Florian Schleicher ist seit 15 Jahren Experte im Marketing und fokussiert sich inhaltlich auf das Thema Nachhaltigkeit. Seine Karriere begann, wie er selber sagt, auf der dunklen Seite bei McDonald’s. Von dort ging es für ihn mit Greenpeace und als Head of Marketing bei Too Good To Go steil Richtung grün. Mittlerweile hilft er Unternehmen und Start-ups mit seinem eigenen Marketing-Studio FutureS dabei, sich so aufzustellen, dass sie ihre Ziele erreichen und dabei nachhaltig wachsen.
Bevor wir richtig in die Thematik starten, müssen wir kurz definieren: Was bedeutet Nachhaltigkeit?
Florian: Es gibt keine einheitliche Definition. Das ist eines der Probleme, die wir in diesem Bereich haben. Für die einen ist es nachhaltig, wenn ein Unternehmen überlebt. Für die anderen, wenn der ökologische Fußabdruck minimiert wird. Ich möchte lieber nachhaltiges Marketing definieren als den Begriff der Nachhaltigkeit.
Nachhaltiges Marketing bedeutet, people, planet und profit im Kern der Strategie eines Unternehmens zu haben. Also, dass ich mit meinem Unternehmen Profit erziele, aber gleichzeitig Menschen und Planeten berücksichtige.
Sobald wir über nachhaltiges Marketing sprechen, ist das Greenwashing nicht weit. Wie kann man Green Marketing ohne Greenwashing betreiben?
Florian: Erstens sollte ein Unternehmen die Gesetzeslage kennen, wie die Green Claims Directive, die im Jahr 2026 kommt. Ich muss wissen, in welchem rechtlichen Rahmen ich mich bewegen darf. Zweitens muss ein Unternehmen mutig auf den eigenen Impact schauen und Marketingmanager*innen sollten einen Blick auf und in die eigene Wertschöpfungskette haben. Authentizität ist das Dritte. Unternehmen müssen authentisch Green Marketing betreiben, also kommunizieren was schon nachhaltig ist, aber auch woran sie noch arbeiten. Schwarz-weiß denken funktioniert nicht und ich erlebe immer wieder, dass es für Unternehmen schwierig ist, wenn etwas nicht perfekt ist. Aber wir sind in einer Übergangsphase und brauchen die Grau- bzw. Grünstufen.
Nachhaltiges Marketing bedeutet, people, planet und profit im Kern der Strategie zu haben.
Florian Schleicher
Marketing-ExperteAllerdings nicht. Für ein echtes nachhaltiges Mindset braucht es meistens einen AHA-Moment. Welcher war deiner?
Florian: Ich bin ein paar Monate nach Australien gegangen und da hat es für mich begonnen: Wunderschöne Strände und überall tödliche Quallen, die wegen der Erwärmung überall im Meer waren. Endlose Straßen, nichts außer Land und Natur und überall Plastiksackerl, Dosen, Flaschen…Da habe ich gedacht: Es kann doch nicht sein, dass wir so einen schönen Ort kaputt machen. Da habe ich entschieden: Ich möchte meine Zeit und mein Wissen einsetzen, um den Planeten zumindest so, wie er ist, zu erhalten.
Gerade sind wir an einem Punkt, wo Erhalt und Wachstum nicht miteinander vereinbar zu sein scheinen. Du wirbst für nachhaltiges Wachstum. Was bedeutet das?
Florian: Zunächst müssen mehr Menschen erkennen, dass wir das, was wir haben, erhalten müssen. Wenn es um ein Streben nach Profit geht, brauchen wir eine Welt, in der wir Profit machen können.
Im Detail heißt nachhaltiges Wachstum, dass ich das Überleben und das Wachstum meines Unternehmens, in Einklang mit Ressourcen, Planeten und Menschen, garantieren kann. Im Marketing bedeutet das auch: Welche Medien verwende ich? Welchen CO2-Abdruck haben diese Medien…ob digital oder Print. Es braucht auch hier eine klare Analyse, welchen Impact mein Marketing hat.
Wenn es um ein Streben nach Profit geht, brauchen wir eine Welt, in der wir Profit machen können.
Florian Schleicher
Marketing-ExperteSpannender Punkt, über den wahrscheinlich die wenigsten nachdenken.
