Das norwegische Startup „Auk“ setzt sich mit stylischen Indoor-Kräuterbeeten auf den Trend zum Selber-Garteln ohne Garten oder Terrasse. Die Bausatz-Beete sind einfach und – jawohl – idiotensicher in Aufbau und Anwendung, das Erfolgserlebnis scheint garantiert. Aber: Wie sinnvoll, wie ökonomisch und wie nachhaltig ist es, so Salat und Kräuter anzubauen?
Für 229€ kann man eine Menge Basilikum kaufen. Das weiß Didrik Dimmen natürlich selbst. Aber darum, schmunzelt der 32-jährige Norweger, geht es nicht. Nicht in erster Linie: Wer sich einen der „smarten Indoorgärten“ des vor vier Jahren von Dimmen und seinem Freund Markus Abel gegründeten Startups „Auk“ in die Wohnung stellt, will etwas Anderes. Ja eh: „Jederzeit frische Bio-Kräuter in Griffweite“ ist natürlich nicht falsch. Aber diese erste Antwort kratzt nur an der Oberfläche. Denn hinter dem Trend zu „smarten“, mitunter App-gesteuerten, Zimmer-Beeten steckt ein bisserl mehr.
Versierte Gärtner:innen schmunzeln, wenn Dimmen erklärt, dass er bis zur „Erfindung“ seiner idiotensicheren (dieses Wort verwendet der Gründer aus Oslo natürlich nicht) Wohnungs-Kräutergärten selbst zu jenen gehörte, bei denen Zimmer- und Gartenpflanzen unter Garantie kein langes, geschweige denn ertragreiches Leben führten. Aber genau das ist mit einer der Gründe für den Erfolg von Unternehmen wie „Auk“ und seinen (mittlerweile zahlreichen) Mitbewerber:innen: Der Traum von einem kleinen Garten, wenn man keinen hat. Oder zumindest einem grünen, blühenden und wachsenden Stück Natur vor Augen. Einem Beet, in dem tatsächlich Basilikum, Dille, Petersilie, Salat, Schnittlauch, Pak Choi, Tomaten, Chilis, Pilze oder was einem sonst gerade so einfällt, sprießen kann. Idealerweise „in Echtzeit“. Also zum Zuschauen. Und danach zum Selberernten.
Was Auk & Co erfolgreich macht, ist ein Gefühl, das mit den ersten Trieben zu sprießen beginnt: Es fühlt sich gut an, beim Wachsen zuzusehen. Selber zu ernten. Das ist, sagt das Gefühl, nachhaltig. Gesund. Authentisch.
Nicht nur, weil dieses Basilikum, diese Paradeiser frischer sind, als aus dem Supermarkt. Nicht nur, weil Transportwege, Verpackung und andere Öko-Fußabdrucks-Killer wegfallen. Nicht nur, weil man weiß, womit man düngt und gießt. Klar: All das ist wichtig. Aber nicht spielentscheidend.
Was Auk & Co erfolgreich macht, ist ein Gefühl, das mit den ersten Trieben zu sprießen beginnt: Es fühlt sich gut an, beim Wachsen zuzusehen. Selber zu ernten. Das ist, sagt das Gefühl, nachhaltig. Gesund. Authentisch. Weil es näher an und bei dem ist, wo auch der urbane Bürositzer im 23. Stock eines Officeturmes und die Digitalnomadin zwischen innerstädtischen Shared- und Home-Office-Arbeitsplätzen in Wirklichkeit gern wäre: Nah am Leben. Mit Augen, Nase und Händen – aber vor allem dem Herz: Natürlich kostet das Basilikum aus dem Supermarkt einen Bruchteil von dem, was man für einen „smarten“ Indoorgarten hinlegt. Aber wenn man das erste Mal aus dem Konzept-Beet erntet, steckt danach immer auch Stolz in Salat oder Pesto. Und das schmeckt man dann.
„Echte“ Gärtnerinnen und Gärtner – egal ob sie sich die Finger im Garten oder auf Balkon und Terrasse dreckig machen – mögen darauf hinweisen, dass man mit derartigen Garten-Bausätzen wenig bis gar nichts falsch machen kann. Ja – na und? Zielgruppe sind ja just Leute, die das Gegenteil eines „grünen Daumens“ haben. Die weder Lust noch Zeit noch Geduld haben, tatsächlich zu „garteln“. Oder aber weder über Terrasse noch Balkon oder Garten verfügen. Die mitunter nicht einmal ein Blumenkisterl außen ans Fensterbrett hängen können oder dürfen. Die aber trotzdem den Traum vom „greener Life“ träumen. Ein bisserl halt. Ist das verwerflich?
Für diese Klientel sind „smarte“ Gärten ideal: Sie werden als Komplettpaket mit Erde, Samen und Dünger geliefert. Sie sind rasch und einfach aufgestellt, sauber und ohne Mühe eingerichtet. Dank Zeitschaltuhr (bei manchen Herstellern via App) und Wasserstandsanzeige leben sie wochenlang ohne jeden Pflegebedarf. Dank idealem Erdmix, Nährlösung und perfekt getaktetem Pflanzenlicht kann man aber beim flinken Wachsen zuschauen. Und das tut man gerne: Die Dinger sind nicht als Gebrauchsgegenstände sondern Designobjekte konzipiert. Indoor-Kräutergärten mit gesteuertem Licht gibt es schon lange. Bisher hatten sie aber meist den Charme (und eben das Design) von Küchengeräten.
