinem Geschäftsbereich, dem Immobilienmanagement, stellen wir sicher, dass jährlich etwa 600 BUWOG-Wohnungen thermisch saniert werden, um einem Niedrigenergiestandard zu entsprechen. Damit gelingt es uns, Energie zu sparen und CO2-Emissionen zu reduzieren. Und: Unsere MieterInnen und EigentümerInnen danken es uns, sie sparen dadurch Monat für Monat Energiekosten.

Im Neubau zeigen wir mit zahlreichen Vorzeigeprojekten, von Wohntürmen wie dem MARINA TOWER bis zu grünen Wohnquartieren wie KENNEDY GARDEN, wie der nachhaltige Wohnbau der Zukunft aussehen kann. Unser Ziel ist es dabei, Nachhaltigkeit mit Leistbarkeit und hoher Qualität zu verbinden. Mit dem Projekt ERnteLAA haben wir diesbezüglich ein europäisches Vorreiterprojekt realisiert, das bereits mit dem „International Property Award“ in der Kategorie „Best Sustainable Development Europe“ ausgezeichnet wurde. Dabei wurden nicht nur die zahlreichen nachhaltigen Maßnahmen gewürdigt, sondern auch die soziale Durchmischung und das Quartiersmanagement für eine gute Nachbarschaft.

Wir möchten green living für alle Bevölkerungsgruppen möglich machen.

Unsere Maßnahmen spüren nicht nur unsere KundInnen, sondern auch unsere MitarbeiterInnen am Arbeitsplatz: Mit dem neuen BUWOG Kunden- und Verwaltungszentrum haben wir im Herzen Wiens einen grünen Arbeitsplatz geschaffen: vom E-Bike-Angebot in der Tiefgarage bis zur PV-Anlage und der hocheffizienten Kühlanlage auf der Dachterrasse. Und seit Jahresbeginn können wir dank der Kooperation mit oekostrom AG alle Arbeitsplätze österreichweit mit grünem Strom versorgen, ein weiterer grüner Meilenstein.

Wohnprojekt MARINA TOWER; Foto: isochrom

Das hohe, moderne Gebäude, das von Valerija Karsai für BUWOG entworfen wurde, besticht durch eine einzigartig gemusterte Fassade in Ufernähe, die mit Booten und Menschen übersät ist. Seine markante Architektur hebt sich vor einem blauen Himmel ab, ergänzt durch benachbarte Gebäude im Hintergrund.

Gibt es auch konkrete Schritte, die die BUWOG gemeinsam mit den Mitarbeiter*innen setzt oder zu denen Sie Ihre Mitarbeiter*innen (im Privatbereich) motivieren?

Wir möchten die von uns gesetzten Maßnahmen natürlich sowohl nach außen als auch intern bestmöglich kommunizieren. Ziel ist es, unseren MitarbeiterInnen aber auch allen Menschen außerhalb des Unternehmens Handlungsspielräume aufzuzeigen, mit ihnen in den Dialog zu treten und uns gegenseitig zu motivieren und inspirieren. Dass wir hier auf einem guten Weg sind, zeigt das Gütesiegel „Nachhaltiges Unternehmen 2021“, das wir unlängst nach einer Erhebung von „Milestones in Communication“ und des „IMWF Institut für Management- und Wirtschaftsforschung GmbH“ erhalten haben.

Wir thematisieren Nachhaltigkeit auf verschiedenen Ebenen, von Presseaussendungen über unserer Serie „Nachhaltig wohnen“ auf Social Media bis hin zur umfassenden Information im BUWOG-Intranet. Die MitarbeiterInnen werden nicht nur über Neuigkeiten unterrichtet, sondern können auch stets Inhalte aus ihrem Alltag einbringen und mit unserer Nachhaltigkeits-Koordinatorin gibt es eine ständige Ansprechpartnerin.

Welche Nachhaltigkeitsaspekte werden beim Bau der BUWOG-Gebäude einbezogen?

