Wie geht’s mit dem Klima? Der Climate Walk zeigt lokale Auswirkungen der Klimakrise
03.05.2023 • von Lorraine Wenzel
Seit Mitte April ist der Climate Walk zurück in Wien. Vom Nordkap in Norwegen bis zum westlichsten Punkt Europas sind die Forscher:innen und Freiwilligen gewandert, um herauszufinden, welche regionalen Auswirkungen und lokalen Erfahrungen es mit dem Thema Klimakrise gibt. Jetzt ruht sich der Climate Walk erstmal aus, bevor es dann mit frischer Energie an die Auswertung der Research-Ergebnisse geht. Ich habe diese kurze Pause genutzt, um mit Paul Polivka, einem der Co-Wanderer und Teil des Climate Walks, über das Projekt zu sprechen und zu fragen: Wie geht’s mit dem Klima?
Paul: Der Climate Walk ist ein ganzheitlich inter- und transdisziplinäres Projekt. Das ist in meinen Augen auch das Wichtige und Besondere: Es geht nicht nur um Klimawandelforschung oder die mediale Aufbereitung, sondern das Zusammendenken und Verknüpfen von Forschung, Bildung und Kunst. Gleichzeitig ist die Art und Weise, die Landschaft wahrzunehmen, also durch die Methode des Wanderns, ein guter Weg, um zu erleben, was die Menschen vor Ort erleben und es dann mit dem Projekt in Verbindung zu bringen.
Paul: Beim Climate Walk dient das Wandern nicht dem Selbstzweck. Das Ziel war es, mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen, lokale und regionale Kontexte zu verstehen und zu schauen, was die Leute von dort berichten können. In den Gesprächen ging es darum, zu erfahren, welche Erfahrungen sie mit dem Klimawandel machen oder auch nicht machen, welche Wünsche, Ideen oder Ängste sie haben.
Ein großer Rucksack und Wanderschuhe öffnen dabei Türen: Es ist ein sehr niederschwelliger Zugang und die Menschen können sich leichter mit dir identifizieren.
Abgesehen davon ist es auch für die eigene Erfahrung wertvoll. Wenn man nach Starkregen durch die Weinberge wandert und die Bodenerosion sichtbar wird, macht das etwas mit einem selbst. Die Frage: Was sehe ich in der Landschaft?, wird ganz anders gestellt, wenn man das Thema Klimakrise im Hinterkopf hat.
Bei Climate Walk geht es darum, zu erfahren, welche Erfahrungen die Menschen mit dem Klimawandel machen, welche Wünsche, Ideen oder Ängste sie haben. Ein großer Rucksack und Wanderschuhe öffnen dabei Türen: Es ist ein sehr niederschwelliger Zugang und die Menschen können sich leichter mit dir identifizieren.
Paul Polivka
Co-Wanderer und Teil des Climate WalksPaul: Das Überthema war: Persönliche Erfahrungen, Wahrnehmungen und Perspektiven der Leute zum Thema Klimakrise sichtbar machen, aber auch davon lernen. Wir wollten den Leuten einen Raum aufmachen, in dem sie berichten können, ohne zu diskutieren. Wir wollten neugierig sein und hören, was die Leute bewegt.
Paul: Zum einen, weil es keine große Erkenntnislücke mehr gibt, was die Naturwissenschaft angeht. Jetzt geht es darum, wie man als Gesellschaft in die Umsetzung kommt und das kann auch ein positives Projekt sein. Klimawandel bewegt sich in einem sehr negativ geprägten Diskurs mit einem dystopischen Rahmen, bei dem es oft um Verzicht geht.
Wir begreifen es als Chance, wenn wir die Leute fragen, was ihre Visionen und Utopien sind. Wenn man es schaffen kann, kleine lokale und regionale Wahrnehmungen zu verbinden, kann man daraus einen positiven Spirit ziehen.
Zum anderen ist der Klimawandel kein lineares Phänomen. Er ist lokal unterschiedlich und sehr vielschichtig.
Paul: Wir haben mit einem Bauern in Norwegen gesprochen, der gesagt hat: Ihr wollt wahrscheinlich von den negativen Auswirkungen hören, aber für mich ist es super, dass es wärmer wird, weil sich dadurch die Anbauperiode im Sommer verlängert.
Auf so etwas kommt man nicht, wenn man sich die Durchschnittswerte anschaut. Zwei Grad Erwärmung heißt nicht, dass es überall 2 Grad wärmer wird, sondern in manchen Regionen 4 und in anderen 0,5. Dementsprechend sind die Auswirkungen lokal und regional sehr unterschiedlich.
Paul: Egal ob ganz im Süden oder ganz im Norden: Eine geteilte kollektive Erfahrung ist, dass die Wetterereignisse extremer werden. Egal ob Dürreperioden oder Starkregen. Auch kürzere Winter und weniger Schnee wurden von den Leuten immer wieder genannt.
Das ist etwas, das jetzt schon praktisch erfahren wird, auch wenn die Menschen es oft nicht bewusst mit dem Klimawandel in Verbindung bringen.
Paul: Es gab kein Gespräch, in dem keine Antwort kam oder keine Erfahrung da war, auch, wenn diese Erfahrungen vielleicht nicht aktiv diskutiert wurden. Sicherlich haben unsere Unterhaltungen sensibilisiert und einige dazu gebracht, sich gedanklich damit zu beschäftigen. Das ist das Maximale, was wir erreichen konnten.
Paul: Insgesamt ist es bei dem gesamten Projekt so gewesen, dass man mit drastischen Zuständen konfrontiert ist, was die jetzigen Auswirkungen der Klimakrise angeht. Wenn man sich zusätzlich damit auseinandersetzt, gibt es viele Dinge, die einem Sorgen machen. Aber Klima ist nicht nur naturwissenschaftlich. Es gibt genauso persönliche und gesellschaftliche Klimata – alles hängt sehr eng zusammen.
Das Projekt Climate Walk gibt Hoffnung und einen Spirit, den man daraus ziehen kann. Die Leute haben Lust auf positive Lösungen und genau darin liegt eine große Chance: Positive Visionen zu entwickeln, für die man begeistern kann.
Es ist wertvoll, sich selbst zu fragen, was die eigenen Utopien sind. Ich glaube, jeder Mensch hat welche und denen muss man Raum geben. Man muss neugierig und offen sein. Dann gibt es nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen und genau das wollen wir mit dem Projekt vermitteln.
Danke für das Gespräch.
Mehr Infos:
Instagram: @climate_walk
LinkedIn: Climate Walk
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