Die Begriffe Fast Fashion beziehungsweise Fair Fashion sind fester Bestandteil der Nachhaltigkeits- und Zero Waste-Bewegung. Aber was ist eigentlich das Problem mit Fast Fashion, warum gehört Fair Fashion zum nachhaltigen Lebensstil und weshalb findet eigentlich seit sechs Jahren die Fashion Revolution Week statt?

Ich gebe einen kleinen Überblick über die Entstehung der Fashion Revolution, die Crux der Fast Fast Fashion Industry und warum Fair Fashion Unternehmen in Zeiten von Corona erst Recht Unterstützung brauchen.

Was ist die Fashion Revolution Week?

Am 24.04.2013 wurde, nach dem schweren Unglück in der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch, der Fashion Revolution Day ins Leben gerufen. Bei dem Fabrikeinsturz starben 1134 Menschen, 2500 wurden verletzt. Die meisten waren junge Frauen, die Kleidung für große und namenhafte Marken fertigten. Es war das viertgrößte industrielle Desaster der Geschichte.

Aus dem Tag hat sich eine Woche entwickelt, die durch den Hashtag #whomademyclothes Aufmerksamkeit schafft und für mehr Transparenz in der Modeindustrie sorgen soll. Es geht darum, zu zeigen, wer die Menschen hinter unseren Klamotten sind. Denn unsere Kleidung geht einen ziemlich langen Weg bis sie bei uns in den Regalen landet: Etwa 75 Millionen Menschen, angefangen bei Baumwollbauern über SpinnerInnen und WeberInnen arbeiten an unserem täglich Gewand.

Die Fashion Revolution Week ist eine globale Bewegung, bei der jeder mitmachen kann. Sie findet vom 20. bis 26. April statt. Es geht in erster Linie nicht darum, die Lieblingsmarke zu verbieten oder zu verteufeln, sondern Druck auszuüben und die Macht der KonsumentInnen zu nutzen. Es geht darum, auf Defizite hinzuweisen und die gesamte Lieferkette transparenter zu machen.
Denn warum sollten wir nur bei unserem Essen wissen wollen, wo es herkommt und wer es produziert?

Warum brauchen wir eine Fashion Revolution Week?

Fehlende Transparenz kostet Leben“, so der Fashion Transparency Index. Dieser Index wird seit ihrer Entstehung jährlich von der Fashion Revolution veröffentlicht, um Zahlen und Fakten offenzulegen und, um mehr Transparenz in die textilen Lieferketten zu bringen.

Warum dieser Index nötig ist? Im Jahr 2015 kannte jede zweite Modemarke die Fabriken nicht, in denen sie fertigen ließ. 90 Prozent der Befragten wussten nicht, woher die Rohstoffe für die Kleidung kamen und drei von vier Labels hatten keine Ahnung, woher ihre Stoffe eigentlich stammten. Kurzum: Transparenz gab es nicht. Das sollte der Index ändern.

Hinzu kommt: Wenn die Modemarken die Problematiken nicht mal kennen, wie sollen sie dann dagegen vorgehen? Und genau hier kommt die Stimme der KundInnen ins Spiel. Vielleicht interessiert die Hersteller die Lieferkette nicht. Doch, was interessiert, ist immer, was ein/e (potentieller) KundIn zu sagen hat. Deshalb ist die Stimme jedes/r einzelnen wichtig.

Aber was ist jetzt genau das Problem mit Fast Fashion?

Die Problematiken sind teils so vielfältig und komplex, weil ineinander verworren, dass ich nur einen Teil beleuchten und anschneiden kann. Am Ende des Artikels gibt es dann zusätzliche Tipps, wo man weitere Informationen bekommt.