Aber Didrik Dimmens und Marius Abels „Auk“-Gärten entstammen einer neuen Generation. So wie ihre Kollegen (etwa die Pflanz-Körbe von „Berlin Green“) geht es da ganz zentral auch um Form und Gestaltung. „Nordisches Design ist uns wichtig, das ist Teil unserer Identität“, betont Dimmen: So ein Beet würde auch im Abstellraum oder im Bad funktionieren. Aber man platziert es dort, wo Licht, Grünzeug und Beet gut und für alle sichtbar sind. Als lebendiges Designobjekt im Wohnzimmer. Und – noch öffentlicher – natürlich im eigenen Insta-Feed.
Das hat Folgen: Die Kräuter-Zeigefreudigkeit auf Social Media hilft massiv mit, dass smartes Indoor-Garteln längst auch in der „wirklichen Welt“ viral geht. Auf jung-urbanen Öko-, Style- und Vegan-Messe gehören die Stände von smarten Indoor-Gemüseanbauern – egal ob aus Norwegen, Deutschland, der Schweiz oder sonstwo – längst zum fixen Aussteller-Portfolio. Auch bei Wohndesignmessen findet man sie. Der mächtigste Multiplikator ist aber der Algorithmus, der Indoor-Basillikum-Bilder in die Timelines all jener spült, die in Kategorien wie „urban“, „nachhaltig“, „pflanzlich“ oder „gesunde Ernährung“ aufscheinen.
Die Idee zu Auk – der Name leitet sich vom norwegischen „Matauk“ ab und das steht laut Dimmen für Essen ebenso wie fürs Ernten – hatte Marius Abel 2018. Vor allem, weil er mit keiner der verfügbaren Selber-Anbau-Lösungen (es gibt sogar eine von Ikea) happy war. 2022 kam der erste Auk von Abel und Dimmen auf den Markt. Von diesem ersten Model (mit von außen sichtbarem Tank) verkauften die Norweger 35.000 Stück. 2024 kam der etwas kleinere und auf dem nun dezent versteckten Wassertank stehende „Auk-Mini“ auf den Markt. „Aus nordischem Holz, regional und klimaneutral hergestellt, verpackt und versandt“, betont Dimmen. Binnen einem Jahr gingen 45.000 Einheiten weg. Der Großteil (rund 40 Prozent) in nordische Ländern, aber doch 4000 nach Deutschland. Und 1000 nach Österreich. (Letzteres ist insofern spannend, als Auk den österreichischen Markt nicht losgelöst vom deutschen „beackert“: Normalerweise liegen Österreich-Zahlen dann etwa bei einem Zehntel der deutschen.)
Während andere Hersteller ihre Indoor-Beete über Wifi und diverse Apps als smart-home-steuerbar bewerben, setzen die Norweger auf Simplizität. Auch, weil sich die Frage, ob zur Dosierung von Pflanzenlicht eine einfache, in die Lampe implementierte Zeitschaltuhr und zur Kontrolle des Wasserstandes ein schlichter Schwimmer im Tank nicht genügt, selbst beantwortet: Gießen (alle paar Wochen) übernimmt eine App nämlich ebensowenig, wie das Höherstellen des Lichtes, wenn die Pflanzen wieder gewachsen sind. Und entscheiden, welches Blatt, welche Paradeiser oder welches Schwammerl genau man erntet, wird die App auch nicht – abgesehen davon, dass man dafür dann doch selbst Hingreifen muss. Um dieses Hingreifen geht es aber. Wenn das keinen Spaß macht, wenn die Pflanzen nicht „idiotensicher“ wachsen, dann nutzt der beste Insta-Feed, der sympathischste Markenauftritt (inklusive freundlichen Newslettern, schnellem und kompetentem Helpdesk und einer Homepage mit Verarbeitungstipps) nichts.
Wir haben also – natürlich – den Selbstversuch gemacht. Und mit Bildern dokumentiert: Nach fünf Wochen ernteten wir – als bekennende Anti-Gärtner – das erste Mal. Das Basilikum wächst brav und üppig nach. Die Tomaten wachsen auch – bis da ein paar Früchte kommen, braucht es aber noch ein bisserl. Das ist normal. Und bei den Nachbarn, die von unserem Beet (aber vor allem Pesto) angesteckt wurden, beginnen nach zwei Wochen Rucola, Dille und Pak Choi zu sprießen. Dabei sind auch sie keine Gärtner.
Noch etwas? Ja: Im Betrieb saugt die Auk-Planzenlichtlampe 16 Watt. Ist die Zeitschaltuhr aktiviert, leuchtet sie 16 Stunden täglich (mit kurzer „Dämmerung“) und verbraucht dabei 0,26kWh.
Und natürlich könnte man jetzt diskutieren, ob das Sinn macht. Ob es sich rechnet. Aber diese Diskussion führt nirgendwo hin: Für 229€ kann man sehr viel Basilikum kaufen. Aber wenn man zuschaut, wie es daheim wächst, ist das eben etwas Anderes. Das schmeckt man dann auch. Und das hat Folgen: Der Sohn der Nachbarin fragte sie unlängst im Supermarkt, wo denn „das andere Gemüse“ herkommt. Und wenn diese Saat aufgeht, waren die 229€ eine gute Investition.
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