Florian: Es gibt beim Marketing einen extremen Informationsmangel. Digital Advertisement ist für 3,5 % der globalen Treibhausgase verantwortlich. Viele dieser Ads werden einfach produziert und ausgespielt und sind nicht mal erfolgreich. Das ist dieselbe Ressourcenverschwendung, wie bei Lebensmitteln: Egal, ob Bio oder nicht, wird etwas produziert, um weggeschmissen zu werden, ist es die reine Verschwendung.
Deshalb konzentriere ich mich auf strategisches Marketing. Es geht darum zu verstehen, wie ich mit dem geringsten Ressourcen- und Materialaufwand den größten Effekt haben kann.
Viele Ads werden einfach produziert und ausgespielt und sind nicht mal erfolgreich. Das ist dieselbe Ressourcenverschwendung wie bei Lebensmitteln.
Florian Schleicher
Marketing-ExperteWas sind deine drei ultimativen Tipps, um erfolgreiches nachhaltiges Marketing zu betreiben?
Florian: Erstens, strategisches Marketing beginnt immer mit einem tiefen Verständnis der Ausgangssituation: Wer bin ich als Unternehmen, als Marke, was ist meine Zielgruppe und welchen Impact habe ich? Zweitens: Ziele setzen. Warum möchte ich Marketing machen und welchen Effekt will ich haben? Drittens: Nach Beantwortung dieser Fragen, Aktionen ableiten.
Oft wird der Fehler gemacht, sich Aktionen zu überlegen, ohne sich vorher die Diagnose gut anzuschauen. Es kann besser sein, einen Flyer zu drucken, statt einen Instagram-Account zu starten. Wenn ich dann noch überlege, auf welchem Papier ich drucke und mich zum Beispiel für Samenpapier entscheide, bin ich am richtigen Weg.
Welche Strategien kann jedes Unternehmen umsetzen, um etwas für den Planeten zu tun?
Florian: Man muss dem Thema Nachhaltigkeit einfach Zeit widmen. Wo wir hinsehen, wächst es auch. Wenn wir nicht auf die Nachhaltigkeit schauen, kann sie nicht wachsen. Bei großen Unternehmen heißt das vor allem die Vernetzung von Abteilungen. Bei kleineren Unternehmen ist es oft eine Ressourcenfrage, aber zum Glück gibt es da Expert*innen, die helfen können.
Einer dieser Experten bist du. Auf welche Green Marketing Kampagne bist du in deiner Karriere besonders stolz?
Florian: Die Oft länger gut-Kampagne bei Too Good To Go. Das war eine Kampagne, die keinen Profit zum Ziel hatte. Es ging darum, Missverständnisse rund um das MHD aufzuklären. Also, dass vor allem Konsument*innen verstehen, dass Lebensmittel nicht giftig sind, nur weil sie abgelaufen sind. Die Kampagne hatte einen wahnsinnigen Impact – sowohl bei Unternehmen als auch bei Konsument*innen, beispielsweise hatten wir über 130 Presseberichte in 2 Wochen. Zusätzlich konnte ich die Glaubwürdigkeit von Too Good To Go stärken.
Was wünschst du dir für die Zukunft des Marketings?
Dass es den Begriff Green Marketing nicht mehr gibt, sondern dass alles Green Marketing ist. Das ist aber nicht realistisch, zumindest derzeit nicht. Realistisch ist, dass es in den Unternehmen Personen gibt, die so einen Breaking Point haben, wie ich in Australien.
Dass es mehr Menschen gibt, die etwas vorantreiben wollen, die es machen und die es richtig machen. Vor allem, damit es mehr Verständnis gibt, wie sich nachhaltiges Marketing umsetzen lässt. Wenn es mehr Leute gibt, die etwas anstoßen, schaffen wir es langsam auf den richtigen Weg zu kommen.
Danke für das Gespräch.
Mehr zu Florian Schleicher und FutureS:
Florians Simple and Sustainable Marketing Academy ist ein Online- Live-Lernformat zum Thema strategisches und nachhaltiges Marketing. Hier teilt Florian sein Wissen, damit Gründer*innen und Marketingmanager*innen verstehen lernen, wie strategisches Green Marketing funktioniert. Es gibt laufend Gruppen, zu denen man sich anmelden kann.
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(c) Michael Innmann
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