  1. Die Arbeitsbedingungen
    Es sind hauptsächlich Frauen zwischen 18 und 35 Jahren, die in den Textilfabriken für den globalen Markt arbeiten — meist unter unhaltbaren Arbeitsbedingungen. Dazu gehören verbaler, wie physischer Missbrauch, ein lachhafter Lohn, von dem die ArbeiterInnen nicht mal ihre Grundbedürfnisse zahlen können, so wie viel zu viele Arbeitsstunden und das Arbeiten unter gefährlichen Bedingungen in dreckigen Fabriken à la Rana Plaza. Auch Kinderarbeit ist nach wie vor ein Thema in der Fast Fashion Industry.
  2. Die Umweltbelastung
    Hast Du mal darüber nachgedacht, woraus Dein Shirt eigentlich besteht?
    In vielen Fast Fashion Kleidungsstücken finden sich Kunstfasern, z.B. Polyester in Sportkleidung. Diese Kunstfasern werden aus Erdöl gewonnen und die Erdöl-Gewinnung geht zu Lasten der Umwelt. Aber nicht nur die Herstellung von Kunstfasern ist ein Problem. Auch das Waschen dieser Fasern führt zu Umweltschäden: “Eine mit 2,8 kg Polyester gefüllte Waschmaschine gibt pro Waschgang rund 460.000 Kunststoffpartikel ab, wonach in Österreich hochgerechnet pro Jahr rund 21 Tonnen Mikroplastik ins Abwasser gelangen”, so Global2000.Textilien aus herkömmlicher Baumwolle sind auch nicht besser. Zwar bestehen sie aus einem nachwachsenden Rohstoff, allerdings werden beim Anbau von herkömmlicher Baumwolle extrem viele Pestizide eingesetzt. Auch das schadet nicht nur dem Boden, sondern auch uns. Die Haut ist das größte Organ und natürlich nehmen wir die Schadstoffe beim Tragen der Kleidung mit der Haut auf.
  3. Der Konsum
    Laut Global2000 kaufen die ÖsterreicherInnen mehr als 19 kg Kleidung im Jahr. Heruntergerechnet auf das durchschnittliche Gewicht von Kleidung, sind das 60 Kleidungsstücke. Heruntergerechnet auf das Jahr sind das 2 Kleidungsstücke pro Woche.
    Dabei landen 75.000 Tonnen Kleidung im Restmüll. Das heißt, wir werfen pro Person etwa 11.2 kg in den Müll und das während jede/r von uns über 50 kg Klamotten im Schrank hat.
    Allein das ist schon ein ethisch fragwürdiges Problem und es verhält sich ähnlich wie Lebensmittelverschwendung: Hier werden Ressourcen für die Tonne verbraucht. Hier wird der Planet ausgebeutet, damit wir in unserer kapitalistischen Gesellschaft das Gefühl haben dazuzugehören, weil wir gerade laut Instagram wieder richtig up to date sind.

Tipps zum nachhaltigen Umgang mit Mode

Kleider machen Leute, sagt man: Werbung, Instagram, die Gesellschaft suggerieren uns, dass wir nur dazugehören, wenn wir gerade wieder das neueste Teil im Kleiderschrank haben und natürlich sind wir alle Teil dieser Gesellschaft. Zusätzliche sind wir alle Individuen, die ihre Individualität und ihre Persönlichkeit zum Teil eben auch durch Kleidung ausdrücken. Aber geht das auch ohne das auf Kosten anderer und auf Kosten der Umwelt zu tun? Es geht! Hier kommen die Tipps:

