Österreichs größte Nachhaltigkeitsmesse hat erstmals 2008 unter dem Namen WearFair in Linz stattgefunden und sich im Laufe der Jahre zu einer 360-Grad-Messe für sämtliche Konsumbereiche entwickelt. In diesem Jahr kommt die Messe zum ersten Mal mit dem neuen Namen WeFair nach Wien. Vom 09.-11.04.2021 finden Besucher*innen in der Marx-Halle alles, was das Ökoherz begehrt. Ich habe mit Geschäftsführer Wolfgang Pfoser-Almer über Greenwashing und Messe in Zeiten von Corona gesprochen. 

Lieber Wolfgang, bevor wir richtig starten: Im letzten Jahr war die WeFair noch die WearFair. Warum die Änderung? 

Nun, wir haben 2008 als reine nachhaltige Modemesse begonnen – damals war der Name WearFair genau richtig und wirklich ein Treffer. Inzwischen sehen wir uns aber als 360°-Messe, wir möchten also für jede Konsumentscheidung, vor der ein Mensch stehen kann, eine nachhaltige Alternative anbieten. Das „We“ im neuen Namen steht für das Wir, das Miteinander, das es braucht, um all die globalen Herausforderungen zu meistern, vor der die Welt aktuell steht und in der Zukunft stehen wird.

Wer steht überhaupt hinter der WeFair? 

Hinter der WeFair steht der gemeinnützige Verein „Wearfair und mehr – Verein zur Förderung eines fairen und ökologischen Lebensstils“, der von Südwind, GLOBAL 2000 und dem Klimabündnis getragen wird. Das heißt, wir sind ein wirklich breit aufgestelltes zivilgesellschaftliches Projekt. Die drei NGOs im Hintergrund, stellen uns auch ihr jahrzehntelanges Know-How in Bereichen wie globale Fairness, Umweltschutz und Klimaschutz zur Verfügung und sind etwa auch für die Prüfung der Ausstellenden auf ihre Nachhaltigkeit zuständig. Seit 2020 sind wir auch Partner von Zero Waste Austria.

Die Leute schenken uns hier wirklich ihr Vertrauen, die sind alle wirklich froh, endlich mal mit echt gutem Gewissen einkaufen zu können.

Leo Zirwes

Die WearFair ist Österreichs größte Nachhaltigkeitsmesse. Wie stellt ihr sicher, dass kein Greenwashing betrieben wird? 

Wir haben mit den drei genannten NGOs sehr strenge Kriterien entwickelt, die größtenteils auf einigen ausgewählten Gütesiegeln (etwa GOTS für Kleidung oder das Bio-Siegel für Ernährung) basieren. Diese Kriterien aktualisieren wir laufend, und wir machen sie immer nur strenger, niemals lockerer.

Wenn sich dann ein Unternehmen bei uns für einen Stand bewirbt, überprüfen Expert*innen aus diesen drei NGOs dieses Unternehmen sehr genau auf Einhaltung unserer Kriterien. Nur, wenn diese Prüfung gut ausgeht, wird die Anmeldung akzeptiert.

Wolfgang Pfoser-Almer ist seit 2017 Geschäftsführer der WeFair

Ein Mann mit Brille und Bart steht auf einem Dach in Wien. Er trägt ein schwarzes Hemd und einen Schal. Im Hintergrund sind ein bewölkter Himmel und eine Stadtlandschaft zu sehen, die das einzigartige Wefair-Ambiente der Stadt einfängt.

Wie können junge Unternehmen teilnehmen, die noch keine Siegel als Zertifizierungskriterien aufweisen?

Wenn ein junges Unternehmen noch keines der genannten vertrauenswürdigen Zertifizierung hat, schauen wir wirklich ganz genau hin. Wir lassen uns dann etwa Lieferscheine schicken, um zu sehen, wo die Rohstoffe und Produkte jetzt wirklich herkommen und wie sie produziert wurden. Und wenn dann nicht nachgewiesen werden kann, dass die Produkte tatsächlich fair und nachhaltig sind, dann müssen wir leider absagen – heuer betraf das rund 20 % der Anmeldungen für unsere Messe. Wir verzichten hier zwar auf einiges an Geld, aber es ist uns wichtiger, dass unsere Besucher*innen wirklich mit gutem Gewissen bei uns einkaufen können.

