Mira Nograsek, bekannt als Bloggerin auf ihrem Blog roedluvan.at, beschäftigt sich seit über sieben Jahren mit dem Thema Nachhaltigkeit im Alltag und auf Reisen. Im letzten Jahr ist ihr erstes Buch Lieblingsplätze Wien nachhaltig erschienen, in dem sie uns mit auf die Reise durch ein grünes Wien nimmt. Ich habe mit der 32- jährigen darüber gesprochen, wie man Wien umweltbewusst erlebt und was sie erstmaligen Wien-Besucher*innen und alten Wien-Hasen empfiehlt, um die Stadt ressourcenschonend zu entdecken.

Mira, wie ist es zu deinem Buch Lieblingsplätze Wien nachhaltig gekommen?

Die Buchidee kam tatsächlich nicht von mir, sondern vom Verlag selbst. Ich habe durch eine Blogger-Kollegin davon erfahren. Nachhaltig unterwegs sein ist mein Lieblingsbereich und auch das Thema, das ich auf meinem Blog zukünftig noch mehr fokussieren werde. Ich wusste sofort, ich möchte das Buch schreiben und habe mich beworben.

Nachhaltigkeit hat viele Facetten und einen großen Interpretationsspielraum. Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich?

Jetzt so zu agieren, sich zu verhalten und zu handeln, dass die nächsten Generationen auch ein tolles Leben führen können, wie wir heute. Dazu gehört ebenso, sich achtsam und bewusst mit dem Thema Klimaschutz auseinanderzusetzen und ressourcenschonend zu leben.

Funktioniert das für dich in allen Bereichen?

Ich versuche in allen Aspekten Nachhaltigkeit zu leben. Dabei lebe ich aber keinen zu 100 % nachhaltig.
Ich bin super konsequent, wenn es um Naturkosmetik geht. Trotzdem ist die zum Teil in Plastik verpackt. Ich bezeichne mich als Veganerin und lege da sehr viel Wert drauf, das kann aber trotzdem heißen, dass ich mal ein Ei esse oder dass die Pizza mit Mozzarella kommt, wenn es keine Alternative gibt.

Für das Reisen wiederum heißt es, dass ich versuche, mich so ressourcenschonend wie möglich zu verhalten, also langsam zu reisen und den Zug zu nutzen, wann immer möglich. Das heißt aber auch, dass ich vielleicht einmal pro Jahr ins Flugzeug steige.

Das hört sich an, als hättest du den Druck und die vermeintliche Perfektion herausgenommen?

Ich habe gelernt, nicht zu streng mit mir zu sein und, dass es okay ist, nicht perfekt nachhaltig zu leben. Wichtig ist, dass dich das Bewusstsein immer begleitet und dir klar ist, du machst es für die Umwelt, den Klimaschutz oder aus ethischen Gründen. Nachhaltigkeit heißt aber nicht, dass du darunter leiden musst. Allerdings habe ich erst mit der Zeit gelernt, Kompromisse zu finden.

Was bedeutet das für dein Buch? Was waren die Auswahlkriterien, um es in Lieblingsplätze Wien nachhaltig zu schaffen?

Bei der Auswahl ging es ebenso nicht um Perfektion, sondern vielmehr um unterschiedliche Aspekte der Nachhaltigkeit und vor allem darum, ganz Wien abzudecken und nicht nur den 1. bis 7. Bezirk. Mir war es wichtig, Menschen, die Wien nachhaltig entdecken wollen, eine Vielfalt zu bieten und die Entwicklung zu zeigen.

Das heißt, es sind auch Restaurants enthalten, die zu einem Großteil auf Bio-Produkte zurückgreifen, aber vielleicht nicht Bio-zertifiziert sind oder Unverpacktläden, die auch auf konventionelle Produkte anbieten. Gleichzeitig war es mir wichtig, Ausflugsziele zu integrieren. Es soll ja nicht nur ums Shoppen und Essen gehen. Die Lobau oder der Lainzer Tiergarten gehören zu Schutzgebieten. Hier geht es also um den Naturschutzaspekt.

Donauinsel, Fotocredit: Mira Nograsek

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Was empfiehlst du Menschen, die zum ersten Mal nach Wien kommen und die Stadt nachhaltig erleben wollen?