  1. Second Hand First
    Es ist so wahnsinnig viel Kleidung im Umlauf – da braucht man nichts Neues. Second Hand Kleidung schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Ressourcen. Second Hand Läden, Flohmärkte oder Apps wie willhaben oder Kleiderkreisel bieten mittlerweile eine riesige Auswahl.
  2. Tausch Dich glücklich
    Ob mit Mitbewohnern, Freunden oder Familie – eigentlich hat immer jemand etwas über, dass man nicht mehr will, dem anderen aber total gut gefällt. Alternativ gibt es mittlerweile so wahnsinnig viele Tauschmärkte, dass man auch dort eigentlich immer etwas findet und so nicht mal Geld dafür ausgeben muss.
  3. Brauch ich das wirklich?
    Auch bei Second Hand tendiert man schnell dazu, sich Teile anzuschaffen, die man eigentlich nicht braucht oder schon hundert Mal im Schrank hat. Deswegen gilt, sich als erstes darüber Gedanken zu machen, ob man das neue Kleidungsstück tatsächlich unbedingt braucht oder, ob es vielleicht reicht, seine alte Kleidung neu zu kombinieren oder upzucylen.
  4. Upcycling
    Manchmal reicht es, die alten Teile einfach ein bisschen abzuändern. YouTube oder Instagram bieten jede Menge Inspiration, wie man aus alten Klamotten neue herstellen kann – auch ohne, dass man eine Nähmaschine hat oder auch nur einen Knopf annähen kann. Wenn das alte Teil wirklich nichts mehr ist, findet man online viele Upcycling-Ideen, um die Klamotten komplett umzufunktionieren. Aus alten Socken kann man zum Beispiel Duftsäckchen herstellen.
  5. Wenn neu, dann fair
    Manche Kleidungsstücke möchte man vielleicht auch einfach nicht Second Hand kaufen: Dazu gehört Unterwäsche oder auch Strumpfhosen. Oder man sucht ein bestimmtes Teil und findet es nicht Second Hand. Dann gilt: Wenn neu, dann fair und möglichst lokal produziert. Unter anderem bei Utopia gibt es eine gute Übersicht zu fairen Modelabels.
  6. Meide Fast Fashion Stores
    Dieser Tipp ist einer der essentiellsten für mich. Betrete ich erstmal einen Fast Fashion Store, bin ich restlos verloren – trotz meines Wissens und meiner Prinzipien. Es kostet mich all meine Willenskraft, mir nicht eins der Teile zu kaufen. Deswegen meide ich solche Geschäfte einfach. Prävention ist hier das Schlüsselwort.

Was hat Fair Fashion mit Corona zu tun?

Durch die aktuelle Situation und die Maßnahmen der Regierungen mussten Second Hand Stores und Fast Fashion Geschäfte ihre Türen schließen. Das hat natürlich wirtschaftliche Folgen für die meist kleinen Geschäfte, jungen Labels und ambitionierten Start-Ups.

Viele wissen nicht, wie und, ob sie die finanziellen Einbußen überbrücken können. Deswegen gilt gerade jetzt, wenn Du neu kaufst, setze auf die lokalen fairen Geschäfte, die versuchen mit ihrer Mission und ihren Lösungen eine nachhaltigere Mode-Welt zu schaffen. Viele haben Online-Shops errichtet, um trotzdem ihre Angebote vertreiben zu können. Nunu Kaller hat eine Liste erstellt, in der man alles findet, ohne auf die großen Händler zurückgreifen zu müssen. Das heißt, wenn schon Konsum, dann doch lieber nachhaltig!

There’s more to share than just a look

Zum Abschluss noch ein paar weiterführende Fair Fashion Info-Tipps:

  • Die Doku, mit der bei mir das Umdenken angefangen hat: The True Cost. Sie zeigt nicht nur, woher Fast Fashion kommt, sondern auch, welche Schicksale dahinter stehen.
  • Hafer und Vanille sind ein ganz junger Podcast, die einen tollen übersichtlichen Beitrag zur Fashion Revolution Week und deren Hintergründen produziert haben.
  • Auf Fashion Revolution gibt es nicht nur den diesjährigen Index, sondern auch ganz viel weiteres Material rund um die Fashion Revolution (Week).
  • Die 3Sat Doku „Vergiftete Flüsse – Die schmutzigen Geheimnisse der Textilindustrie“ klärt insbesondere über den Zusammenhang zwischen Fast Fashion und Umweltverschmutzung auf
  • Fashion Revolution Austria informiert über nachhaltige österreichische Labels und Veranstaltungen.
  • Fair Fashion Guides für Wien gibt es bei Pixi mit Milch, eine gesamte Linkliste bei DariaDaria.

Ebenso, wie wir in keiner perfekten Zero Waste Welt leben, leben wir auch in keiner perfekten Fair Fashion Welt, die einem den nachhaltigen Umgang mit Mode einfach macht. Ganz im Gegenteil. Es kostet oft Zeit, Kraft und Willensstärke und insbesondere Umgewöhnungszeit. Niemand ist perfekt. Trotzdem kann man auch die Shopaholic-Gewohnheit ablegen und irgendwann wird dann nachhaltigeres Shoppen zur Gewohnheit. Insbesondere, wenn man sich immer wieder vor Augen führt, warum ein nachhaltiger Umgang mit Mode so wichtig ist.