Thomas Wenger ist Förster in der nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Seine tiefe Verbindung zum Wald begann in seiner Kindheit und führte ihn auf einen lebenslangen Pfad der Begeisterung und der Wiederherstellung der natürlichen Welt. Wenger betreut den Schlosswald in Jetzendorf, leitet Wildnis-Seminare und ist verantwortlich für die Renovierung eines historischen Schlosses.

Thomas’ Philosophie ist geprägt von Respekt vor der Natur. Er sieht den Wald nicht nur als Ressource, sondern als ein lebendiges Ökosystem, das sorgfältige Beobachtung, Pflege und Verständnis erfordert. Sein Ansatz zur Forstwirtschaft ist durchaus ein wirtschaftlich, aber eben vor allem ein nachhaltig Gedachter; auch wenn er es offen bevorzugt, Bäume einfach stehen zu lassen, anstatt sie für wirtschaftlichen Gewinn zu ernten. Diese Herangehensweise wird durch seine Überzeugung gestärkt, dass jeder Baum und jedes Tier im Wald eine Rolle im ökologischen Gleichgewicht spielen: „Hier in Jetzendorf habe ich die Möglichkeit natürliche Räume wieder so herzurichten, dass sie wieder in Ordnung sind, dass sie wieder so sind wie sie waren. Und dafür bracht es gewisse Voraussetzungen, also Gegebenheiten wie Ort, Boden, Geologie, Klima und auch die Bewohner dazu. Und dafür ist es entscheidend, dass jedes einzelne Individuum miteinbezogen wird. Das Handwerkszeug, das ich nutze, ist das Spiel mit dem Licht, das Schaffen von Möglichkeiten für die Vegetation, Erzeugung von Vitalität und Stabilität der Bäume.

Das sind extensive Eingriffe, um den natürlichen Prozessen Ihre Freiheit in der Entwicklung zu geben. Jeder Eingriff im Wald muss eine dienende Funktion haben. Entweder auf den verbleibenden Bestand zur Herstellung von Mischung, Struktur und Widerstandsfähigkeit oder für die emporkommende natürliche Verjüngung. Das oberste Ziel ist der Umbau von monotonen unnatürlichen (Rein)-Beständen in gemischte naturnahe Wälder. Dazu gehört selbstverständlich eine konsequente Jagd mit dem Zielschaffung angepasster Schalenwildbestände, damit der Jungwuchs eine Chance hat.“ Dazu kommt Thomas Wenger sein ehemaliger Waldprofessor in den Sinn: „Bevor du einen Strich machst, der ein Lebensende für einen Baum bedeutet, mach dir wenigstens Gedanken wie: `Woher kommst du?`, `Wie gehts dir?`, `Wo sind deine Beziehungen?`, `Wer wohnt mit dir?`. Dein Blick wird dadurch ein anderer. Und dann entdeckst du vielleicht die Ameisen, die darin wohnen, den Baum Pilz, die Baumhöhle, wo der Siebenschläfer oder Specht drin wohnen will.“

Jeder Eingriff im Wald muss eine dienende Funktion haben. Entweder auf den verbleibenden Bestand zur Herstellung von Mischung, Struktur und Widerstandsfähigkeit oder für die emporkommende natürliche Verjüngung.

Thomas Wenger

Förster

Für Wenger ist der Wald ein Kraftort, eine Zuflucht, die ihm nicht nur beruflich, sondern auch persönlich viel bedeutet und auch geholfen hat. Schon als Kind schwänzte er den sonntäglichen Kirchgang, ging stattdessen auf Entdeckungsreise nach Orchideen. Oder später, in seiner Jugend, entschied er sich bewusst gegen einen Bankjob und wählte stattdessen den Pfad des Försters, begeistert und getrieben von seiner Liebe zur Natur. Diese Entscheidung führte zu einer Karriere, die nicht nur professionell erfüllend ist, sondern ihm auch ermöglicht, täglich seine Leidenschaft zu leben.