Die Maßnahmen, die im Wohnbau im Sinne des Klimaschutzes und des Wohlbefindens der BewohnerInnen umgesetzt werden, sind sehr vielfältig. Unser Anspruch ist es, diverse Möglichkeiten zu nutzen und zu kombinieren, um die Nachhaltigkeit im Bau und im Betrieb unserer Immobilien zu optimieren.

Nachhaltigkeit fängt ja schon bei der Lebensdauer von Gebäuden an: Ob Wohn- oder Gewerbeobjekt, die Lebensdauer eines Gebäudes geht ja im Idealfall über Jahrzehnte hinaus – wir stehen in der Verantwortung, unsere Projekte so umzusetzen, dass sie nicht nur langfristig bestehen, sondern über Jahre hinweg auch qualitativ und energie- sowie kosteneffizient bewirtschaftet werden können.

Beim Bau setzen wir auf emissionsarme Bau- und Werkstoffe und den Einsatz von Produkten mit Umweltzeichen, auf umweltschädliche Kunststoffe wie PVC wird großteils verzichtet und auf ökologische Alternativen zurückgegriffen.

Hier ist gerade viel in Entwicklung, da heißt es am neuesten Stand zu bleiben und stets neue Möglichkeiten auszuprobieren.

In der Grundrissplanung können wir schon zu einem frühen Zeitpunkt sicherstellen, energetisch optimalen Wohnraum und die Möglichkeit zum Querlüften zu schaffen.

Weitere wichtige Maßnahmen drehen sich natürlich um Energieeffizienz und erneuerbare Energiequellen bis hin zu umweltfreundlicher Mobilität. Wir setzen vermehrt auf Sharing, auf E-Bikes und E-Autos zum Ausleihen, stellen E-Tankstellen zur Verfügung und vergeben Jahreskarten der Wiener Linien bei Erstbezug.

Wie steht es mit der nachhaltigen Energieversorgung Ihrer Gebäude und Objekte?

Der Einsatz erneuerbarer Energiequellen umfasst in unseren Projekten PV-Paneele, Fernwärme-Energieversorgung mit integrierter Wärmerückgewinnungsanlage oder die Nutzung von Erdwärme durch Wärmepumpen, die als Sole-Anlage ausgeführt werden können.

Das alleine hilft uns aber noch nicht, wenn wir nicht effizient mit den Ressourcen umgehen. Für eine möglichst hohe Energieeffizienz setzen wir deshalb auf Energieverbrauchs-Monitorings zur Messung des Energieverbrauchs im Gebäude, hochwertige Dämmung, Beschattungen und Umsetzung von Dach- und Fassadenbegrünung zur Verbesserung des Mikroklimas, mit natürlichem Kühleffekt.

Ist es nachhaltiger, ein neues Haus zu bauen oder ein altes Gebäude zu sanieren? Wo liegen die Unterschiede im Bereich Nachhaltigkeit?

Das kann man so verallgemeinernd gar nicht sagen. Wenn wir uns die größten CO²-Verursacher vor Augen führen, dann ist der Gebäudesektor ganz oben zu finden. Wir stehen hier also in der Verantwortung, gerade bei älteren Beständen mit Sanierungen entgegenzuwirken.

Im Sinne eines sparenden und schonenden Umgangs mit Ressourcen, ist es oftmals nachhaltiger ein Gebäude zu erhalten, als es abzureißen und neu zu bauen.

Im Neubau haben wir dafür wirksamere Möglichkeiten mit ökologischen Baumaterialien, nachhaltiger Energieversorgung und umweltschonenden Mobilitätskonzepten.

Oftmals kann auch eine Kombination der richtige Weg sein. In unserem Projekt „Inside XIX“ im 19. Wiener Gemeindebezirk erweitern wir etwa ein ehemaliges Amtshaus um einen Neubau. Die schöne alte Fassade und damit das historische Stadtbild bleiben erhalten und es entstehen tolle unvergleichliche Wohnungen.

Wie kann ich meine Wohnung/mein Haus nachhaltiger gestalten?

