Schon des Öfteren habe ich mich bei der Auswahl an Gemüse und Obst in Helenes Biohofladen, genau genommen in der Kettenbrückengasse 7, oder beim sehr zu empfehlenden Raritäten-Eck (Rechte Wienzeile 123, 1050) gefragt: Was steckt eigentlich genau genommen hinter Demeter? Und was ist der konkrete Unterschied zwischen Bio und Demeter?
Andreas Höritzauer, seines Zeichens Obmann von Demeter Österreich, hat mir in einem ausführlichen Interview Rede und Antwort gestanden.

Konventionelle Landwirtschaft möchte den Boden nutzen, biologische Landwirtschaft möchte den Boden erhalten und Demeter möchte den Boden in seiner Entwicklung unterstützen.

Die Organisation Demeter ist die älteste für biologische Landwirtschaft, hat international gleiche Standards. Zentrale Elemente sind die bio-dynamischen* Präparate. Damit soll die Entwicklung der Erde, der Pflanze, des Tiers, des Bauernhof zu einem Organismus gefördert werden.
Wir sind von den Standards her, im Vergleich zur biologischen Landwirtschaft, nicht überall strenger – vor allem sind wir gesamtheitlicher. Im Vordergrund steht der Entwicklungsprozess. Dies kann man sehr gut bei der Düngung im bio-dynamischen Prozess wahrnehmen. Düngung findet bei Demeter durch „Vernünftigung“ und „Verlebendigung“ des Bodens statt. Die Pflanze wird befähigt dasjenige aus dem Boden zu holen, was sie zum Wachen braucht.

In einem sehr begeisterten Gespräch berichtet der Obmann von Demeter Österreich, dass ein Apfelbauer, der, obwohl er schon lange Zeit biologisch gearbeitet hat, seine eigenen Äpfel nicht vertragen hat. Als er allerdings anfing seine Äpfelbäume bio-dynamisch zu „entwickeln“, zu bearbeiten, hatte der Bauer keine Unverträglichkeiten mehr. Und es gäbe noch weitere Beispiele – v.a. bei Milchprodukten.

Diese Entwicklung bzw. Sensibilisierung geht ebenso über die Grenzen der Verantwortung des Bauern selbst hinaus: „Wir müssen ein Bewusstsein entwickeln, dass alle – die Bauern, Bäuerinnen, VerarbeiterInnen, der Handel, KonsumentInnen, etc., dass wir alle Verantwortung übernehmen. Die solidarische Landwirtschaft wäre ein wichtiger nächster Schritt,“ betont Höritzauer. Die solidarische Landwirtschaft funktioniert so, dass Privatpersonen einen jährlichen finanziellen Beitrag zahlen und erhalten im Gegenzug regelmäßig frische Nahrungsmittel direkt vom Hof. Der Bauer wird dadurch finanziell autonomer. Nördlich von Wien, in Gänserndorf, ist das Ochsenherz ein konkretes Beispiel dafür, das ebenso jeden Samstag beim Naschmarkt ihre Lebensmittel an Mitglieder abgibt. Jenes war die erste solidarische Landwirtschaft Österreichs und versorgt rund 300 Mitglieder wöchentlich mit frischem Gemüse.

Man muss sich ver-rücken, damit man dahinter schauen kann, eine neue Perspektive einnehmen kann, was wirklich der Entwicklung des Organismus dient.

Viele interessante Betriebe gibt es bei Demeter, Reinsaat, z.B. weil sie an der Essenz, dem samenfesten Saatgut arbeitet, den Loidholdhof, der die Landwirtschaft mit dem Sozialen verbindet, Meinklang, die neben Weinbau auch Ackerbau und Viehzucht betreiben, sich um Pädagogik annehmen und dazu eine Waldorfschule gegründet haben.
Die wichtigste Voraussetzung eines Demeter-Bauern sei es“, so Obmann Höritzauer, „dass er verrückt sein muss. – Im wahrsten Sinne des Wortes. Er muss ver-rückt sein. Man muss sich ver-rücken, damit man dahinter schauen kann, eine neue Perspektive einnehmen kann, was wirklich der Entwicklung des Organismus dient.

Es gibt allerdings auch ein anderes verrückt sein, das mehr einer Entfremdung der Menschheit entspricht: „Die Beziehung zum Boden, der Landwirtschaft selbst, ist für so viele Menschen weit weg. Eine Bäuerin hat erzählt, dass sie Besuch von einer Schulklasse der 3. Unterstufe bekommen hat und ein Mädchen gefragt habe, wo denn die Eier der Schweine seien bzw. wo das Küken bei der Henne denn trinke. – Es wird Zeit, dass wir wieder mehr die Erde, die Pflanzen, Tiere berühren und berührt werden.“ Begreifen und ergriffen werden.

Auf die Frage, ob Demeter die nächsten Jahre wachsen soll, antwortet Andreas Höritzauer so: „Wenn der Baum wächst, müssen auch die Wurzeln tiefer werden. – Demeter soll sich ebenso wie eine Pflanze selbst, organisch wachsen können, damit die Demeter- Standards weiterhin erfüllt und weiterentwickelt werden können.“ Des Weiteren ergänzt er: „Und klar ist es mir als Obmann auch wichtig, dass noch mehr KonsumentInnen Demeter in Zukunft kennen, aber immer noch am wichtigsten ist, dass der Baum gut steht, gut verwurzelt ist.

Es gibt ja den bekannten Spruch „Du bist, was du isst.“ Mystiker würden widersprechen, ist der Mensch in Essenz ja die Formlosigkeit, das „Ich bin“ und nicht das Schweinsschnitzerl, das er gerade verzehrt. Nichtsdestotrotz ist der Konsum von Lebensmittel bzw. Nahrungsmittel ein schwer messbarer, begrenzter Parameter, inwiefern der Mensch mit und für Natur lebt bzw. selbst ein Ausdruck dessen ist. Kurz gesagt: ein Teil-Parameter für das „WIE“, wie naturverbunden er ist.
Dass die konventionelle Landwirtschaft primär profitorientiert ausgerichtet ist, die biologische Landwirtschaft Natur in ihrem Ursprung versucht zu erhalten, Demeter Bauern Natur selbst versuchen in der Entwicklung zu unterstützen, spricht im Anbetracht der Klimakrise für einen Einkauf eines Demeter Apfels. Dass jenes kein konventionelles Spritzmittel, schlechtes Gewissen, damit einhergehend besser schmeckt bzw. ebenso besser verträglich ist … sei einem bei Demeter garantiert.

*Die biodynamische Wirtschaftsweise ist eine Kreislaufwirtschaft: Die Landwirtin/Der Landwirt hält so viele Tiere wie sie/er mit ihrem/seinem Land ernähren kann. So wird der Hof zu einem einzigartigen Organismus, in dem jedes Organ das andere nährend unterstützt: Mensch, Pflanze, Tier und Boden wirken zusammen.

Demeter

Der Name „Demeter“ kommt von der griechischen Göttin, die für die Fruchtbarkeit der Erde, des Getreides, der Saat und der Jahreszeiten zuständig war.
Der Wissenschaftler Rudolf Steiner ist nicht nur Gründer der Waldorfschule, sondern ebenso von Demeter.

Andreas Höritzauer ist seit über einem Jahrzehnt Obmann von Demeter Österreich und selbst Demeter Bauer am Wegwartehof in Göpfritz an der Wild, im Bezirk Zwettl.