Seine Erfahrungen in Alaska, wo er den natürlichen Zustand der Welt erlebte, die immer weniger werden, verstärkten seine Überzeugung, dass der Schutz der Natur essenziell ist. Diese Reisen haben seine Methoden der Waldbewirtschaftung beeinflusst, wobei er die Bedeutung von langfristigen, natürlichen Zyklen und die Erhaltung der Biodiversität betont, für die es auch die Waldbewohner, den Förster und Waldbesitzer braucht. „Ich bin für 5 Waldbesitzer tätig und alle 5 tragen diese Prinzipien mit. Einen Baum stehen zu lassen, bedeutet auch einen wirtschaftlichen Verzicht. Du könntest ja auch eine Buche ernten und machst daraus 200 Euro, und wenn es nur Brennholz ist. – Oder du entscheidest dich sie einfach stehen zu lassen, weil in der Baumhöhle eben ein Schwarzspecht drin wohnt. (…) Zwischen Waldbesitzer, dem Wald und mir ist eine geniale Dreiecksbeziehung entstanden und die ist auch klar spürbar.“

Wenger arbeitet eben eng mit den Waldbesitzern zusammen, um sicherzustellen, dass seine Vision einer nachhaltigen Forstwirtschaft umgesetzt wird. Diese Kooperationen sind grundlegend für die Erhaltung des Waldes und für die Durchführung von Praktiken, die die ökologische Integrität des Waldes unterstützen. Thomas’ Beziehung zu den Waldbesitzern und sein Ansatz zur Forstwirtschaft haben ihm Anerkennung in Form des Bayerischen Staatspreises eingebracht, eine Bestätigung seiner lebenslangen Bemühungen und seines Engagements für den Wald.

Die Bedrohungen durch die Klimakrise und deren Auswirkungen auf den Wald sind zentrale Themen in Wengers Arbeit. Die zunehmenden Temperaturen und veränderten Niederschlagsmuster stellen neue Herausforderungen dar. Sein Ziel ist es, den Wald an die veränderten Bedingungen anzupassen und gleichzeitig das Bewusstsein für die Wichtigkeit des Waldschutzes zu schärfen.

Einen Baum stehen zu lassen, bedeutet auch einen wirtschaftlichen Verzicht. Du könntest ja auch eine Buche ernten und machst daraus 200 Euro, und wenn es nur Brennholz ist. - Oder du entscheidest dich sie einfach stehen zu lassen, weil in der Baumhöhle eben ein Schwarzspecht drin wohnt.

Thomas Wenger

Förster

Neben den ökologischen Aspekten sieht Thomas auch die gesellschaftliche Komponente in seiner Arbeit. Der Wald bietet vielen Menschen Erholung und eine Verbindung zur Natur, besonders während der Pandemie war dies zu beobachten, als die Wälder zu einem Zufluchtsort wurden. Wenger betont die Wichtigkeit des respektvollen Umgangs mit der Natur und versucht das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass der Wald vielen Lebewesen als Heimat dient: „Erst vor geraumer Zeit hab´ ich ein Gespräch mit einem Hundebesitzer gehabt. Wir sind ins Gespräch gekommen, weil sein Hund weggelaufen war und ich ihm dann gesagt habe, dass es auch andere Tiere hier im Wald gibt, wie Hasen, Füchse, Rehe oder Wildschweine. Und wir sollten auch auf alle Tiere und Lebensgemeinschaften Rücksicht nehmen. Es ist deren Zuhause, Wohnzimmer und Schlafzimmer, wo sie von einem Hund gestresst werden, der gut gefüttert und voller Energie ist, der ihnen die Energie raubt.“

Thomas Wenger ist eben ein Interessensvertreter und Verteidiger des Waldes und ein Beispiel für nachhaltige Forstwirtschaft. Sein Leben und seine Arbeit zeigen, wie tief die Verbindung zwischen Mensch und Natur sein kann und wie diese Beziehung zur Kräftigung beider führe.

Weitere Infos

Thomas Wenger ist Förster, der den Schlosswald in Jetzendorf betreut und Wildnis-Seminare in Deutschland und Österreich leitet. Sein Engagement für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung wurde mit dem Bayerischen Staatspreis ausgezeichnet, ein Zeugnis seines Einsatzes für einen ökologischen Wald.

www.wildniswissen.de

Tipp:

Am 3.Juni 2024, 22:00 – 22:45 Uhr gibt es im BR Fernsehen eine Wiederholung der Folge mit Thomas Wenger – Lebenslinien „Wie der Wald den Förster rettet“.

Alternativ gibt es in der ARD Mediathek die Folge zum Nachsehen