Städte werden vom Klimawandel – in den vergangenen Jahren vermehrt durch anhaltende Hitzewellen und extreme Unwetter mit Überschwemmungen bemerkbar – besonders hart getroffen. Durch die enorme Gebäudemasse und versiegelte Böden heizen sich urbane Zentren vergleichsweise stark auf. Bei extremen Regenfällen können die Wassermassen nicht in der Erde versickern, sondern schießen unkontrolliert die Straßen entlang und sorgen so für Überflutungen.

In Städten sind überproportional viele Menschen betroffen. Laut einem Bericht der EU-Kommission  leben aktuell mehr als 85 Prozent der Weltbevölkerung in städtischen Regionen. Dieses Problem will die Wiener Jungfirma Greenpass am Schopf packen. Sie hat ein Planungstool auf Basis der Simulationssoftware Envi-met entwickelt, das die positiven Auswirkungen von begrünten Flächen in der Stadt berechnen kann. Mit einer Aufschlüsselung und Optimierung der Kostenfaktoren sollen Architekten und Bauträger zu einer grüneren Bauweise aufgeschlüsselt animiert werden.

Vier Grad weniger durch Grün

„Messungen zeigen, dass die Temperatur in begrünten Stadtteilen um bis zu vier Grad geringer als in der unmittelbaren Umgebung ist. Bei der gefühlten Temperatur holt man etwa im Schatten von Bäumen sogar bis zu 15 Grad heraus“, sagt Greenpass-Gründer Florian Kraus. Indem sie zu „schwitzen“ beginnen und Wasser über ihre Blätter verdunsten, werden Pflanzen bei großer Hitze zu natürlichen Klimaanlagen.

Neben dieser Verdunstungskälte schützen Bäume und Pflanzen Gebäude und Straßen vor direkter Sonnenstrahlung. Begrünte Dächer speichern Regen und Feuchtigkeit und geben sie längerfristig wieder an die Umgebung ab. „Die positiven Effekte von Grünflächen auf das Mikroklima von Städten waren auch schon bisher bekannt. Durch unsere Software ist dies aber erstmals schnell und einfach quantifizierbar bzw. kann so in die Planung einfließen“, erklärt Kraus.

Für spürbare Effekte muss auch nicht zwangsläufig mehr Geld in die Hand genommen werden. „Konventionell werden 0,5 bis drei Prozent der Gesamtbaukosten für die Gestaltung von Grün-Elementen verwendet. Unsere Simulation zeigt per Knopfdruck, wie dieses Geld optimal eingesetzt werden kann, also wo Bäume platziert oder Flächen begrünt werden sollten.“

Auch Ikea überzeugt

Das Unternehmen, das erst im Juni 2018 gegründet worden ist, aber schon acht Jahre Entwicklungs- und Forschungsarbeit – etwa an der Universität für Bodenkultur – vorweisen kann, konnte bereits erste Erfolge feiern. So setzen die Planer von Ikea für die geplante Filiale am Wiener Westbahnhof auf die Expertise von Greenpass.

oekostrom AG: Ein mehrstöckiges IKEA-Gebäude in modernem Design mit viel Grün an der Außenseite, gelegen an einer belebten Kreuzung mit Fußgängern, Ampeln und einer vorbeifahrenden Straßenbahn.

Laut Berechnungen des Start-ups führt ein Planungsentwurf mit zahlreichen Grünelementen in der Fassade in der Umgebung zu einer Temperaturverringerung von bis zu zwei Grad. Ein schon ins Auge gefasster Glas-Kubus, der im Sommer die Hitzeentwicklung verstärkt hätte, wurde damit verworfen.

Das Unternehmen ist mit seiner Software auch beim Wiener Stadtentwicklungsprojekt „Eurogate II“ und der „Biotope City“ am Wienerberg mit an Bord. Weitere Projekte werden in Graz, Klagenfurt und Krems realisiert.

Crowdfunding-Kampagne

Mit einer Finanzierungsrunde, die über die Crowdfunding-Plattform Green Rocket läuft, soll die bereits vorbereitete Expansion nach Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien vorangetrieben werden. Diese verspricht Investoren aktuell bis zu 7,5 Prozent Zinsen. In den ersten zehn Tagen konnte Greenpass knapp 150.000 Euro aufstellen.

„Angesichts der Klimakrise braucht es Maßnahmen, um unsere Städte lebenswerter und kühler zu machen. Alles, was wir jetzt bauen, wird uns die nächsten 100 Jahre begleiten – im Guten wie im Schlechten“, sagt Kraus. Viele Stadtverwaltungen haben das längst verstanden. Und auch bei Architekten und Bauträgern, die mancherorts noch agieren, habe ein Umdenken bereits stattgefunden. Die Greenpass-Software solle diesen weitere stichhaltige Argumente liefern.

Quelle: futurezone