Vor allem: Sich Zeit zu nehmen, vorab eine gute Recherche zu machen oder eben mein Buch zur Hand zu nehmen und Öffis und Räder zu nutzen oder zu Fuß zu gehen. Man sollte auch unbedingt regionale Köstlichkeiten ausprobieren und nicht einfach in ein Wirtshaus gehen und ein Schnitzel bestellen. Das ist doch langweilig!
In den Unverpacktläden gibt es zum Beispiel tolle, regionale Brote oder Mehlspeisen.

Ganz wichtig finde ich auch, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Die Plätze sind besonders spannend, wegen der Menschen und ihrer Visionen, die dahinter stehen. Es ist ja nicht die Stadt Wien, die diese Plätze schafft, sondern die Bewohner*innen, die den extra Schritt gehen. Wenn man die Menschen kennenlernt, lernt man Wien auch nochmal ganz anders kennen!

Und was empfiehlst du alten Wien-Hasen?

In Wien ist es so ein Ding, dass man immer im eigenen Grätzl bleibt. Ich möchte dazu einladen, mal in die anderen Bezirke zu schauen. Für mich waren so viele Plätze dabei, an denen ich wirklich noch nie war. Vor allem den 22. und 23. Bezirk fand ich spannend, wobei beide sehr gegensätzlich sind. Es ist eine wirklich schöne Erfahrung, mal ein bisschen rauszuschauen und ein anderes Café oder Restaurant auszuprobieren.

Welcher Ort hat dich bei deiner Recherche besonders überrascht?

Da gibt es zwei. Der erste ist die Schneckenmanufaktur Gugumuck. Die ist mir ganz zufällig untergekommen und wirklich am Ende von Wien. Man fährt mit der U-Bahn in den 10. Bezirk und nimmt dann den Bus bis an die Grenze zu Niederösterreich. Man ist also irgendwo im Nirgendwo, aber es lohnt sich total! Es ist super nett dort und eine ganz eigene kleine Welt. Der Zukunftshof ist übrigens auch gleich dabei und so und so einen Ausflug wert.
Beim Gugumuck selbst gibt es auch immer mal wieder etwas für Vegetarier*innen und die Getränke sollen auch sehr gut sein.

Die Zero-Waste Cocktailbar Moby Dick, Fotocredit: Mira Nograsek

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Der zweite Ort ist das Moby Dick, eine Zero Waste Cocktailbar mitten im 7. Bezirk. Die hat mich total überrascht, gerade weil sie ein Feld abdeckt, in dem Nachhaltigkeit wenig existent ist. In der Bar stecken sehr viele coole Ideen: Beim Umbau wurde auf Ressourcenschonung geachtet, jedes Getränk gibt es aus dem Zapfhahn, um Glasmüll zu sparen oder aus Mohn, der nur zum Teil für die Cocktails verwendet wird, werden Mohnchips gemacht. Andere Bars verzichten vielleicht gerade mal auf Strohhalme, aber das Moby Dick ist ein next level Lokal!

…und welche sind deine ganz persönlichen Top 4 der nachhaltigen Wiener Lieblingsplätze?

Das sind eher Wiener-Dauerbrenner. Dazu gehören vor allem die Donauinsel, im Sommer zum Schwimmen, Eis bei Veganista und das Tian Restaurant, auch wenn es recht teuer ist, zahlt sich das wirklich aus. Und natürlich meine Grätzlgreißlerei: die Warenhandlung Wenighofer und Wanits.

Nachhaltiges Eis gibt es bei Veganista, Fotocredit: Mira Nograsek

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Letzte Frage: Du bist nachhaltige Wien-Expertin, aber wie erlebst du andere Städte nachhaltig?

Der erste Punkt ist immer Mobilität: Wie komme ich hin und wie bewege ich mich vor Ort?

Der zweite, wie viel Gepäck nehme ich mit? Das habe ich noch vom Fliegen drin. Denn desto weniger Gepäck, desto weniger Kerosin braucht das Flugzeug.

Die Unterkunft ist natürlich auch super wichtig. In einem großen Hotel hat man überhaupt keinen Einfluss darauf, wie mit Ressourcen umgegangen wird. Das heißt ich schaue nach Bio-Hotels oder B&Bs, die zum Beispiel veganes Frühstück anbieten oder nutze private Unterkünfte.

Und als letzter Tipp: Auf der App Happy Cow mache ich vegane Restaurants vor Ort ausfindig.

Danke für die Tipps und das Gespräch!

Lieblingsplätze Wien nachhaltig ist im Juni 2021 beim gmeiner Verlag erschienen und in allen gängigen Buchhandlungen zu bekommen.