Was glaubst du: Ist Nachhaltigkeit ein reiner Trend oder gibt es ein tieferes gesellschaftliches Bewusstsein über Sinn und Zweck von Abfallvermeidung, Klimaschutz und gerechten Arbeitsbedingungen?

Nachhaltigkeit ist sicher aktuell im Trend, gerade was das Thema Klimaschutz betrifft. Es herrscht aber auch sehr große Unsicherheit darüber, was denn nun wirklich nachhaltig ist und eine durchaus tiefergehende Sehnsucht, sich tatsächlich nachhaltig zu verhalten.

Leider ist das aber oft nicht so einfach. Überall versprechen einem irgendwelche Gütesiegel, dass eh praktisch jedes Produkt super-nachhaltig ist, und den Leuten ist durchaus klar, dass das in den meisten Fällen nicht und nur zur Hälfte stimmt – aber wer hat im stressigen Alltag schon Zeit, sich genauer mit solchen Themen auseinanderzusetzen?

Regionalität ist nur die halbe Miete – auch in Österreich werden Unmengen von Pestiziden und Antibiotika eingesetzt.

Leo Zirwes

Gibt es in der Pandemie überhaupt Platz für Nachhaltigkeit?

Aktuell hab ich das Gefühl, dass durch Corona das Thema Nachhaltigkeit mehr und mehr vom Thema  Regionalität überlagert wird – alle wollen die österreichische Wirtschaft stärken und nur mehr regional einkaufen. Das hat natürlich sein Gutes, aber Regionalität ist halt nur die halbe Miete – auch in Österreich werden Unmengen von Pestiziden und Antibiotika eingesetzt. Das essen wir dann, wenn wir nicht auf Bio schauen, sondern nur auf Regionalität. Nicht zu vergessen: auch in Österreich werden Menschen unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen ausgebeutet – etwa die Saisonarbeitskräfte bei der Obst- und Gemüseernte. Wenn man nur auf Regionalität schaut, unterstützt man diese Ausbeutung.

Die Aussteller*innen werden nach sehr strengen Nachhaltigkeitskriterien ausgewählt.

Ein Verkäufer unterhält sich mit einem Kunden am lebhaften Stand von Wefair Wien und präsentiert eine Auswahl handgemachter Naturseifen. Auf einem Poster an der Wand steht „Sop“ mit dem Slogan „für die ganze Menschheit“.

Wie löst ihr die Corona-Bestimmungen auf der Messe? 

Wir nehmen unsere Verantwortung hier wirklich sehr ernst und haben uns deswegen den Public Health-Experten Hans-Peter Hutter als Berater mit ins Boot geholt. Aktuell sind die Rahmenbedingungen ja noch nicht zu 100 % klar, aber wir werden wohl FFP2-Maskenpflicht für Publikum und Ausstellende haben, und das Thema Reintesten sollte bis dahin auch relevant sein.

Losgelöst davon, achten wir besonders stark auf die Durchlüftung der Räumlichkeiten und werden alle Kontaktflächen regelmäßig desinfizieren. Wir haben auch schon in der Planung der Messehalle und Besucher*innen-Wege darauf geachtet, dass es möglichst keine Engstellen gibt. Der Online-Vorverkauf wird verstärkt beworben, um beim Ticketkauf Kontaktmöglichkeiten zu minimieren und das gesamte Team wird vor der Messe mehrfach auf Corona getestet.

Zum Abschluss: Was war dein schönster WeFair-Moment?

Mein schönster Moment war sicher im Oktober 2017, auf der ersten Messe, nachdem ich als Geschäftsführer dazugestoßen bin. Wie ich da durch die Hallen gegangen bin und bei allen Ständen Unmengen von Leuten waren, denen man die Freude am „guten“ Einkaufen richtig angesehen hat, die inspiriert waren vom Enthusiasmus und der Kreativität der Ausstellenden. Da ist mir klargeworden: Die Leute schenken uns hier wirklich ihr Vertrauen, die sind alle so froh, endlich mal mit echt gutem Gewissen einkaufen zu können. Das war ein schöner, ein wichtiger Moment. Da habe ich kapiert, was die WeFair ist, und was sie auch Zukunft sein muss: Die Messe mit den strengsten Nachhaltigkeitskriterien weit und breit, damit dieses Einkaufen mit gutem Gewissen, das die Menschen bei uns suchen, auch wirklich immer der Wahrheit entspricht.

Mehr Infos und Tickets gibt es unter: https://wefair.at/