Am 14. und 15. November findet das OPEN HOUSE WORLDWIDE FESTIVAL statt. Normalerweise öffnen sich an diesen Tagen überall auf der Welt die Türen zu Gebäuden, die sonst nicht öffentlich zugänglich sind.

Weil das dieses Jahr nicht in der gehabten Weise möglich ist, findet das Festival online als 48 Stunden-Programm, das einmal um die Welt führt, statt. Von New York bis Lagos werden Führungen und Vorträge zu den verschiedensten Implikationen von Architektur veranstaltet, in Summe nehmen über 40 Städte an dem Projekt Teil.

Klima und Architektur

Der Klimawandel und der massive Verlust an Biodiversität, den wir gerade erleben, sind die schwerwiegendsten Probleme unserer Zeit. Bedenkt man, dass Gebäude und Anlagen für knapp 40 Prozent der energiebezogenen Co2-Emissionen verantwortlich sind und gleichzeitig einen starken Einfluss auf den Biodiversitätsverlust haben, ergibt sich auch hier ein dringender Handlungsbedarf.

Um weiterhin das Bedürfnis nach Wohnraum, nach Bauwerken im allgemeinen, stillen zu können, ohne die planetaren Grenzen zu sprengen, brauchen wir neue Denkmuster. Es ist schon lange nicht mehr so, dass die ökologische Krise, die wir gerade erleben, begrenzt ist. Nein, sie hat sich inzwischen ausgebreitet und beeinflusst heute fast alle unserer Lebensbereiche. Das Wirtschaftssystem, so wie wir es heute vorfinden, ist darauf ausgelegt, unsere natürlichen Ressourcen exzessiv auszubeuten. Was letztlich dazu führen wird, dass Erde und ihre Ökosysteme an ihre Grenzen kommen.

Es ist auch schon lange nicht mehr so, dass man Fehlstellung als abgesondert, als alleinig betrachten könnte. In der Natur ist alles vernetzt, selbiges gilt für unsere wirtschaftlichen und politischen Prozesse.

Architektur als Werkzeug

Architektur ist hierbei ein ganz wichtiges Werkzeug, zum einen im Umgang mit den Ressourcen, die man eben nun mal braucht. Zum anderen, weil sie politische und soziale Umstände schafft. Die Art und Weise, wie wir Gebäude planen und bauen, ist vielfältigst damit verknüpft, wie unsere Gesellschaft aussieht. Und dieser Einfluss ist nicht kurzweilig, er bleibt solange bestehen, wie es auch die errichteten Strukturen tun. Wer Architektur betreibt, der muss all die Faktoren bedenken, die seine Arbeit mit sich bringt. Was für uns in Österreich hier in vielerlei Hinsicht selbstverständlich ist, ist es vielerorts (noch) nicht.

Noch immer werden beim Bau von Großprojekten Menschenrechte mit Füßen getreten, es wird gar so getan, als wären Menschen, als wären Bauarbeiter eine Ware, die man sobald sie nicht mehr produktiv genug sind, einfach aussortieren könne. Rechte gesteht man diesen Menschen auch kaum welche zu, sie werden in sklavenähnlichen Zuständen gehalten. Das passiert vor allem im arabischen Raum – die Arbeiter selbst kommen zumeist aus Indien, oder Bangladesh.

Gerade weil Gebäude meist sehr lange bestehen bleiben, ist es wichtig, auf innovative Konzepte zurückzugreifen, die möglichst energieeffizient arbeiten. Ganz gleich, ob es sich um ein Wohnhaus oder um ein Bürogebäude handelt. Hier gibt es auch schon spürbare Verschiebung auf dem Markt, diese ist aber immer noch gering. Sie lässt sich sicherlich ankurbeln und da wird wohl viel von staatlicher Seite nachgeholfen werden.

Während des Open House Festivals diskutierte eine Gruppe von Menschen in einer Kunstgalerie, umgeben von farbenfrohen Gemälden, lebhaft. Einige saßen auf Bänken, andere standen.