Grundsätzlich ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass jeder und jede einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit leisten kann, gerade im Bereich Wohnen haben wir alle tagtäglich Gestaltungsspielraum. Das fängt bei der richtigen Dämmung der Fenster und richtigem Durchlüften an und reicht bis zur Wahl umweltfreundlicher Möbel und Putzmittel und, natürlich, des Stromanbieters.

Unabhängig davon müssen wir als Wohnbauunternehmen die beste Voraussetzung für nachhaltiges Wohnen schaffen. Das ist die spannende Herausforderung, der wir uns bei der Entwicklung neuer Wohnprojekte und der Instandhaltung unserer Wohnungen stellen.

Wohnprojekt Kennedy Garden; Foto: BUWOG / infinityeleven

Moderne, von Valerija Karsai entworfene Wohnhäuser mit einzigartiger Ästhetik sind von Grün und Bäumen umgeben und werden durch einen kleinen BUWOG-Gartenbereich ergänzt. Man sieht Menschen spazieren gehen und die ruhige Umgebung beobachten.

Wie sieht die Zukunft der Baubranche aus und welche Rolle spielt dabei der Umweltschutz?

Der Gebäudesektor ist der zweitgrößte Verursacher von klimaschädlichen Emissionen. Daraus ergibt sich ein klarer Handlungsbedarf für unsere Branche. Wir stehen in der Verantwortung, einen Beitrag zur Erreichung der ambitionierten österreichischen Klimaziele wie #mission2030 und klimaneutral bis 2050 zu leisten.

Also ja, Klima- und Umweltschutz spielt hier wohl die Hauptrolle. Mit unseren ökologischen Vorzeigeprojekten beweisen wir schon jetzt, welche Chancen wir wahrnehmen können, wie sich Klimaschutz, Wohnkomfort und leistbares Wohnen wunderbar verbinden lassen.

Angesichts der klimaschädlichen Versiegelung von Flächen und Verbauung ist etwa der Bau von Wohntürmen ein vielversprechendes Modell für urbanen Wohnbau der Zukunft. Aktuelle BUWOG-Projekte wie der HELIO Tower im 3. Bezirk oder der MARINA TOWER an der Donau, den wir gemeinsam mit IES Immobilien entwickeln, sind Vorzeigebeispiele für platzsparendes Bauen bei gleichzeitiger Schaffung von attraktivem Wohnraum.

Welche Bau-/Wohntrends erwarten uns in den kommenden Jahren?

Die wichtigsten Trends lassen sich wohl mit Klimaschutz und Digitalisierung zusammenfassen. Diese Schwerpunkte, werden uns in der Projektentwicklung in Zukunft noch stärker begleiten und auch Wohnentscheidungen unserer KundInnen vermehrt beeinflussen, Stichwort Smart Home.

In der Pandemie-bedingten Ausnahmesituation der letzten Monate sind Wohnbedürfnisse noch einmal stärker ins Bewusstsein vieler Menschen gerückt. Wir haben gesehen, wie wichtig die Planung intelligenter Grundrisse und flexibler, individuell gestaltbarer Wohnlösungen ist. Ein großes Zukunftsthema hinsichtlich einer immer älter werdende Gesellschaft ist auch barrierefreies und generationsübergreifendes Wohnen bzw. betreutes und betreubares Wohnen.

Sicherlich werden auch Gemeinschaftsflächen und -räume sowie Grünflächen wichtiger. Mit der Begrünung der Wohnumgebung kann zu einer Verbesserung des Mikroklimas beigetragen werden. Grünflächen und grüne Fassaden bieten Lebensraum für Kleintiere und Insekten und überdies fördert das Vorhandensein von allgemeinen Freiflächen den sozialen Austausch zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern.

In vielen Projekten bieten wir Urban Gardening, Eigen- und Gemeinschaftsgärten, Balkone und Terrassen ermöglichen ein naturnahes Leben in der Stadt. Wir sind überzeugt: Klimaschutz und unser Wohlbefinden sind nicht getrennt voneinander zu denken. Das eine bedingt das andere, heute und in Zukunft wohl noch stärker.