Red’ma miteinand

Was es aber auch braucht, ist das Gespräch. Das ist ein großer Vorteil, den das digitale Open House Festival dieses Jahr mit sich bringt. Er ermöglicht einen vernetzteren, einen diversen Austausch. Selbiges gilt für diesjährigen Zuseher, die einzelnen Veranstaltungen sind nicht mehr ortsgebunden und ermöglichen vielfältige Einblicke.

Die Probleme, vor denen wir stehen, betreffen uns alle und genauso müssen wir für diese gemeinsam Lösungen und Antworten finden. Damit am Ende auch ein produktives Endergebnis entsteht, müssen wir uns auf den freien Diskurs einlassen. Umso offener der ist, umso eher entstehen dabei Ansätze, die für viele Menschen tragbar und verständlich sind.

Denn hier liegt eines der großen Probleme der Wissenschaft mit der Klimakrise, die Zahlen, die Daten und die Fakten gibt es schon lange. Öffentlich zugänglich sind sie auch nicht erst seit gestern. Warum sie es aber nicht stärker in die Öffentlichkeit geschafft haben, liegt auch daran, dass die Berichte, wie der IPCC für ein stark akademisch gebildetes Publikum geschrieben werden. Und so bleiben diese wichtigen Fakten nur in einer kleinen Blase. Es muss aber auch darum gehen, sie zu kommunizieren und ein Bewusstsein für sie zu schaffen.

Dazu muss man vor allem über sie sprechen und sie greifbar machen. Der Klimawandel ist nichts Abstraktes, er ist ganz handfest und so sollte man ihn auch im Gespräch behandeln. Ihn ganz bildlich mit Beispielen – derer es ja nicht ermangelt – unterlegen. Genau diese Möglichkeit bietet Open House jedes Jahr und dieses Jahr in einem verstärktem Maße.

Die Umsetzung
Die Umsetzung von zukunftsfähiger Architektur braucht neue Akteure, braucht neue Denkmuster. Die zu schaffen, liegt in der Verantwortung der Hochschulen und der KonsumentInnen und zu einem gewissen Grad natürlich auch bei der Gesellschaft als solcher.

Heute gibt es in der Welt der Architektur einen weitreichenden Konsens über die Wichtigkeit des Umweltschutzes. Viele neue Lösungsansätze werden derzeit erprobt. Wie das zum Beispiel aussehen kann, zeigen unter anderem die vielen umweltorientierten Programmpunkte des diesjährigen OPEN HOUSE FESTIVALS.

Das Programm

Auch aus Wien werden einige Programmpunkte live gestreamt. Unter anderem gibt es:

Einen Überblick über das Sonnwendviertel Ost. Wien begrüßt jedes Jahr knapp 15 000 neue EinwohnerInnen, die auch irgendwo wohnen wollen. Unter anderem entsteht gerade im Sonnwendviertel Ost ein neues Viertel, in dem Pilotprojekte eingesetzt werden, um eine möglichst inklusive Siedlung zu schaffen.

Eine Diskussion zum Thema Wohnbau mit OPEN HOUSE BARCELONA, BUENOS AIRES & WIEN. In der es darum geht, welchen Einfluss die Globalisierung und die Digitalisierung im Wohnungswesen haben und wie sich die Entwicklungen auf den Umgang mit Ressourcen auswirken.

Unter dem Titel “Construction and the Climate Crisis: Taking the next steps” spricht Stefan Sattler, Experte für erneuerbare Energien und Gebäude über die Rollen von Bauwerken bei der Energiewende.

Unter dem Titel “Car Parks as Hybrid Infrastructure: A multi-story” wird ein Film zum Thema Hochgaragen mit anschließender Diskussion gezeigt.

Das ganze Programm aus Wien findet ihr hier.
Alle internationalen Veranstaltungen, die in den 48 Stunden stattfinden werden, findet ihr hier.